Henry und die Sache mit dem Bären

Da hat sich Henry aber in einen schönen Schlamassel geritten. Und das eigentlich nur, weil er unbedingt in die Fußballmannschaft der „Heroes" aufgenommen werden wollte. Jetzt aber hat er sich, im wahrsten Sinne des Wortes, einen Bären aufgebunden. Und das kam so...

Henry ist erst vor kurzem mit seiner Familie aus Frankfurt in ein kleines Dorf gezogen und geht dort in die dritte Klasse der Grundschule. Er vermisst es Fußball zu spielen und möchte daher unbedingt bei den Heroes mitspielen. Benannt ist die Mannschaft nach Hero, dem Mannschaftskapitän. Doch Henry scheint nur Luft für den „heroischen" Kapitän zu sein. Da gibt es zwar auch noch eine andere Fußballmannschaft, die Henry aber schon selber wenig schmeichelhaft „Die Kuhfladen" nennt, da sie nur auf dem Acker bei Bauer Wolter rumbolzen. Für Henry keine wirkliche Alternative und so will er sich eines Tages ein wenig „herausputzen" um seine Mitschüler beeindrucken. Als es in der Schule um das Thema Haustiere geht, geht es mit ihm durch. Denn während alle anderen Kinder von ihren Hunden, Katzen, Heuschrecken oder Ratten berichten, sagt Henry kurzerhand: „Ich habe einen echten Bären, ziemlich groß, und der kommt aus Kanada."

Nach anfänglichem Gelächter seiner Schulkameraden und der weiteren Nachfrage der Lehrerin bestätigt Henry aber unbeirrt seine Aussage und schmückt sie sogar noch mit weiteren Details aus. Ausgerechnet Hero möchte den Bären dann sehen und so steht Henry vor der beinahe unlösbaren Aufgabe, einen echten Bären zu präsentieren.

Henrys Versuche, nun irgendwie einen echten Bären aufzutreiben oder den anderen zumindest glaubhaft zu machen, dass wirklich ein Bär in ihrem Haushalt leben könnte, sind von Angelika Glitz amüsant inszeniert. Mitleid, Hoffnung und Zuversicht mischen sich so beim Leser, während sie darüber staunen, wie Henry versucht, seine Situation zu meistern. Dabei plagt ihn schon ein wenig das schlechte Gewissen und er weiß sehr wohl, dass man nicht lügen darf. „Aber wenn man es dennoch tut, dann bitte richtig.", das hat zumindest Henrys Oma gesagt.

Henry ist derart auf seine Bemühungen fokussiert, endlich irgendwie bei den Heros zu landen, dass er dabei gar nicht bemerkt, dass er die ganze Zeit über mit dem Schulkameraden Hubbi einen echten Freund an seiner Seite hat. Doch der spielt bei den „Kuhfladen" und ist für Henry leider nur die zweite Wahl.

Natürlich ist das hier zugrunde liegende Freundschaftsthema durchaus im kindlichen Alltag verankert. Die Bewertung oder Beurteilung von Verhalten und das persönliche Werteempfinden basieren eben auch auf Erfahrungen. Angelika Glitz lässt aber stets dem Spaß die Oberhand und vertieft die emotionale Komponente nicht unnötig. Die vielen farbigen Bilder von Annette Swoboda lockern die gut 100-seitige Erzählung zusätzlich auf.

Fazit:

Freundschaft geht manchmal seltsame Wege. Auch Henry lernt erst auf Umwegen, was richtige Freundschaft ist und wie man sie bewahrt. Angelika Glitz erzählt eine humorvolle und bärenstarke Geschichte von einem sympathischen Fussballfan, dem die Leser schmunzelnd durch Freud und Leid folgen.

Stefanie Eckmann-Schmechta