[ab 5 Jahren]
Claude K. Dubouis zeigt mit dem Buch ";Eisbärenbaby", dass eine Geschichte keiner Worte bedarf, wohl aber aussagekräftiger Illustrationen. So erzählt es ganz ohne begleitenden Text die dramatische Geschichte eines kleinen Eisbären, der in der eisigen Kälte der Arktis seine Mutter verliert und plötzlich ganz auf sich allein gestellt ist.
Geborgen und sicher fühlt sich ein nur wenige Wochen altes Eisbärenbaby bei seiner Mutter, einer großen starken Eisbärin. Doch dann wird die Mutter von Jägern erlegt und das Eisbärenbaby bleibt einsam und hilflos in der klirrenden Kälte zurück. Allein könnte es dort nicht überleben, aber zu seinem Glück wird es von den Schlittenhunden der Innuit aufgespürt. Ein kleines Innuitmädchen kümmert sich von da an liebevoll und begeistert um das lebendige Kuscheltier. Die beiden sind bald schon unzertrennlich und verbringen einen glücklichen Sommer im Igludorf. Doch der kleine Eisbär wächst heran, und war seine ungestüme Art anfangs putzig und niedlich, so wird sie nun immer störender und gefährlicher. Ein großer Eisbär passt einfach nicht in eine Menschensiedlung. Deshalb müssen die Spielgefährten schweren Herzens Abschied von einander nehmen: der Eisbär wird wieder in der Wildnis ausgesetzt. Doch noch einmal hat er Glück im Unglück und findet Anschluss an eine Eisbärenfamilie.
Eine so dramatische und komplexe Geschichte wie ";Eisbärenbaby" nur mit Bildern und gänzlich ohne Worte zu erzählen, stellt hohe Anforderungen an die Zeichnungen. Handlung und Stimmungen der Geschichte, Gefühle und Gedanken der handelnden Figuren können nur mit zeichnerischen Mitteln ";erzählt" werden. Dies gelingt der belgischen Illustratorin Claude K. Dubois zweifellos sehr gut. Aquarellfarben und Kohle eignen sich hervorragend, die arktische Stimmung einzufangen. Sie verwendet durchgehend nur wenige, gedämpfte Farbtöne - mit einer Ausnahme: die tödliche Wunde der Eisbärenmutter ist grellrot und kennzeichnet damit deutlich den tragischen und dramatischen Wendepunkt des Geschehens.
Die eisige Kälte und die unendliche Weite werden durch blasse Grau-, Blau- und Brauntöne lebendig. Je unglücklicher die Situation, desto kälter sind die Farben gewählt. Dagegen wird die Geborgenheit im Innuitdorf deutlich durch den Einsatz von warmen Rot- und Brauntönen. Das versöhnliche Ende der Geschichte ist wiederum gekennzeichnet durch helle zarte Gelbtöne, die die kalten Farben verdrängen.
Die einzelnen Figuren sind liebevoll und ausdrucksstark gezeichnet. Besonders beeindruckend ist, wie die Künstlerin mit wenigen Kohlestrichen Gefühle wie Freude, Verzweiflung und Wut in den Gesichtern von Mensch und Tier hervorruft. Die Entwicklung des kleinen Bären wird eindrucksvoll durch perspektivische Variationenen deutlich. Das Eisbärenbaby wirkt winzig vor dem Rudel der Schlittenhunde oder in den Händen des Innuit. Um zu zeigen, wie er immer größer wird, stellt die Illustratorin ihn schließlich neben das zierliche Innuitmädchen.
Fraglich ist nur, welche Zielgruppe dieses schöne Bilderbuch erreichen soll. Für Dreijährige, wie vom Verlag empfohlen, ist es sicherlich wegen der teilweise doch sehr grausamen Geschehnisse nicht geeignet. Hinzu kommt, dass das Fehlen eines begleitenden Textes bei einer so emotionalen Handlung als nachteilig anzusehen ist. Die traurigen Bilder ohne nähere Erklärungen könnten den Kindern Angst machen. Ältere Kinder hingegen sind aber wahrscheinlich, trotz des momentanen Eisbärenbooms, schon an anderen Themen und Buchformen interessiert.
Fazit:
Eine berührende Geschichte, die spannend nur durch die kunstvoll gezeichneten Bilder erzählt wird. Allerdings wegen der großen Emotionalität, die hier keine sprachliche Moderation erhält, ist erst für ältere Kinder ab etwa fünf Jahren geeignet; die aber dürften sich schon für andere Themen und Buchformen interessieren.
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