Die 212 Könige

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Die 212 Könige
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonJun 2008

Idee

Obwohl wir, wie Miles selbst, ziemlich lange auf die Folter gespannt werden, erleben wir allerlei schöne und oft auch schräge Begebenheiten mit den sympathischen Akteuren.

Text

Jon Berkeleys Sprache ist wieder einmal warmherzig, fantasievoll und einem sehr guten Gespür für seine Charaktere.

Nach seinem erfolgreichen Debüt ";Das gestohlene Lachen" liefert Jon Berkeley nun die Fortsetzung seiner fantastischen Geschichte um den kleinen Waisenjungen Miles. Im zweiten Band treffen wir alte Bekannte wieder und begegnen neuen, wieder etwas schrägen Darstellern. Dabei geht es in ";Die 212 Könige" vor allem um die Suche nach Miles´ Wurzeln. Miles, der davon berzeugt ist, dass sein Vater noch lebt, trifft bei seinen Nachforschungen nicht nur auf eine undurchdringliche Mauer des Schweigens, sondern auch auf höchst eigenartige Wesen...

Nachdem der Waisenjunge Miles dem Großen Cortado das Handwerk legen konnte, kehrt etwas Ruhe in das Leben des Jungen ein. Er zieht mit seiner kleinen Freundin ";Little" und dem Wanderzirkus der Bolsillo-Brüder durch die Lande. Die drei Bolsillo-Brüder behaupten immer noch, sein Vater sei gestorben. Miles, der ahnt, dass viel mehr hinter all dem steckt, erhält vom zwielichtigen Wahrsager ";Doktor Tau-Tau" rätselhafte Hinweise auf den Verbleib seines Vaters.

So nimmt der freilich nicht ganz vertrauenswürdige Dr. Tau-Tau den Jungen eines nachts mit zu einem eigenartigen Volk, das tief unter der Erde in der Dunkelheit lebt: den Firbolg. Als der selbsternannt begnadete Wahrsager, noch ganz obenauf, den Herrscher der haarigen, kleinen Wesen zu sprechen verlangt, müssen Miles und der Mann bald feststellen, dass es den einen Herrscher bei den Firbolg nicht gibt. Es sind allesamt Könige, nämlich 212 an der Zahl. So weit also zum Titel des Buches. Doch die Firbolg sollen keine Hauptrolle in dem zweiten Band bekommen, denn den beiden Gefangenen gelingt es auf sehr glückliche Weise zu fliehen.

Doch vorher erfährt Miles, statt, wie versprochen, eine Antwort auf den Verbleib seines Vaters zu erhalten, dass seine Mutter - einst eine sehr begabte Wahrsagerin - den Firbolg etwas sehr kostbares schuldet: Das Ei des Tigers. In diesem Ei, so wird ihm erklärt, befinde sich die Seele eines Tigers und verleihe dem Besitzer grosse Macht - wenn dieser wisse, wie er damit umzugehen hat. Trotz der Wut über den Betrug des Wahrsagers ist Miles froh, dass der feige Dr. Tau-Tau doch nicht als Festschmaus für die kleinen pelzigen Wesen erhalten muss. Ihre Rettung haben sie einzig und allein ";Little" zu verdanken. Mit erstaunlich viel List und Einfallsreichtum kann sie sich unerkannt unter die Firbolg mischen (Dr. Tau-Tau Haarwuchsmittel macht es möglich) und da sie ja jede Sprache beherrscht, gelingt es ihr auch, die Firbolg zu täuschen.

Die Firbolg verlangen also ihren Schatz zurück und nicht nur die, denn auch Dr. Tau-Tau scheint auf sehr dringliche Weise an dem Ei interessiert. Doch der Junge weiss, trotz wiederholter Nachfrage des Wahrsagers, nichts über ein solches Ei und Miles, der gehofft hatte endlich Antworten zu erhalten, steht vor einem weiteren Rätsel.

Zu allem Überfluss erntet er bei seinen Nachforschungen von den Bolsillo-Brüder nur zotige Sprüche. Sie geben sich, wie üblich, ganz und gar unwissend. Auch Dr. Tau-Tau scheint noch so manches vor dem Jungen zu verbergen.

