Ein Klassiker umgewandelt in ein Bilderbuch
Der Name Frances Hodgson Burnett ist wahrscheinlich nur wenigen Menschen heutzutage noch ein Begriff, ihre Werke hingegen sind weltbekannt und vor allem die Verfilmung ihres Buches „Der kleine Lord“ ist ein beliebter Film zur Weihnachtszeit. Auch „Sara, die kleine Prinzessin“ oder „Der geheime Garten“ sind Klassiker der Kinderliteratur und werden auch heute noch immer mal wieder gelesen, als Grundlage für Verfilmungen verwendet oder in neuer Form verlegt. So auch „Der geheime Garten“, der erst 2020 neu verfilmt wurde und 2023 als Bilderbuch erschien.
In der Geschichte selbst geht es um die zehnjährige Mary, die in einer kalten Winternacht allein nach Misselthwaite Marnor gebracht wird, wo sie fortan leben soll. Das große Haus mit den Hunderten von Zimmern ist ihr zunächst alles andere als sympathisch und sie fühlt sich einsam und fremd. Sie hasst alles an ihrem neuen Leben und fühlt sich im großen Haus ziemlich unglücklich und verloren. Erst als sie bei einem Ausflug nach draußen in einen der vielen Gärten auf den Gärtner Ben stößt, ändert sich ihre Haltung langsam, denn der alte Mann vertraut ihr ein Geheimnis an. Er verrät ihr, dass sich zwischen den Mauern und Hecken fest verschlossen ein versteckter Garten befindet. In den Gärten findet sie in einem kleinen Rotkehlchen auch einen ersten Freund, der sie von jetzt an bei ihren Ausflügen begleitet.
An einem regnerischen Tag, an dem sie nicht nach draußen kann, macht sich Mary an die Erkundung des großen Hauses, wobei sie hinter einer der Türen ein Weinen vernimmt. Doch als sie abends das Dienstmädchen Martha fragt, wen sie dort gehört hat, erwidert diese nur, dass es sich bei den Geräuschen um Einbildung gehandelt haben muss.
Als endlich der Frühling kommt, findet Mary mithilfe des Rotkehlchens einen Schlüssel, mit dem sie das Schloss zum geheimen Garten öffnen kann. Mithilfe von Dickon, Marthas jüngerem Bruder, kümmert sie sich von da an jeden Tag um „ihren“ Garten, der seine Schönheit immer mehr entfaltet. Auch findet sie heraus, von wem das mysteriöse Weinen stammt. Ob sie mit ihrem Garten wohl noch einen Menschen wieder glücklich machen kann?
Klassiker in Kurzform
Schon über hundert Jahre ist es inzwischen her, dass Frances Hodgson Burnett die Geschichte „Der geheime Garten“ verfasste, um genau zu sein stammt sie aus dem Jahr 1911. Hatte das Original in ungekürzter und vollständiger Form noch einen Umfang von etwa 320 Seiten, umfasst das Bilderbuch nur noch 36 Seiten, wobei diese zum großen Teil von Bildern gefüllt werden. Auch hat sich die Zielgruppe geändert, sodass sich das Bilderbuch nun an Kita-Kinder ab 4 Jahren richtet, wohingegen der ursprüngliche Roman für Kinder ab 10 Jahren ausgelegt war. An dieser Stelle liegt auch das Problem der Geschichte, denn wesentliche Teile fehlen, sodass die Handlung stark darunter leidet. Viele Fragen bleiben offen, zum Beispiel wird nicht erwähnt, warum Mary plötzlich nach Misselthwaite Marnor gebracht wird oder wie sie dort lebt. Da als weitere Person bis fast zum Ende nur das Dienstmädchen Martha erwähnt wird, bevor der Gärtner oder Dickon folgen, wirkt es, als lebe sie fast alleine in dem großen Haus, was sich gerade für Kinder ziemlich beklemmend anfühlen kann.
Sprachlich ist die Geschichte ansonsten gut verständlich. Relativ einfache Sätze und nur wenig Text pro Seite, selten mehr als sieben Zeilen, sorgen dafür, dass auch Kita-Kinder der (lückenhaften) Handlung gut folgen können.
Gestaltung
Gut gelungen sind die Illustrationen zur Geschichte. Die Bilder erstrecken sich oft über die komplette Doppelseite und sorgen durch harmonische Farben dafür, dass es Spaß macht, sie anzuschauen. Viele kleine Details laden zum genauen Betrachten und Entdecken ein und helfen beim Nachvollziehen des Inhalts. Schön zu beobachten ist auch, wie die Seiten zum Ende immer bunter werden, was gut zur Stimmung des Buches passt, die zum Ende auch immer fröhlicher und hoffnungsvoller wird. Leider leidet die Botschaft etwas unter der starken Kürzung. Kaum hat Mary den kranken Colin gefunden, läuft er zwei Seiten später schon durch den geheimen Garten. Dass er zuvor nicht laufen konnte, isoliert und traurig in seinem Zimmer war, kommt nicht richtig durch, was schade ist.
Fazit
Ein Klassiker, der in erster Linie durch seine schöne Gestaltung überzeugen kann. Leider leidet die Geschichte sehr unter der starken Kürzung, sodass sich die Frage stellt, ob an dieser Stelle eine Umwandlung in ein Bilderbuch vielleicht die falsche Entscheidung war und man lieber beim ursprünglichen Umfang und der eigentlichen Zielgruppe geblieben wäre.
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