Ausgezeichnet mit dem Kinderbuch-Couch-Star*. Wem es zu Hause zu eng wird, den zieht es in die große weite Welt hinaus. „Minus reist um die Welt" beschreibt den ungewöhnlichen Weg eines aufgeweckten Blondschopfes, der durch ein Land mit fremden Eindrücken und jeder Menge Zahlen wandert.
Minus verabschiedet sich also fröhlich von seiner Mutter und danach von seinem alten Freund Enok, der ihm viel Spaß wünscht und ihm, neben guten Ratschlägen, auch einen seiner Schuhe mitgibt, da er diesen ja doppelt hat. Auf seiner Reise erlebt der Junge Außergewöhnliches: Er trifft eine alte Frau die alles zweimal besitzt, drei weise Männer die ihm drei Wünsche erfüllen, einen nervösen Vierköpfler, fünf fröhliche Herren, die den 50zigen Geburtstag eines Freundes feiern, eine Hexe, die aus sechs Zutaten einen Zaubertrank braut, ein süßes Mädchen, das sieben verschiedene Blumenarten pflückt, eine Versammlung von acht Tieren, die ein Fernsehquiz nachstellen, einen zu klein geratenen Grafen, der von neun Gänsen in einer Blechwanne transportiert wird und einen Riesen, der Minus um das zehnfache überragt und dabei aber zehnmal dümmer ist als er.
Keiner kann ihm genau sagen wo es in die weite Welt geht. Bei jeder dieser Begegnungen erhält er jedoch einen Gegenstand geschenkt, den er auf seine Reise mitnimmt. Diese Gegenstände helfen ihm schließlich, den kleinsten Fischer der Welt, die kleinste Näherin der Welt und den kleinsten Entdeckungsreisenden der Welt aus großer Not zu befreien. Zum Dank erhält er Hinweise darauf, in welcher Richtung sich die große Welt befindet. Aber der Weg endet an einer Landstrasse, die direkt zurück in sein Heimatdorf führt. Er beschließt zunächst einmal etwas zu essen, um sich dann später vielleicht erneut auf die Suche zu begeben.
Wäre dies das Erstlingswerk von Nordqvist gewesen, ich wäre sicher unmittelbar beeindruckt gewesen, von den unendlich fantasievollen Illustrationen. Als Nordqvist- „Kenner" ganz besonders kritisch, fielen mir sofort Elemente anderer Bücher, wie „Peterson und Findus" oder das wunderbare „Wo ist meine Schwester?" ins Auge. Glücklicherweise unterscheidet sich dieses großartige Bilderbuch trotzdem wesentlich von seinen Vorgängern. Sind bei Nordqvist üblicherweise eher die Illustrationen der Schwerpunkt - seine Texte sind sind zwar fantasievoll und teilweise fast poetisch, würden aber ohne seine besondere Art zu illustrieren nicht funktionieren - so ist „Minus reist um die Welt" eines der wenigen Nordqviste, die ohne Text nur halb so gut wären. Damit ist dieses fantasievolle Buch nicht nur optisch, sondern auch inhaltlich gelungen.
Nordqvist nimmt sich diesmal der Zahlen eins bis zehn an und zeigt, Bezug nehmend auf die jeweilige Zahl, viele Gegenstände in der gleichen Anzahl. Während also Minus das singende Mädchen trifft, schippern sieben Segelboote im Hintergrund auf dem Fluss, vorbei an sieben überdimensionale Löwenzahnblättern, während sieben leicht-dümmlich dreinschauende Kühe die beiden beobachten. Oder die Hexe, die umringt von sechs schwarzen Raben und beobachtet von sechs geheimnisvollen schwarzen Miniatur-Spionen ein Zauberelexier bestehend aus sechs Zutaten braut.
Nordqvist -typisch, wurden auch viele skurrile Dinge eingebaut und Details, die vor allem Erwachsenen Spaß machen. Z.B. trägt der Riese, der um seine zehn mageren Härchen so besorgt ist und vor einer Wiese steht, auf der zehn stille Örtchen platziert wurden, ein Hemd, das ein X-Muster hat. Ein Detail dass Kleine sicher nicht verstehen, das von den Großen aber erkannt und geschätzt wird. Altersgerecht wurden sogar kleine Rechenaufgaben in der Tier-Quizshow rund um die Acht versteckt. Das Zählen und entdecken all der Gegenstände macht nicht nur Spaß sondern ist auch unglaublich lehrreich und besonders spannend für Kinder, die gerade beginnen sich mit Zahlen und Zählen zu beschäftigen.
Um alle Zählbilder herum formuliert Nordqvist jeweils eine ungewöhnliche Kurzgeschichte mit Fabelcharakter. Diese scheinbar der Fantasie des Jungen entsprungenen Geschichten, ergeben aneinandergereiht, die Reise des neugierigen Minus auf der Suche nach der großen Welt. Märchengleich wird der Leser durch unwirkliche Gegenden geschleust und mit fabelartigen Wesen bekannt gemacht. Trotz all der aufregenden Erlebnisse wird Minus indirekt der Weg in die Heimat, die unmittelbar um die Ecke liegt, gewiesen. Und er ist nicht enttäuscht. Im Gegenteil. Gut aufgehoben in seinem Zimmer beschließt er es irgendwann vielleicht noch einmal zu versuchen. Ein sehr versöhnliches Ende, das zeigt, dass obwohl die große Weite Welt mit all ihren aufregenden Angeboten lockt, es Zuhause doch besonders schön sein kann.
Fazit:
Ein großartiges Buch für alle Kinder, die gerade beginnen sich mit Zahlen und dem Zählen zu beschäftigen. Eine interessante Fantasiereise, die weit mehr als eine Nordqvist -typische Wimmelbuchgeschichte ist. Mit seinen originellen Illustrationen, randvoll mit witzigen und teils skurrilen Details, ist ihm die Aufmerksamkeit seiner jungen Leser wieder einmal gewiss.
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