Leila und der blaue Fuchs

  • Loewe
  • Erschienen: Januar 2024
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übersetzt von Alexandra Ernst; Hardcover, 245 Seiten

ISBN: 9783743217430

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Alexandra Fichtler-Laube
95%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonFeb 2024

Idee

Eine moderne und tiefgründige Geschichte über Flucht, Klimawandel und Familie.

Bilder

Wunderschöne, passende und eindringliche Illustrationen.

Text

Einfühlsam und abwechslungsreich.

Tiefgründigkeit und Schönheit treffen hier eindrucksvoll aufeinander

Leila hat ihre Mutter mehrere Jahre nur über einen Bildschirm gesehen, als sie sich auf den Weg von London nach Tromsø macht. Sie liebt ihre Tante und Cousine, bei denen sie lebt, und hat das Gefühl, von ihrer Mutter verlassen worden zu sein. Dementsprechend frostig ist es nicht nur in der norwegischen Stadt nördlich des Polarkreises, sondern auch zwischen den beiden. Das Mädchen weiß nicht viel von der Arbeit der Mutter, die so viel von ihrer Zeit in Anspruch nimmt. Das ändert sich jedoch ziemlich schnell, denn anstatt einer langsamen Wiederannäherung geht es auf ein Schiff, um einem Polarfuchs zu folgen.

„Die Luft, die wir atmen, das Wasser, das überall auf der Welt fließt, die Jahreszeiten und wie sie sich verändern. Und wir leben in einer Zeit, in der sich alles auf diesem Planeten so schnell verändert wie noch nie zuvor. Wirklich alles ist im Wandel: welche Blumen blühen, wo Menschen leben und weshalb sie Kriege führen.”

Die blaue Füchsin, von Leilas Mutter und ihrer Kollegin Liv „Miso“ genannt, zieht es weiter nach Norden. Sie ist unterwegs, dorthin, wo es hoffentlich Futter und einen Partner geben wird. Diese Reise ist ungewöhnlich für einen Polarfuchs und für Leilas Mutter und Liv ein Sinnbild für den Klimawandel - über Grenzen hinweg, von der Natur getrieben, nur durch den Drang nach Überleben.

Diesen Drang kennen Leila und ihre Mutter. Ihre Familie musste vor vielen Jahren vor dem Krieg in Syrien fliehen. Die Flucht und die Zeit im Internierungslager tauchen immer wieder aus der Verdrängung auf, wie auch die widersprüchlichen Gefühle, die Leila ihrer Mutter gegenüber hat.

Das Abenteuer der Füchsin und die Sorge um ihr Überleben bringen Mutter und Tochter einander wieder näher.

Ein arktisches Abenteuer

Der Autorin Kiran Millwood Hargrave gelingt es immer wieder ganz wichtige Themen mit viel Gefühl, Hintergrundgrundwissen und auf ganz besonders eindrucksvolle Weise zu erzählen.

Leila und der blaue Fuchs ist nach Julia und der Hai das zweite Buch, welches sie zusammen mit ihrem Ehemann Tom de Freston veröffentlicht hat. Die tiefgründige Verbindung zwischen der dargestellten Tierwelt, die sich im Wandel befindet, und der inneren Entwicklung der Protagonistinnen ist durch die kunstvolle Erzählweise und vor allem durch die herausragenden Illustrationen von de Freston wieder bemerkenswert gelungen.

Die Flucht von Leila und ihrer Familie aus dem kriegsgebeutelten Syrien wird mit dem grenzüberschreitenden Weg der Polarfüchsin „Miso“ verbunden, die aufgrund der durch den Klimawandel verursachten Veränderungen ihrer Umwelt nach neuem Lebensraum sucht. Von der wahren Geschichte der Polarfüchsin Anna inspiriert, die 2018 über 4000 Kilometer von Norwegen bis nach Kanada wanderte, vermischt die Autorin Realität und Fiktion, die zusammen ein gehaltvolles Ganzes bilden.

Leilas Beziehung zu ihrer Mutter ist kompliziert. Nach der traumatischen Flucht aus Damaskus lebt das Mädchen mit der Schwester ihrer Mutter und deren Tochter in London, während die Mutter sich ein neues Leben im Norden von Norwegen aufgebaut hat. Viele Dinge bleiben lange unausgesprochen. Sie reden kaum über die alte Heimat, über die Erinnerungen an Boot und Internierungslager und vor allem darüber, warum die Mutter nicht bei ihr ist.

Ihr Besuch in Tromsø soll die beiden wieder einander näherbringen. Doch die Forschung der Mutter duldet keinen Aufschub und so findet sich Leila ganz schnell auf einer Schiffreise durch die Arktis wieder, die ihren Blick auf die Welt – und ihre Mutter - verändert. Auch sie kann sich dem Zauber dieser kleinen Füchsin nicht entziehen, der sie immer näherkommen. Die kleine Gruppe von Wissenschaftler*innen macht sich per Boot und Skiern auf, um „Misos“ Reise zu dokumentieren.

Immer wieder webt die Autorin die Gedanken der Füchsin in den Text, ohne sie allzu sehr zu vermenschlichen. Dieser Aspekt wird noch einmal sehr interessant in der Geschichte behandelt: Die Kollegin der Mutter erinnert immer wieder daran, dass die Füchsin ein wildes Tier ist, trotz ihrer Niedlichkeit und der Verbindung, die die Beobachter*innen zu ihr spüren.

Ein weiteres Highlight sind die seitenweisen Illustrationen des Künstlers Tom de Freston. Die farbliche Gestaltung passt sich sehr gut an die eiskalte Polargegend an und seine lebendigen Farbverläufe zeichnen ein eindrucksvolles Bild vom Lebensumfeld der Füchsin. Durch verschiedene Perspektivenwechsel bekommt man einerseits ein sehr genaues Bild von „Miso“, man kann aber auch oftmals erahnen, wie allein und ungeschützt sie auf ihrer Wanderschaft in der scheinbaren Unendlichkeit ist.

Fazit

Leila und der blaue Fuchs ist ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk, welches Klimawandel, Flucht vor Krieg und den Wunsch nach einer grenzenlosen Freiheit sehr eindrucksvoll thematisiert. Die außergewöhnlichen Illustrationen und die sprachlich schöne Erzählweise sorgen für Lesegenuss pur.

Leila und der blaue Fuchs

Kiran Millwood Hargrave, Loewe

Leila und der blaue Fuchs

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