An der Arche um Acht
- Sauerländer
- Erschienen: September 2007
- 3
Ausgezeichnet mit dem Kinderbuch-Couch-Star*. Kinderbuch des Monats [09.2007]. Treffpunkt: An der Arche um Acht. Verblüfft nehmen die beiden, auserwählten Pinguine ihre zwei Tickets, deren Gültigkeit nach der Sintflut entfällt, für Noahs Schiff in Empfang. Das Ende der Welt naht und die zwei wissen, dass sie ihren Freund, den ungläubigen, streitsüchtigen Pinguin, mitnehmen müssen. Das könnte schwierig werden, denn immer nur zwei Exemplare jeder Tierart dürfen an Bord.
Drei Pinguine stehen am Südpol und debattieren über die Existenz Gottes. Niemand hat den Herrn gesehen, der die Regeln aufstellt, an die sich alle zu halten haben und der angeblich der Schöpfer der Welt ist. Zugegeben, sehr einfallsreich war Gott bei der Antarktis nicht gerade und viel Mühe hat er sich bei den Pinguinen auch nicht gegeben, denn sie sind weder echte Vögel noch Fische. Der kleine Pinguin jedenfalls will den wunderschönen Schmetterling, bei dem Gott offenbar seine kreativen Fähigkeiten fantasievoller eingesetzt hat, abmurksen. Doch wie heißt es in der Bibel: Du sollst nicht töten. Gott hört alles, sieht alles, ist gerecht und verteilt die Strafen. Die beiden Pinguine verhindern jedenfalls, dass der dritte dem gelben Schmetterling etwas antut. Dann setzt sich der kleine Pinguin versehentlich auf den Schmetterling und fühlt sich mies.
Das Gezänk der drei endet als der kleine Pinguin die Nase von den Belehrungen seiner Freunde und Gott endgültig voll hat. Mutterseelenallein verschwindet er in Eis und Schnee. Dann geschieht ein Wunder: Gott macht sich bemerkbar. Er verkündet durch eine dicke Taube, dass er eine Sintflut schicken wird, denn er kann die ewigen Streitereien der Menschen und Tiere nicht mehr ertragen. ";Aber muss es denn gleich eine Sintflut sein?", fragen sich die besorgten Pinguine. Gott lässt nicht mit sich reden, verkündet die Überbringerin der Nachricht. Sie verteilt die Tickets und mahnt pünktlich an der Arche um Acht zu sein. Dabei grübelt die beschäftigte Taube unablässig. Sie hat irgendwie das dumpfe Gefühl, vor jeder Reise geht das nicht nur Tauben so, dass sie etwas Wichtiges vergessen hat.
Die Verantwortung für die gesamte Gattung Pinguin lastet nun auf den Schultern der beiden Tiere. Hartnäckig meldet sich das Gewissen der Freunde. Um langen wie unnötigen Diskussionen zu entgehen, schlagen sie den dritten Pinguin bewusstlos und verfrachten ihn unsanft in einem großen Koffer. Da auf der Arche nur Handgepäck erlaubt ist, wäre beinahe bei der strengen Gepäckkontrolle alles aufgeflogen. Genau zum richtigen Zeitpunkt bricht die Sintflut herein und die Taube hat keine Zeit mehr für verdächtige Utensilien an Bord. Alle Tiere müssen auf der Überfahrt schlafen, was den Antilopen neben den Löwen doch schwer fällt. Die Löwen wachen vom Geschrei der Pinguine auf, denn die drei Herren im Frack glauben, dass sie auf einem Luxusdampfer unterwegs sind. Irren ist nicht nur menschlich. Und schon folgt die typische Kinderfrage: ";Und wann sind wir da?" Die gestresste Taube ist völlig überfordert. Noah teilt nur Befehle aus und die Taube quält sich mit dem beunruhigen Gedanken, dass sie etwas Wichtiges vor der Reise vergessen hat. Als der kleine Pinguin endlich sein Koffergefängnis verlassen kann, gibt er sich selbst die Schuld für die Katastrophe. Er hat den kleinen Schmetterling getötet und nun straft Gott die ganze Erde mit der Sintflut. Um den Pinguin von seinen trüben Gedanken abzulenken, veranstalten die drei Tiere einen kleinen Heimatabend, um sich etwas sentimental an ihre Eiswüste zu erinnern. Der Gesang weckt die übermüdete Taube, die nun denkt, dass sie nach 40 Tagen Schiffsgeschaukel Halluzinationen hat. Schnell kann der dritte Pinguin in den Koffer springen und die Taube in dem Glauben lassen, aus dem Koffer spreche Gott zu ihr. Die Taube ist völlig verwirrt und beginnt mit dem vermeintlichen Gott, der Fehler einräumt, ein verständnisvolles Gespräch. Doch als Gott sich von der Taube Käsekuchen wünscht, dämmert es der Taube und sie entdeckt den frechen Schwindel. Alle harren nun der Strafe, die über sie kommen wird. Oder ist Gott nicht so nachtragend, wie die Taube behauptet?
