Herrlich! Niemand kann sich so schön daneben benehmen wie ";Die wilden Strolche". Aber das geht den anderen Tieren eben zu weit. Die Wölfe beschließen sich zu verändern, um die Freundschaft der anderen nicht zu verlieren. Und da nimmt die Geschichte eine überraschende Wendung...
Es ist Vollmond. Das Licht glitzert silbrig, während Fuchs, der Fotograf, hektisch auf seine Uhr schaut. Es soll ein Gemeinschaftsfoto geschossen werden und nur die Wolfsbande ist mal wieder zu spät. Alle haben sich herausgeputzt und beschließen nun, das Foto ohne die wilden Strolche zu machen, als diese halsbrecherisch ins Bild schliddern. Das Foto zeigt schließlich nur blöd dreinschauende Wölfe und ein paar Opfer der Attacke am Bildrand. Frustriert entscheidet man sich zukünftig auf die Gesellschaft der stinkenden, mit Essen umherschmeißenden, Rupf-den Elch-spielenden Wilden zu verzichten.
Ganz unglücklich sind die Wölfe darüber und beginnen sich Manieren zuzulegen, waschen sich und ihre Kleider.
Um ganz sicher zu gehen, beobachten sie die Tiere in der Stadt, wie sie freundlich und zuvorkommend miteinander umgehen. Die Bande übt Tag und Nacht. Fast perfekt werden Taschentücher gebügelt und sich mit der Zahnbürste die Ohren gewaschen. So geläutert, wagen sie es, die anderen Tiere zu besuchen, um diese davon zu überzeugen, dass Wölfe auch angenehm sein können.
Kaum bitten die Tiere die sauberen Besucher zu Tisch, dreht sich die Medaille um. Die Wölfe bitten nun die Schweine nicht zu schlürfen, kontrollieren ob Pfoten und Hufe gewaschen sind und verbieten den Gänsen den Schnabel. Ganz schnell wünscht man sich ";Die wilden Strolche" zurück, die mit ihrer lauten aber lustigen Art den anderen Tieren nicht ins Zeug geredet haben. Als glücklicherweise der Vollmond aufgeht, halten die Wölfe nicht mehr durch und beginnen sich zu kratzen, zu ärgern und ganz fürchterlich zu heulen. Da erkennen die anderen Tiere freudestrahlend, dass die Strolche zurück sind und mit ihnen all der ausgelassene Unsinn. Keiner ist mehr sauer aufeinander und das Foto, das in dieser Nacht geschossen wurde, zeigt einen Haufen sehr unterschiedlicher, aber glücklicher Tiere.
All das in einem Bilderbuch. Dem Illustrator David Melling ist mal wieder ein kleines, komisches Meisterwerk gelungen. Dementsprechend sind es auch die Bilder, die die Geschichte erzählen. Vertieft man sich in die meist doppelseitigen Illustrationen und lässt die unzähligen Details wirken, dann muss man einfach herzhaft lachen. Alle Tiere sind mimisch so vermenschelt, dass Neugierde, Schläfrigkeit und Vorfreude ganz einfach von deren Gesichtern abzulesen ist. Das ungezogene Wolfsrudel bewegt sich aufrecht und lebt gemeinsam in einer völlig verdreckten Hütte. Auch die Tiere der Stadt leben in Häusern - allerdings sind die gepflegter, wie auch ihre Umgangsformen. Damit jeder der eigenwilligen und mit Namen benannten Wölfe auseinander gehalten werden kann, hat jeder Wolf sein eigenes, identitätgebendes Merkmal, was die Orientierung erleichtert (z.B. kreisen über Schmuddel immer Fliegen!)
Der Titel "; Die wilden Strolche" erinnert im deutschen an die ";Kleinen Strolche", bekannt aus der gleichnamigen Fernsehreihe aus den 60ern, was nicht verwunderlich wäre, da auch diese zum Liebhaben schräg und gerissen waren. Im Englischen ist der Titel Scallywags, was umgangssprachlich soviel wie ";nutzloses Kleingetier" bedeutet. Also wenig freundlich und bezeichnend für die Haltung, die die anderen Tiere gegenüber den Wölfen eingenommen haben.
Dramaturgisch gut gemacht, ergreift man zunächst Partei für die anderen Tiere, da die stinkenden, rüpelhaften Wölfe sich so schlecht benehmen. Kein Wunder, wenn man bedenkt mit welchen Eigenschaften man selbst Wölfe assoziiert. Im Laufe der Geschichte werden Schmuddel, Masche & Co. aber immer sympathischer. Insbesondere während deren Bemühungen, Manieren zu erlernen, schließt man die Wölfe ins Herz. So ist die Freude groß, wenn sich schließlich alle wieder versöhnt haben, nicht nur bei den Tieren.
Dreijährige Kinder werden vom Text wenig verstehen, aber mit viel Spaß die Bilder betrachten. Ein wenig älteren Kindern erschließt sich die gelungene Übersetzung besser (allein die Namen der Wölfe sind ein Gedicht). Erwachsene können sich i.d.R. nicht satt sehen an Mellings fabelhaften Zeichnungen.
Fazit:
Ein witziges, überaus lebendiges Bilderbuch mit wunderbar eigenwilligen Charakteren. Der für David Melling so typische Humor ist mal wieder unschlagbar, wird sich aber eher älteren Kindern erst ganz erschliessen - das trifft besonders auf die vielen ";Gags am Rande" zu. Aber neben der guten Unterhaltung, die dieses Buch auf jeden Fall bietet, ist es ein kleines Lehrstück für jene zwei Seiten der Medaille: Gutes Benehmen ist wichtig, durchaus erlernbar und für alle Beteiligten ganz angenehm - aber es kann auch einfach spießig und stinklangweilig sein.
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