Jan und Josh oder wie man Regenwürmer zähmt
- Gerstenberg
- Erschienen: November 2008
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[ab 9 Jahren]
Jan ist klein und wendig, Josh ist groß und schwerfällig. Beide Jungen sind seit Kindergartentagen enge Freunde. Am liebsten treffen sie sich am Bach, um Schätze zu heben. Als Josh eines Tages ein Messer vom Bach mitbringt, ahnt er nicht, welche Folgen dieser Fund nach sich ziehen wird.
Jan Lindemann lebt mit seinen Eltern und seinen älteren Schwestern Amelie und Paulina in einem kleinen Häuschen mit Garten. Er ist das Sorgenkind der Familie, denn von klein an hat er Probleme mit dem Herzen und der Atmung. Wieder steht eine ernste Operation an und Jans Mutter ist bereits in heller Aufregung. Jan soll sich schonen und vor allem sich nicht anstecken. Der Junge liebt die Natur, er interessiert sich für Skelette, notiert seine Beobachtungen in ein kleines Heft und will später auch mal ein Buch schreiben und Forscher werden. Wenn Jan von draußen kommt, dann fragt seine Mutter: Hast du wieder Regenwürmer gezähmt? Aber draußen sein bedeutet auch, sich mit den Störenfrieden Aki und Phil auseinanderzusetzen. Sie ärgern die schwachen Kinder, prügeln und zerstören ihr Eigentum. Jan will aber nicht die Hilfe der Eltern, er will sich allein durchsetzen. Mit Josh zusammen fühlt er sich schon stärker. Josh stottert, ist viel zu dick für seine Größe und ein bisschen lahm. Aber er ist ein guter Freund und interessiert sich sehr für alles, was so am Bach zu entdecken ist. Josh lebt in der Hochhaussiedlung allein mit seiner Mutter. Als sich Josh und Jan wieder treffen, sind auch Aki und Phil zur Stelle. Sie verursachen einen Streit. Jan fällt in den Bach und sein Fahrrad wird demoliert. Der anfällige Junge holt sich eine Grippe, was in seinem Zustand sehr gefährlich ist.
Josh zeigt Jan das Messer, das er am Bach gefunden hat und beschließt, dass der Fund ihnen beiden gehört. Als Jan wieder in die Schule geht, erzählt er Lara-Sofie von seiner Katze Fanni, die fünf Junge geboren hat. Lara-Sofie ist neugierig und möchte die Katzenbabys sehen. Josh kommt dazu und ist eifersüchtig. Jan bemerkt auch, dass Josh unbändig wütend werden kann, wenn er angegriffen wird. Das macht ihm Sorgen. Ein bisschen fürchtet sich Jan auch vor der Rattenfrau, einer verwirrten Alten, die manchmal aggressiv auf die Kinder losgeht.
Josh fehlt in der Schule und Jan sucht ihn. Joshs Mutter, die auch mal nach Bier stinkt, ist fort. Josh behauptet, sie ist auf geheimer Mission, aber beide Jungen wissen, dass sie sich einen Mann sucht, der dann auch bei Josh Zuhause einzieht, aber nicht lang bleibt. Aki und Phil sind wieder unterwegs und greifen sich Jan. Sie provozieren ihn, nehmen ihm das Messer ab und werfen ihn in den Müllcontainer. Ein paar Punker schauen zu. Jan kann sich befreien und erzählt Josh und den Eltern, was ihm passiert ist. Josh ist so wütend auf Aki und Phil, dass Jan schon wieder bereut, dass er ihm überhaupt etwas gesagt hat. Dann geschieht etwas Schreckliches. Jan sieht Josh blutverschmiert und mit dem Messer in der Hand. Die Rattenfrau ist verletzt und musste ins Krankenhaus gefahren werden. Josh behauptet, dass er nichts mit dem Geschehenen zu tun habe, Aki und Phil hatten ja das Messer, würden jetzt aber alles auf Josh schieben. Der Junge haut ab. Jan kann ihm nicht helfen, denn er muss zu seinem OP-Termin. Endlich erzählt Jan alles seinen Eltern, doch Jans Vater kann Josh nicht finden. Jan sorgt sich, was für sein Herz nicht gut ist. Die Rattenfrau hat innere Verletzungen. Sie heißt Karla Brot und hat ein schweres Schicksal. Ihr Kind kam bei einem Unfall ums Leben.
