In welchem Buch liegen schon das Morse-Alphabet, ein Anleitung für das Züchten von Kristallen, Informationen über den Abenteurer Klaus Störtebeker und die Bauanleitung für eine Seifenkiste unmittelbar nebeneinander? Das Autorenpaar Conn und Hal Iggulden geht in ihrem ";Dangerous Book for Boys" einen eher unkonventionellen Weg und hat dabei eine klare Zielgruppe im Fokus: Jungen und ihre Väter!
Gleich zu Beginn des 304 Seiten umfassenden Buches folgt auf die Bauanleitung für den ";besten Papierflieger der Welt" ein Abriss über ";die sieben Weltwunder der Antike". Die ";Bauanleitung für ein Baumhaus" verspricht ein tolles Abenteuer, dem ";die wichtigsten Fußballregeln" folgen, um dann einen kleinen Ausflug in das Urzeitalter zu den Dinosauriern zu unternehmen. Aber nicht nur die Themen Abenteuer, Action und Sport werden bedient. Auch Politik und Kultur haben Einzug gehalten. Es gibt Informationen über Europa, wir lernen die Wappen der 16 Bundesländer kennen oder erfahren beispielsweise Wesentliches über die Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands. Auch in Sachen ";Lektüreempfehlung" wartet das Buch auf und präsentiert die Liste mit den Büchern, die Jungs unbedingt gelesen haben sollten. Sogar der ";richtige" Umgang mit Mädchen wird hier behandelt und ich muss sagen, dass die Tipps vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss sind, aber durchaus brauchbar für die ersten zaghaften Annäherungen an das andere Geschlecht.
Anfangs mag die unsortierte Aneinanderreihung ohne wirklich thematische Klammer irritieren, jedoch liegt eben gerade hier der besondere Reiz des Buches. Es ist wie ein Schatz von den Dingen, die ";Junge" unbedingt wissen sollte. Aufschlagen, lesen und staunen heißt es - an welcher Stelle auch immer. Die Neugierde wird nahezu auf jeder Seite geweckt. Und spricht uns ein Thema gerade nicht an - was ganz sicher nicht ausgeschlossen ist - einfach weiterblättern, denn die nächste spannende Information lässt nicht lange auf sich warten. Dabei werden Kinder auf Themenfelder und Interessensgebiete aufmerksam, die sie so nicht unbedingt auf dem "Unterhaltungsplan" hatten und die es lohnt vielleicht an anderer Stelle - auch gemeinsam mit den Eltern - zu vertiefen.
Die Einbindung eines Erwachsenen ist gerade für jüngere Kinder zwischen 8 und 10 Jahren sicherlich zwingend erforderlich, denn Satzbau und zugrunde liegender Wortschatz sind teilweise komplex. Vielfach wird dem Leser ein hohes Mass an Aufmerksamkeit abgefordert und so manche Details sind nicht auf den ersten Blick klar verständlich formuliert. Hier zollt die thematische Fülle ihren Tribut. Nicht jedes Thema kann so behandelt werden, dass es sich in seiner Gänze erklärt. Viel Bekanntes wird hier zudem in neuem Gewandt präsentiert; doch auch die ein wenig ";aufgewärmt" wirkenden Themen können Eltern als gute Anregung dienen, um die gemeinsame Zeit mit Erfahrungen mit Aktiviäten zu bereichern, die vielleicht fernab der üblichen Freizeitgestaltung liegen.
Es findet sich viel und zum großen Teil farbiges Bildmaterial auf den in Pergamentoptik gestalteten Seiten; zahlreiche Skizzen und Zeichnungen wecken die Neugierde, unterstreichen die ";Exklusivität". Verführerisch gefährlich wirkt dabei natürlich schon der knallrote Einband mit Signalwirkung und seiner in Goldglanz geprägten Überschrift in altertümlicher Typografie; ein echter Hingucker auf dem Büchertisch.
Natürlich ist die Zielgruppenabgrenzung - für Väter und Söhne - ein so reizvoller Ausblick, dass gerade die Väter Gefallen am "Dangerous Book for Boys" finden dürften, verspricht es ihnen doch gewissermassen einen Weg zurück in ihre ";vergessene" Kindheit. Es scheint konzipiert zu sein, damit jahrhunderte altes Wissen um das, was Jungen nun einmal wissen und mit ihren Vätern unternehmen sollten, nicht über die computerspielende und TV-konsumierende Generation endgültig verloren geht. Ein bißchen Wehmut schwingt da schon mit, so, als wenn Großvater erzählt, wie er sich damals mit den anderen wilden Jungs die Zeit vertrieben hat. Aber diese Abgrenzung ist wie so oft nicht zwingend. Denn das auch das weibliche Geschlecht voller Abenteuerlust und Wissendurst steckt, wissen wir nicht erst seit Pippi Langstrumpf. Natürlich können also auch Mütter, ältere Schwester oder Brüder den ";geheimen Schatz" mit den Jungs heben.
Aber wie ";gefährlich" ist das Buch denn nun eigentlich? Das ";dangerous" ist in diesem Fall vorrangig ein Motivations- und Marketingaspekt, der direkt die Zielgruppe ansprechen soll. Vielmehr fördert das Buch das Allgemeinwissen, indem man gemeinsam mit den Kindern das Interesse an der Welt und den Spass an alten Spielen entdeckt. Das einzig gefährliche ist an den Anregungen wohl eher, dass in Zeiten in denen Kindern vieles vorgekaut, abgenommen und gekauft wird, sie selbst aktiv werden müssen (und im Falle eines Seifenkistenrennens - nach erfolgreichem Zusammenbau des Fahrzeuges - auch riskieren, sich den einen oder anderen blauen Fleck zu holen.)
Fazit:
In Zeiten des digitalen Entertainment und medialer Reizüberflutung, mutet das Werk von Conn und Hal Iggulden beinahe ein klein wenig revolutionär an. Auch wenn sich die inhaltliche Aufbereitung nicht immer optimal auf Kinder ausrichtet und der erwachsene ";Gefährte" für jüngere Kinder notwendig wird, die Mischung macht´s! Das Themenspektrurm ist abwechslungsreich, zugleich ausgewogen und überaus faszinierend. Das ";gefährliche Buch" ist damit für neugierige, wissbegierige Kinder und Erwachsene bestens geeignet.
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