Dream Keeper - Aufbruch ins Reich der Träume

Seit dem Tod ihrer Mutter vor einigen Jahren ist in Kikis Leben nichts mehr, wie es einmal war. Da sie sich auf ihren alkoholkranken Vater nicht verlassen kann, ist Kiki ganz auf sich allein gestellt. Was bleibt sind ihre Träume, in denen sie vor der Welt flüchten kann. Was sie jedoch nicht erwartet hat, ist, dass sich Traum und Wirklichkeit für sie plötzlich auf sehr reale Weise miteinander verbinden. Bis zu dem Tag, an dem sie auf Bobbi, einen anfangs sehr launischen Kater, trifft. Dieser führt Kiki zum Traumältesten, der ihr eröffnet, dass sie eine Traumkünstlerin ist, die den Menschen fortan ihre nächtlichen Wünsche erfüllen soll.

Voller Eifer nimmt sich Kiki ihrer neuen Aufgabe an und übt sich Nacht für Nacht in ihren neuen Traumkünsten. Wer hätte gedacht, dass sie damit sogar Geld verdienen kann? Doch als sie plötzlich in einem Traum landet, der zum Albtraum wird, lernt Kiki, dass in der Welt der Träume nicht alles so leicht und rosig ist, wie es zunächst scheint. Der Schattenkaiser greift mit seinen Klauen nach den Träumen und sendet sein Schattenheer aus. Und plötzlich ist Kiki keine einfache Traumkünstlerin mehr, sondern hat einen viel größeren Auftrag: Die Welt der Träume vor dem Schattenkaiser zu bewahren…

„Kikis Kampf gegen den Schattenkaiser ist ein Ringen mit menschlichen Begierden.“

Chen Jiatongs neue Reihe „Dream Keeper“, die in China bereits 2017 erschien, mutet zwar durch das Cover wie eine Geschichte im „White Fox“-Universum an, aber sie ist eingebettet in eine vollkommen neue Welt. In die Welt der Träume. Allerdings lässt es sich der Autor nicht nehmen, der Protagonistin Kiki seine früheren Kinderbücher, in denen es um Dilah geht, auf den Nachttisch zu legen. Während „White Fox“ ein Tierabenteuer war, spielen in diesem Reihenauftakt Menschen die Hauptrollen. Erst nach und nach werden mit Bobbi und anderen Traumgestalten Tiere in die Story eingeführt.

Ähnlich wie Dilahs Geschichte ist auch Kikis Leben gespickt von sehr traurigen Ereignissen. Ihre Mutter starb sehr früh, wovon sich ihr Vater nicht mehr erholen konnte. Letzterer gibt sich Tag für Tag dem Alkohol hin und bekommt nicht mehr wirklich mit, was in Kikis Alltag los ist. Seine Tochter schuftet zuhause, in der Schule und ist die meiste Zeit alleine unterwegs. Trotzdem hat Kiki ihre kindliche Neugier noch nicht verloren und ist deshalb umso aufgeregter, als mit ihrem Traumlotsen Bobbi und der Aufgabe als Traumkünstlerin mehr Spannung in die sonstige Tristesse kommt.

Eine Fantasygeschichte, in der noch so viel mehr steckt

Ein kleiner Kritikpunkt sind die bewusst verstärkten Rollenzuweisungen von Frauen und Männern. So wird Kikis Mut hervorgehoben, obwohl sie ein Mädchen ist. Oder der Hang zum tadellosen Aussehen ihrer Lehrerin Frau Tschou, nachdem ihr Mann sie verlassen hatte. Aber das ist auch das Einzige, was einen an dem sonst mitreißenden, manchmal emotional-melancholischen Schreibstil stört.

So gerät man beim Lesen nicht selten in eine Welle von Empathie und Trauer angesichts der Lebensumstände, in denen sich Kiki befindet. Dass sie zusätzlich noch unter dem strengen Lehrer Herrn Yama zu leiden hat, der sie nicht selten auch körperlichen Strafen unterzieht (z.B. das lange Tragen von Wassereimern). Wer auf der Suche nach einem eher heiter-lustigen Fantasyroman ist, dem dürfte es also an vielen Stellen zu schwermütig sein.

Wie auch im Vorgänger „White Fox“ versucht Jiatong mit seinem Schreiben, die Wünsche, Ängste und Abgründe der Menschen zu ergründen. Welches Setting könnte da besser passen als unsere Träume? Dass hinter diesen nicht immer das Gute steckt, wird Kiki im zweiten Band noch herausfinden…

Fazit

Fans des Autors werden wahrscheinlich auch von „Dream Keeper“ begeistert sein. Wen bislang die rein tierischen Protagonistinnen und Protagonisten gestört haben, darf sich über neue Akzente im Figurenrepertoire freuen. Sehr gerne empfohlen!