Jans 10-stündige OP ist gut verlaufen. Die Familie kümmert sich um ihn, aber er denkt immer nur an Josh. Joshs Mutter ist wieder aufgetaucht und schwört nun, dass sie Josh nicht mehr allein lässt. Die Polizei hatte den Jungen gesucht. Josh war eben Josh, der auch im Wald ein paar Tage ausharren konnte. Aki und Phil hatten Karla Brot bedroht und dabei ist sie ihnen ins Messer gelaufen - ein Unfall. Jan und Josh müssen nun den Störenfrieden nichts mehr heimzahlen, denn die machen einen großen Bogen um die Freunde.
Die Aachener Autorin Sigrid Zeevaert, Jahrgang 1960, widmet sich in ihren Kinderbüchern oftmals realistischen Themen: Mobbing, Gewalt, dem Schulalltag oder Freundschaftsgeschichten wie in ";Jan und Josh". Im Vordergrund der Handlung steht Jan. Der eher zarte Junge ist ein umsichtiges, loyales Kind, er hilft Lara-Sofie bei den Matheaufgaben, setzt sich so gut er kann gegen seine Schwestern durch, hat einst eine zerbissene Katze gerettet und ist ein wunderbarer Freund für den nach außen hin nicht gerade attraktiv wirkenden Josh. Die Autorin erzählt konsequent aus der Sicht von Jan, der trotz seiner gesundheitlichen Probleme die Fäden in der Hand hält. ";Jans Herz schlug schnell, als er die Straße hochlief." lautet der erste Satz. Immer ist seine Tasche zu schwer und die Mutter packt aus Sorge um seine Gesundheit alles aus, was nicht notwendig ist. Jan wird umsorgt, aber das hat auch seinen Grund, denn der Junge hat eine künstliche Herzklappe. Von Josh erfährt der Leser nur, dass seine Mutter offensichtlich ein Alkoholproblem hat, des öfteren Nachts nicht zu Hause ist und Josh sich mit Süßem vollstopft. Der behäbige Junge kann seine Empfindungen nicht so gut steuern wie der vorsichtige Jan. Die Wut des einsamen Josh entlädt sich hemmungslos und unberechenbar. Josh ist eben Josh heißt es dann und so wird er akzeptiert. Jan und Josh fühlen sich eng verbunden, fast wie Brüder. Sie treffen sich am Bach, das ist ihr Abenteuerspielplatz. Doch die Straße ist auch ein gefährliches Pflaster, denn zwei bösartige Jungen demütigen sie, einfach so aus Langeweile. Jans wichtige Operation rückt immer näher, aber die Sorgen um Josh lenken ihn ab. Jans Eltern haben keinen Blick für die Nöte der Kinder. Für sie steht Jan im Vordergrund. Die Kinder wollen sich selbst helfen und stoßen an ihre Grenzen.
Auf dem aktuellen Buchmarkt fehlen die guten Erzähltexte für Kinder, wurde anlässlich der Auswahl zum Deutschen Jugendliteraturpreis 2008 festgestellt. Auch wenn Sigrid Zeevaert in ";Jan und Josh" eine gut lesbare, einfühlsame, linear erzählte Alltagsgeschichte immer nah am Wissen und Verstehen der Lesenden geschrieben hat, ist sie doch in die Klischeefalle getappt. Derjenige der stottert und beim Sport immer als letzter in eine Mannschaft geholt wird, ist der dicke und nicht besonders clevere Josh, der sich prügelt, wenn er reden sollte. Jan ist der positive Held ohne Ecken und Kanten, der alle Defizite des Freundes registriert und doch zu ihm hält. Das Kind mit den existentiellen Problemen wohnt in der anonymen Hochhaussiedlung, der behütete Junge im Eigenheim. Am Ende verharmlost die Autorin das Geschehene, Joshs Mutter erhält Hilfe, Aki und Phil gestehen reuevoll, dass es nur ein Unfall war und Jans Herz-OP ist erfolgreich verlaufen. Hier hätte sie dem Leser mehr zutrauen können. Jan und Josh sind in ihrer Charakterzeichnung zu eindimensional, es fehlen auch in einer noch so gut laufenden Freundschaft die Reibungspunkte. Vieles bleibt an der Oberfläche oder wird von der Krankengeschichte, die nicht den zentralen Konflikt darstellt, überlagert.
Fazit:
Sigrid Zeevaert hat eine gut lesbare Freundschaftsgeschichte mit lebensnahen Dialogen geschrieben. Doch die Handlung überzeugt nicht durchgehend. Die Wirklichkeit verschwindet leider hinter dem zu gut gemeinten Happy End.
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