Handy, Handy, in der Hand, wer ist die Schönste im ganzen Land?
Schneewittchen, Instagrimm und Castingshow
Sara alias Schneewittchen wird von ihrer Stiefmutter in eine Castingshow geschickt, aber sie will auf keinen Fall gewinnen. Ein Nicht-Märchen über Selbstliebe und Freundschaft.
Sara wohnt in der Schlossgasse 7 und wird wegen ihrer glänzend schwarzen Haare ständig Schneewittchen genannt. Das nervt sie ordentlich. Genauso wie ihre Instagrimm-süchtige Stiefmutter Adele, die sich ihre Bewunderung aus dem Handy holt. Sie macht ständig Fotos von Sara und meldet sie bei der Castingshow »Schön wie Schneewittchen« an. Sara macht widerwillig mit und trifft im Fernsehstudio auf ihre sieben Konkurrent_innen, mit denen sie drei Tschällentschis bestreiten muss. Aber Sara denkt nicht daran, die Show zu gewinnen, sie hat ganz andere Pläne ...
Ein herrlich witziges Nicht-Märchen, das auf Schönheitsideale pfeiftund stattdessen die Freundschaft feiert.
Es war einmal … so oder so ähnlich beginnt das typische Märchen. Ist das auch bei einem Nicht - Märchen so? Nein! Diese Geschichte soll im Hier und Jetzt spielen und deshalb beginnt sie mit den Worten: „Es ist.“ Sara lebt mit ihrem Papa und dessen exzentrischer, Social-Media-süchtiger Freundin Adele in der Schlossgasse 7. Wegen ihrer schwarzen Haare trägt Sara den Spitznamen „Schneewittchen“. Stiefmutter Adele fotografiert alles und jeden und am liebsten sich selbst, natürlich muss sie dazu richtig positioniert und gestylt sein. Einen absoluten Follower-Aufschwung bekommt sie, als sie mit Sara gemeinsam auf einem Foto zu sehen ist. Das verleitet Adele zu Höhenflügen und sie meldet ihre Stieftochter bei der Castingshow „Schön wie Schneewittchen“ an. Sara ist alles andere als begeistert, dennoch lässt sie sich, wenn auch widerwillig, auf diese Idee ein. Als sie dann im TV-Studio steht, auf ihre Konkurrenten trifft und bei „Tschällentschis“ antreten muss, schmiedet sie einen rebellischen Plan …
Social Media im 21. Jahrhundert
Schon zu Beginn des Nicht-Märchens landet man an einem Frühstückstisch im 21. Jahrhundert. Gespräche? Fehlanzeige! Saras Vater arbeitet am Computer, schlürft hin und wieder ein wenig Kaffee, seine Freundin Adele fotografiert, wie sie sich ein akkurat belegtes Brot zum Mund führt – aber bis sie das richtige Foto geschossen hat, versucht sie diese Bewegung 77-mal, ohne zu essen. Das Ganze wird natürlich auf Instagrimm gepostet. Die Einzige, die richtig frühstückt und die skurrile Szenerie beobachtet, ist Sara. Anhand dieses Beispiels wird beim Lesen schon klar: Da läuft etwas gefährlich schief. Aufgrund des Mittels der Übertreibung gelingt es jüngeren Lesenden, genau die Problematik der Ablenkung durch PC, Handy etc. und die Selbstverständlichkeit der allzeit bereiten Technik deutlich zu machen. Vielleicht regt es auch den ein oder anderen vorlesenden Erwachsenen dazu an, darüber nachzudenken …
Drei Tschällentschis – und eine selbstbewusste Sara
Die Hauptfigur Sara, die von ihrer Stiefmutter instrumentalisiert wird, legt absolut keinen Wert auf perfekte Fotos oder viel Hype um ihre eigene Person und zieht selbstbewusst ihr eigenes Ding durch – egal, was ihre Konkurrenten der Castingshow auch denken. Und hinterher geht sie als eigentliche Siegerin aus dem Ganzen heraus, auch wenn die Moderatorin nicht begeistert ist und Adele völlig ausflippt. Als Sara sich ihre glänzenden, schwarzen Haare abschneidet und färbt, sind sich alle einig: Schneewittchen hat keine kurzen und bunten Haare! Warum eigentlich nicht? Wer behauptet das? Die wichtigste Botschaft ist hier: Sara sieht jetzt zu 100 Prozent aus wie Sara. Sie muss sich nicht verstellen, nicht anpassen, nicht den neusten Trends hinterherlaufen. Und genau das ist es, was Kindern in der heutigen Zeit immer wieder gesagt werden muss: Du bist du und das ist gut so!
Schwarz-violette Illustrationen
Neben der kurzweilig und lustig geschriebenen Geschichte fallen auch die Illustrationen von Gemma Palacio ins Auge. Sie nehmen einen Großteil der Seiten ein, was nicht stört, sondern unterstützend wirkt. Die Farbgestaltung ist überwiegend schwarz-violett und wirkt so individuell. Figuren wie beispielsweise Adele haben durch die charakteristische Interpretation der Illustratorin Wiedererkennungswert.
Fazit
Ein humoriges Nicht-Märchen mit einer ganz klaren Botschaft: Bleib wie du bist, schwimme auch mal gegen den Strom! Du musst nicht jedem gefallen. Die eigentliche, reale Welt findet hinter den Kulissen statt, nicht auf Showbühnen oder bei Instagrimm. Also – sei wie Sara, nicht wie Schneewittchen!
Gemma Palacio, Petra Piuk, Leykam
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