Anspruchsvoller Kinderroman, bei dem der Funke nicht überspringt
Bei einem Rundgang in ihrer geliebten Stadtbibliothek fällt Emily ein goldener Schlüssel in die Hände, der sie zu einer ebenso goldenen Schreibmaschine führt. Schnell findet Emily heraus, dass diese Schreibmaschine die Handlung von Büchern umschreiben kann. Was als Spaß und Abenteuer beginnt, wird bitterer Ernst, als sie merkt, was man damit anrichten kann …
„Jeder Mensch brauchte einen sicheren Ort. (…). Emily hatte eine Bibliothek.“
Man stelle sich vor, man könnte die Geschicke der Welt verändern, indem man diese mithilfe einer goldenen Schreibmaschine umdichtet. Was absolut fantastisch klingt, wird für Emily zur Realität: Durch Zufall entdeckt sie in der Anna-Amalia-Bibliothek einen Schlüssel in einem Buch versteckt, der schließlich ein magisches Tor öffnet, hinter dem sich ein unendlicher Raum gefüllt mit allen Büchern der Welt befindet. Mittendrin steht jene goldene Schreibmaschine, auf der man ganz einfach einzelne Buchseiten umschreiben und in das jeweilige Buch einkleben kann. Die Veränderungen lassen sich nicht immer voraussehen, zumindest aber abschätzen.
Eigentlich kann sich Emily nicht beschweren: Sie hat mit Frederick und Charly zwei treue und wundervolle Freunde, und ihre Großeltern sind liebevoll zu ihr. Dazu kommt noch ihr Vogel Wolke, ein Indischer Ringelhals, der einzelne Wörter sprechen kann. Auf der anderen Seite leidet Emily aber auch darunter, dass ihre Eltern in Dubai arbeiten, weshalb sie sie schon sehr lange nicht mehr gesehen hat. Zudem macht ihr Lehrer Dr. Dresskau ihr das Leben zur Hölle. Was ist also schon dabei, hier und dort etwas zu verändern, um z.B. ihre Eltern bei sich zu haben? Doch die Kettenreaktion, die sie damit auslöst, stellt ihr ganzes Leben auf den Kopf - und bringt Dresskau auf ihre Spur. Denn der hat ganz eigene Pläne mit der goldenen Schreibmaschine …
Hält die Idee, was sie verspricht?
Angepriesen wird das Buch als „Kinderbuch-Debüt“ des Autors Carsten Henn, der durch seinen Erfolgsroman „Der Buchspazierer“ bekannt geworden ist. Auch bei mir war dieser Roman ganz weit oben auf meiner Wunschliste, bevor ich dann erstmal auf dieses Buch hier aufmerksam geworden bin. Von sich überzeugen konnte mich der Autor aber nicht, denn die Geschichte hatte viele Ecken und Kanten, die zu keinem harmonischen Gesamteindruck führten.
Die Idee an sich klingt wunderbar und magisch, das Cover dazu regt die Fantasie schon vor dem Lesen an. Einmal eingestiegen ist man zunächst überrascht über den anspruchsvollen Schreibstil, an den man sich aber schnell gewöhnt hat. Dann merkt man jedoch: Der Autor will zu viel und von allem zu wenig. Zu viel ist der sprechende, fiktive Indische Ringelhals (warum nicht einen realen Vogel nehmen?), die Demenz des Großvaters (die sehr gut in das Konzept der goldenen Schreibmaschine gepasst hätte, aber einfach nur eine Eigenschaft des Großvaters ohne größere Relevanz geblieben ist) und die grenzwertig fiese Art des Lehrers als Antagonist.
Zu wenig vorhanden war jedoch die Freundschaft zwischen den Kindern, die natürlich auf eine harte Probe gestellt wurde, das Auftreten buchiger Geschichten, die umgeschrieben werden, sowie der Zauber, der von der Schreibmaschine ausgeht. Genau richtig waren die Wortspiele (Dresskau wurde sicher nicht umsonst so genannt) und die magische Bibliothek, in der die Schreibmaschine steht. Schade, dass für mich Henns Kinderbuch-Debüt nicht so eingeschlagen ist, wie „Der Buchspazierer“ die Literaturwelt begeistern konnte.
Fazit
„Die goldene Schreibmaschine“ ist gefüllt mit guten Ideen, wurde jedoch umgesetzt mit zu vielen Ecken und Kanten.

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