Zwischen Patchworkfamilie, Umzug und Pubertät
„Ich bin nicht hysterisch. Ich bin auch nicht egoistisch! Ich bin vierzehn! Und ich will nicht schon wieder einen neuen Vater bekommen. Den fünften! Okay, ich übertreibe. Den vierten.“ Genau diese Sätze zu Beginn des ersten Kapitels bilden das momentane Gefühlsleben von Martha ab. Sie lebt in einer Patchworkfamilie mit zwei Halbbrüdern. Jeder von ihnen hat einen anderen Vater, andere Großeltern, andere Onkel und Tanten. Was für ein Chaos! Aber eigentlich mag die Vierzehnjährige ihre Familie, auch wenn diese oft sehr anstrengend sein kann.
Was sie stört, ist, dass sich ihre Mutter Fritzi mal wieder Hals über Kopf in einen neuen Mann verliebt hat und mit ihren Kindern zu ihm nach Frankfurt ziehen will. Doch Martha will dort nicht hin! Ihren eigenen leiblichen Vater kennt sie noch nicht einmal und von ihren verrückten Verwandten will sie auch nicht weg. Was nun? Es führt kein Weg um Mamas Entscheidung herum, also geht es auf in eine neue Stadt. Dort bemerkt Martha mit der Zeit aber, dass der Umzug auch seine guten Seiten hat, denn sie entdeckt ganz neue Seiten an sich, kann sich mehr Freiheiten nehmen, auch mal an sich selbst denken. Außerdem gibt es da noch Boris, der ist ziemlich süß. Gerade läuft es in der neuen Stadt richtig gut und dann spielt ihre Mutter wieder nicht mehr mit. Sie trennt sich von ihrem neuen Freund Clemens und will zurück nach Berlin. Martha wehrt sich, gerade hat sie sich richtig eingelebt, und kämpft um ihr Glück!
Eine intensive, moderne Handlung rund um eine pubertierende Vierzehnjährige
Der Autorin ist es gelungen, einen intensiven, modern gestalteten Roman über eine nicht ganz so angepasste, aber liebevolle Patchworkfamilie zu schreiben. Im Mittelpunkt des Geschehens steht eine mitten in der Pubertät steckende Vierzehnjährige, die sich um ihre Geschwister kümmert, pflichtbewusst handelt und schon viel Verantwortung im Alltag trägt. Ihre Entwicklung wird sehr deutlich und ist auch wichtig für so ein junges Mädchen, denn sie lernt im Laufe der Zeit eine Menge, nämlich endlich mehr für sich selbst da zu sein und achtsamer mit ihren Gedanken, Wünschen und Gefühlen umzugehen. Das ist ein wichtiger Schritt, von dem sich so mancher Erwachsener eine Scheibe abschneiden könnte - auch Marthas Mutter, die eher sprunghaft reagiert, sich häufig neu verliebt und einiges an Verantwortung an ihre Tochter abgibt.
Ein Umzug mit neuen Chancen
Der neue Wohnort, die neuen Freundinnen, als dies tut Martha gut, auch wenn sie zunächst nicht davon begeistert ist, Berlin zu verlassen. Sie lernt Menschen kennen, die endlich mal ihre Bedürfnisse wissen wollen, darauf eingehen und sie ernst nehmen. Auch das gehört zur Pubertät dazu, sich den Freunden manchmal näher zu fühlen als der eigenen Familie. Mutter-Tochter-Konflikte erleben die Lesenden ganz nah aus Marthas Sicht, denn der Roman ist in der Ich-Perspektive geschrieben – ein geschicktes erzählerisches Mittel der Autorin. Somit gelingt den jungen Leserinnen die Identifikation mit der eventuell gleichaltrigen Martha viel besser.
All dies klingt jetzt zunächst erstmal wie eine ernste Geschichte auf der Suche nach den Fragen „Wo will ich hin und wie mache ich das am besten?“, doch das täuscht. Ein geschickter Schachzug beim Erzählen ist, dass immer ein humoriger Unterton mitschwingt, das Ganze nie zu ernst, aber doch glaubwürdig erzählt wird. Einen Teil der Skurrilität bringt auch Marthas Katze Fräulein Li mit, die scheinbar über hellseherische Fähigkeiten verfügt und eine gute Zuhörerin ist. Über jeder kurzen, knackigen Kapitelüberschrift ist eine kleine schwarz-weiße Zeichnung der Katze in unterschiedlichen Lebenslagen zu sehen – so ist sie immer mit von der Partie.
Fazit
Ein zeitgemäßer Roman rund um Themen, die Teenager in der schwierigen Lebensphase der Pubertät bewegt, nämlich Freundschaft, Familie, das erste Verliebtsein, die Suche nach der eigenen Identität und das Lernen von Achtsamkeit. Hierbei spricht die Hauptfigur Martha immer frei heraus und mit Gedanken, die nur von einer Vierzehnjährigen stammen können – sehr erfrischend.
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