Doch dann beendet ein Ruck das Gespräch, denn die Arche hat Land unterm Kiel. Alle Tiere verlassen paarweise das Schiff. Die Pinguine, wiedermal die Letzten, sind ratlos. Endlich fällt der Taube ein, was sie vergessen hat - einen Partner. Dem kleinen Pinguin kommt der zündende Gedanke. Er und die Taube verkleiden sich als Hochzeitspaar und schon glaubt Noah, seine Augen sind sowieso nicht mehr die besten, dass er zwei Tauben vor sich hat. Noah bedankt sich bei der Taube und fragt sie, warum sie sich eigentlich die Mühe mit den Pinguinen gemacht habe. Diese wären doch nicht untergegangen, denn sie sind als Vögel ausgezeichnete Schwimmer. Zum Ende klärt Noah dann alle Unwissenden auf, wo Gott zu finden ist. Pinguin und Taube bleiben vereint bis ans Ende ihrer Tage - auch wenn die anderen dumm gucken und behaupten, dass Gott so eine Verbindung nicht gewollt habe.
Der Deutsche Kinderhörspiel-Preis ging im Jahre 2006 an den Berliner Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor Ulrich Hub für "An der Arche um Acht". Das vielfach ausgezeichnete Kindertheaterstück erscheint jetzt als Erzählung. Um die großen, philosophischen Fragen, die jedes Kind früher oder später stellen wird, kümmern sich drei Pinguine. Ob Gott in einen Koffer passt sei dahingestellt, aber kann man ihn sehen? Ist Gott unfehlbar? Ist Gott der Schöpfer allen Lebens? Kommen alle, die gestorben sind, in den Himmel? Kann Gott irren?
Unaufdringlich, unpädagogisch und unbeschwert führen die drei Tiere einen theologischen Disput über das göttliche Gesetz, menschliche Nächstenliebe, über Glauben und Nicht-Glauben, Schuld, Moral, Sünde, die Gebote und den Gottesbeweis. Ulrich Hub erzählt diese lebendige Geschichte von Noah, der Arche und der legendären Sintflut aus der Sicht der Pinguine mit viel Witz und trockenem Humor. ( ";....zwei Dromedare, zwei Weidenkätzchen, zwei Ameisen...") So rechtfertigt der ungläubige Pinguin seine schlechte Tat, indem er clever argumentiert: "; So war ich schon immer. Dagegen kann ich gar nichts machen. Außerdem ist es nicht meine Schuld. So hat mich Gott eben gemacht." Die geschäftige, dicke Taube spielt Karten mit den Klapperschlangen, obwohl Glücksspiele auf der Arche verboten sind und die Kängurus haben gegen alle Regeln Picknicktaschen an Bord geschmuggelt.
Nichts Menschliches ist den Tieren auf der Arche fremd. Dabei fällt auch auf, dass Gott und die Pinguine sich in vielem sehr ähnlich sind - sie lassen sich nicht von ihren Idee abbringen und Fehler geben beide nicht gern zu. Aber die Pinguine, die ihre sicheren Tickets vor dem Weltuntergang erhalten haben, denken nicht: Nach uns die Sintflut! Ganz im Gegenteil, denn Ulrich Hub erzählt eine wunderbare Freundschaftsgeschichte. Die Pinguine halten treu zusammen und zeigen sich in schweren Zeiten trotz aller Unstimmigkeiten untereinander solidarisch. Die weltbewegenden Ereignissen des Alten Testaments beeindrucken sie nicht die Spur. Sie sind geistesgegenwärtig, lebensklug und einfallsreich. Im Laufe der Katastrophengeschichte entwickeln sich die Figuren zu markanten Charakteren und können am Ende auch ihre Beziehung zu Gott erhellen, der weder aussieht wie Noah, noch wie ein Mann, eine Frau oder ein Toaster. Und der ungewöhnliche Ausgang der Erzählung steht für Toleranz und Verständnis, die jedem Tier und Menschen entgegengebracht werden sollte.
Fazit:
Auf wunderbar komische, respektlose, befreiende und gleichzeitig gehaltvolle Art und Weise stellt die Geschichte von Ulrich Hub viele wichtige Fragen nach Gott und dem Leben. Vorschnelle Antworten sind zum Glück nicht seine Sache. Ein ungewöhnlicher Lesespaß mit Tiefgang für jeden!
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