Der erfolgreiche Bilderbuchklassiker von 1988 ";Im Traum kann ich fliegen" von Eveline Hasler und Käthi Bhend ist nun völlig neu überarbeitet wieder im NordSüd-Verlag erschienen. Vieles wurde bei der Überarbeitung wegretouchiert oder sogar neu gezeichnet. Es hat dabei aber nichts von seiner ausgehenden Faszination verloren, ganz im Gegenteil: Es ist und bleibt ein sensibles, lehrreiches Buch das nicht nur über das Erwachen der Natur im Frühling erzählt, sondern auch über Freundschaft und Vertrauen.
Was wimmelt da alles unter der Erde, wenn das Frühjahr kommt? Da gibt es Rottolo, den kleinen Käfer, Schnurps und Knurps, die Regenwürmer, Ria, die Raupe und den dicken weissen Engerling. Sie alle sind Nachbarn und sind unter der Erde gut vor dem Winter geschützt: Sie haben eine behagliche Wohnung und Wintervorräte.
Zum Zeitvertreib spielen die Freunde miteinander Karten und besuchen sich dabei gegenseitig in ihren Behausungen. Während der Winter Einzug hält, lässt sich die Raupe Ria jedoch nicht mehr blicken, sie möchte nun schlafen und von Farben und dem Fliegen träumen, während sie sich immer weiter verpuppt. Die restlichen Freunde bedauern die Abwesenheit Rias, aber alle kommen sie dennoch gut über den Winter. Und da ist ja noch die eiserne Reserve des Käfers, eine riesige Zwiebel, die ebenfalls unter der Erde ruht. Eines Tages nagt der Engerling verbotenerweise an der Zwiebel und befürchet, Schaden angerichtet zu haben. Doch im Frühling erwacht die totgeglaubte Zwiebel zu neuem Leben und verwandelt sich eine eine wunderschöne Frühlingsblume. Die beiden Würmer berichten davon begeistert. Als auch der Engerling kurz seine Nase in die Frühlingsluft hält, sieht er, dass auch Ria sich verwandelt hat; sie ist zu einem wunderschönen Nachfalter geworden.
Im Winter schläft alles? Nicht ganz, denn unter der Erde wimmelt es noch. Es wird unter unseren Füssen gebuddelt, gekrabbelt, geruht und verwandelt, bis die Strahlen der Frühlingssonne die Erde wieder erwärmen.
Eveline Hasler versteht es, dieses immer wiederkehrende Wunder der Natur anschaulich und kindgerecht in eine spannende und zugleich lehrreiche Geschichte zu verpacken. In kurzen, leicht verständlichen Sätzen kann sie diesen doch eigentlich ziemlich komplexen Vorgang vermitteln.
So mag es für so manches Kind hochinteressant sein zu erfahren, was die kleinen Krabbler im Winter machen und wie sie leben. Ein Engerling zum Beispiel lebt übrigens je nach Art zwischen zwei und vier Jahren in der Erde. Sein Wurzelfrass kann im Extremfall sogar zum Absterben von ausgewachsenen Buchen führen. Kein Wunder also, dass das Exemplar in unserer Geschichte nicht von der Blumenzwiebel lassen konnte. Und nehmen wir mal an, der Engerling ist ein Maikäfer-Engerling, dann hat die Raupe Ria schon recht, als sie ihm den abschliessenden Satz des Buches sagt: "Nur Geduld, Engerling, eines Tages kannst auch du fliegen".
Es geht also auch darum einer Freundin Vertrauen zu schenken, die weiss, dass sich der Traum vom Fliegen bald erfüllen wird. Oftmals braucht es Geduld um an das Ziel zu gelangen. Aber auch um den langen Winter zu überstehen, brauchen die Freunde einander.
Diese oftmals als unschön empfundenen Insekten werden hier unter Einbeziehung ihrer natürlichen Lebensweisen von einer freundlichen und gleichzeitig zerbrechlichen Seite gezeigt. Sie weisen in ihrer Zartheit menschliche Züge auf, die ihre natürliche Gestalt nicht überlagert.
Die traumhaft schönen und filigranen Illustrationen von Käthi Bhend unterstreichen die faszinierende unteridische Welt. Die verschlungenen, lebendigen Illustrationen verstecken zahlreiche Details. Gerne verweilt man längere Zeit bei den liebevoll ausgearbeiteten Bildern, die zu einer Entdeckungsreise auf sanfte und sehr schöne Art einladen.
Fazit:
Ein geistreiches und zugleich poetisch-leichtes Buch, das den Zauber des Frühlings aus einer ungewöhnlichen Perspektive zeigt. Die gefühlvolle Geschichte und die filigranen Illustrationen laden zum Verweilen, Entdecken und Träumen ein.
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