Die Zauberschule
- Thienemann
- Erschienen: November 2008
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Es gibt kaum einen deutschen Haushalt, in dem kein Werk von Michael Ende zu finden ist. Meist wird er jedoch ausschließlich mit seinen bekanntesten Büchern, wie z.B. ";Jim Knopf" oder ";Die Unendliche Geschichte" in Verbindung gebracht. Dabei sind seine weniger bekannten Werke ebenso lesenswert.
Michael Endes Werke wurden in über 45 Sprachen übersetzt und haben eine Gesamtauflage von 20 Millionen erreicht. Michael Ende hat unzählige Preise erhalten und ist beinahe jedem ein Begriff. Bei dem vorliegenden Sammelband vom Thienemann Verlag gilt es also weniger die Qualität der Geschichten, und damit das Können des Erzählkünstlers Ende zu bewerten, sondern vielmehr zu püfen, ob die Zusammenstellung der sehr verschiedenartigen Texte für Kinder ab 10 Jahren gelungen ist.
Bei der Auswahl der Geschichten wurden bewusst die bekannten Bestseller ausgelassen. Mal abgesehen davon, dass diese vom Umfang her den Rahmen gesprengt hätten, ist es auch viel interessanter Endes weniger bekannte Werke zu entdecken, die er in Form von Märchen, Fabeln und Gedichten für Kinder aufgeschrieben hat. Einige kürzere Tierfabeln, wie z.B. ";Norbert Nackendick" (der zornige Dickhäuter indem ein ganz verletzliches Tier steckt) oder ";Tranquilla Trampeltreu" (die fröhliche Schildkröte, die immer zu spät kommt, aber dadurch unglaublich Schönes erlebt und schließlich mit Hartnäckigkeit ans Ziel kommt) sind bereits für kleinere Kinder (ab 4) geeignet. Es lohnt sich also bereits im Vorlesalter Ende zu entdecken.
Eins haben seine Erzählungen alle gemeinsam: Endes Charaktere suchen immer nach ihrer Stellung in der sie umgebenden Gesellschaft und gehen sämtlich gestärkt aus brenzligen Situationen hervor. Er befürwortet die Lust am Leben und das Streben nach innerer Zufriedenheit. Diese Einstellung überträgt er auch auf die Erzählungen für Kinder.
Insbesondere dann, wenn Eltern nerven oder man einfach mal schlecht drauf ist, macht es Spaß sich mit einem Buch zurückzuziehen und dann in andere Welten abzutauchen. Das ist Ende nicht nur bei ";Momo" oder in ";Die unendliche Geschichte" gelungen sondern auch in seinen kürzeren Erzählungen. In ";Die Zauberschule im Wünschelreich", mit der die Sammlung beginnt, ist z.B. alles möglich, wenn man es sich nur stark genug wünscht. Eine herrliche Vorstellung! Viele werden sich auch gut in Lenchen aus ";Lenchens Geheimnis" einfühlen können, die unter der Bevormundung der Eltern leidet und sich erst großartig fühlt, als ihre Eltern geschrumpft sind und sich nicht mehr einmischen können.
Häufig erfahren die Geschichten dann eine Wendung vom Fantastischen ins Reale, wobei der Erzählstrang für Kinder grundsätzlich logisch ist. Der kindliche Wunschtraum alles bestimmen zu können, wird Lenchen zum Verhängnis, da nun keiner mehr da ist, der tröstet, kocht oder gute Ratschläge geben kann; die Vorzüge von Eltern werden an dieser Stelle sehr deutlich. In einer Welt, in der man sich alles Wünschen kann, bekommen die normalen Werte wieder eine große Bedeutung.
So holen die abwechselungsreichen Erzählungen Kinder in ihrer eigenen Welt ab und starten dann den Versuch, erzieherisch zu prägen, was jedoch ganz spielerisch transportiert wird.
Auch das Genre Gedicht wird mit dem herrlichen ";Lirum Larum Willi Warum" ganz locker in die Sammlung integriert. Da Willi stetig fragt, bekommt er eine lustige Unsinnsgeschichte erzählt, die ganz charmant vermittelt, dass die ewige Fragerei auch nervig sein kann. Die Formulierungen erinnern ein wenig an Büttenreden aus dem Karneval und sind so humorvoll, was die Berührungsangst von Kindern, mit Gedichten überfordert oder gelangweilt zu sein, beseitigt.
Ende wollte eine breite Masse ansprechen und für diese ist die Sammlung auch bestens geeignet. Die Zielgruppe für seine Erzählungen kann man aber nicht an Alter oder Geschlecht festmachen. Denn auch Erwachsene haben großen Spaß an seinen Geschichten.
Die Illustratorin Regine Kehn, die bereits mehrere seiner Kinderbücher illustriert hat, gibt dem Ganzen noch zusätzlich einen frischen Anstrich. Ihr unverwechselbarer Stil zeigt mit nur einem Bild deutlich den Kern der Geschichte. Dabei schafft sie es häufig, auch den übertragenen Sinn darzustellen.
Endes Hauptwerke zu lesen ist schon sehr anspruchsvoll und aufgrund des Umfangs muss man einen langen Atem haben. Mit den kleinen aber feinen Unbekannten einzusteigen, bietet die Möglichkeit, Ende schneller lieben zu lernen.
Fazit:
Es lohnt sich diese Sammlung im Haus zu haben. Nicht nur wegen der unglaublich phantasievollen Erzählungen oder dem unverwechselbaren Stil Endes, sondern auch weil es Kindern und Erwachsenen gleichermaßen Spaß macht darin zu lesen.
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