Der Zirkus zieht weiter durch die Lande und Miles verliebt sich unsterblich, und zwar in das Meer. Doch Miles und Little sind besorgt, sie wissen von Tau-Tau, dass der Große Cortado aus dem Irrenhaus ausbrechen konnte und nun irgendwo sein Unwesen treibt. Der Mann, der den Menschen einst das Lachen raubte, drängt den Wahrsager, ihm das kostbare Ei auszuliefern. Der Große Cortado, so erklärt Tau-Tau am Ende, sei schon seit dem Tod von Miles Mutter hinter dem Ei her, konnte es aber niemals ausfindig machen. Miles, der schon lange begriffen hat, dass er auch diesem feigen und selbstverliebten Wahrsager nicht trauen kann, muss auf der Hut sein, denn Tau-Tau hat die alten Tagebücher seiner Mutter. In ihnen steht ihr ganzes Wissen und auch, wie man mit dem Ei umgeht. Aber Tau-Tau ahnt nicht, dass Miles eines - das entscheidende Buch - bereits an sich nehmen konnte.

Doch dann befreit der Große Cortado das ";Zero" - ein schwarzes, bösartiges, unbezähmbares Untier - und als es zu einem erneuten Angriff zu kommen scheint, ruft Miles in Gedanken den Tiger herbei, der ihn in letzter Sekunde vor dem Zero retten kann. Miles findet sichließlich heraus, dass er den Tiger immer herbeirufen kann - etwas, das ihm noch nie aufgefallen ist . Es scheint eine rätselhafte Verbindung zwischen dem Jungen und der eigenwilligen Raubkatze zu geben. Miles beginnt langsam zu verstehen, dass er noch viel mehr von seiner Mutter geerbt hat als das unauffindbare Ei; er besitzt auch die kostbare Gabe, Menschen zu heilen.

Aber nicht nur dieses Geheimnis wird am Ende gelüftet: Miles erfährt die Wahrheit über den Tod seiner Mutter und den Verbleib seines Vaters. Außerdem hat er nun Grund zur Hoffnung, dass er noch irgendwo Verwandte hat...

Miles, der Tiger, jede Menge schräger Typen, allen voran der alte Bolzenglas von Arabien, wahre Bösewichte und wunderbar lebendige wie witzige Dialoge waren sicherlich eines der Erfolgsingredenzien des ersten Bandes der Trilogie von Jon Berkeley. Auch in diesem Buch finden wir vieles von dem wieder und bekommen noch mehr Geschichten aus dem Leben der beliebten Nebenakteure erzählt; von den Bolsillo-Brüder, von Bolzenglas oder etwa auch von dem Polizisten Trio, dem ängstlichen Wachtmeister Wigge, dem diensteifrigen Wachtmeister Flap und dem Sergeant Bramley, der sich eigentlich nur ein friedliches Leben auf der Polzeiwache wünscht. Wunderbar karrikiert er seine Charaktere und stattet seinen trockenen, englischen Humor mit wunderbaren Bildern aus, die das Geschehen wie ein Film vor dem inneren Auge ablaufen lassen.

Doch die Geschichte dieses Romans hätten auch auf weniger als 400 Seiten erzählt werden können. Sehr langatmig und zögerlich rückt Jon Berkeley mit seinen Enthüllungen heraus und bleibt über weite Strecken im Allgemeinen, dessen Sinn sich teilweise erst am Ende offenbart und dennoch ein wenig bemüht wirkt. Zwar gibt es immer wieder spannende Höhepunkte, wie zum Beispiel das Aufeinandertreffen von Zero und Tiger oder den grossen Showdown im Zirkus, als ein falscher Stranski Miles beinahe entzwei gesägt hätte, doch diese finden erst gegen Ende statt. Besonders das beharrliche Abblocken der Bolsillo-Brüder, die Miles zu einem früheren Zeitpunkt eine ganze Reihe von wichtigen Antworten hätten geben können, bremsen den Verlauf der Geschichte. Hätten die früher ";ausgepackt", wäre es sicherlich noch ein sehr ereignisreiches Abenteuer geworden. Doch das verspricht uns Jon Berkeley wohl im dritten und letzten Teil; denn er macht so seine Andeutungen, wie etwa über Miles´ neu entdeckte Liebe zum Meer oder über eine geheimnisvolle Zwillingsschwester.

Wir dürfen also gespannt sein - einige Antworten haben wir ja immerhin erhalten.

Fazit:

Eher gemächlich bereitet uns Jon Berkeley in seinem zweiten Band auf das Ende seiner Trilogie um Miles und seine Freunde vor. Aber auch im zweiten Band finden wir wieder seine humorvolle, abwechslungsreiche Sprache mit der er seine Charaktere so unverwechselbar macht. Sie sind eine Idealbesetzung für seine oftmals ziemlich grotesken Szenen. Wer sich also in der Welt von Miles mit ihren liebenswerten wie auch zwielichtigen Charakteren einfach wohl fühlt, wird hier ohne Mühe für längere Zeit abtauchen können.

Stefanie Eckmann-Schmechta

 

Die 212 Könige

Jon Berkeley, Ravensburger

Die 212 Könige

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