Ein wunderbarer Erwachsenenschreck!
Lieschen Radieschen ist ein Kind, das die Erwachsenen gemeinhin als ungezogen und vorlaut bezeichnen würden. Wenn ihr etwas nicht zusagt, dann lässt sie es nicht etwa über sich ergehen und leidet still oder sagt höflich „Nein, danke!”. Nein! Ihre Wut wächst ins Unermessliche, ihr Kopf wird zunehmend rot und sie schreit so laut, dass die Fetzen fliegen.
Das bekommt Tante Evelyn zu spüren, als sie meint, es wäre zu kalt, um ohne Kratzpullover im Park zu spazieren. Das sieht Lieschen Radieschen anders und fordert mit ihrem Geschrei in der Tante eine Drohung heraus: Die bekannte „leere Drohung“.
„Mich holt kein Lämmergeier!”, schrie Lieschen Radieschen. “Ich hol ihn!”
Nur diesmal wird die Drohung zur Realität und der Lämmergeier fliegt mit Lieschen Radieschen auf dem Rücken davon. Klar, dass auch jetzt das Kind bestimmt, wohin es geht. Statt also zur „einsamen Insel der zornigen Kinder“, fliegen die beiden in ein noch prinzessinnenloses Königreich, dessen Stereotype und Ruhe Lieschen Radieschen ganz schnell aufmischt.
Ein Kind mit einem ganz eigenen Kopf
Lieschen Radieschen, die rebellische Prinzessin ist ein Kinderbuch, welches schon seit 25 Jahren Leser*innen und Vorleser*innen unterhält und nun in einer Neuauflage erschienen ist. Ganz und gar zeitlos erleben wir hier einen immerwährenden Konflikt zwischen Erwachsenen und Kindern, nämlich darüber, wessen und welche Regeln befolgt werden müssen.
Lieschen Radieschen weiß ganz genau, was sie will: Sie will keinen kratzigen, viel zu warmen, Pullover tragen. Sie will eine Prinzessin in schwarz, mit Umhang, und die Heldin ihrer eigenen Geschichte sein. Sie kümmert sich nicht um die Meinungen der anderen und geht ohne Angst durch ihr Leben – und durch das der anderen.
Damit sprengt sie Grenzen, tut das Unerwartete und überrascht immer wieder aufs Neue.
Die rebellische Prinzessin macht ein ganz und gar nicht liebenswürdiges Mädchen zur Heldin. Sie tut, was sie will. Ist unhöflich und direkt. Und erreicht das, was sie will. Das wird ganz ohne Wertung erzählt, wodurch die Interpretation ganz in die Hände der Betrachtenden gelegt wird.
Diese besondere Geschichte ist dadurch durchgängig überraschend und durch die Art der Erzählung sehr unterhaltsam-witzig. Die kurzen und nüchtern gehaltenen Sätze fangen sehr gut dieses gewisse kindlich Bestimmende ein und können schon von Erstleser*innen gelesen werden.
Gleich auf den ersten Blick erkennt man auch den Illustrator der Geschichte: Axel Scheffler, der Zeichner des berühmten Grüffelos und vieler anderer Bilderbuchgeschichten, hat Lieschen Radieschen auf seine ganz einzigartige Art zum Leben erweckt und bebildert ganz wunderbar die Stärke dieses ganz außergewöhnlichen Kindes.
Fazit
Als ganz und gar moderne und starke Prinzessin wirft Lieschen Radieschen überholte Stereotype über den Haufen und zeigt den Erwachsenen, dass auch sie schon ganz gut weiß, was sie möchte, und dass sie das auch selbst erreichen kann. Überraschend, unterhaltsam und mit einem Augenzwinkern erzählt, eignet sich diese Geschichte wunderbar zum gemeinsamen Lesen und als Erstlesebuch in der Grundschule.
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