Als die gelben Blätter fielen

Ein gelber Drachen fliegt hoch in der Luft. Er verkörpert Freiheit und Leichtigkeit, Freude und Spiel. Riwka und Alon sitzen hoch oben auf einem Dach, sehen dem Drachen beim frei sein zu und halten ihn fest, bis die Schnur reißt.

Die beiden Kinder leben mit vielen anderen hinter einem Tor. Mit Mama und Papa, dem kleinen Michael, der Lehrerin Susanna, mit dem Schmied Isaak. Wer durch dieses Tor nach draußen geht, kehrt nie zurück und hinterlässt eine traurige Leere. An allen Kleidern haftet ein leuchtend gelber Stern und immer wieder erzählen Erinnerungen davon, wie plötzlich schwarze Krähen kamen, auf die Männer mit Gewehren folgten.

„Dann kam der Herbst und die Blätter wurden gelb. Jenseits des Tores gab es viele Blätter. Heute gingen auch wir durch das Tor hinaus.”

Riwka liebt ihr kleines Hündchen und ist böse auf Alon, weil der es nicht vor einer besonders bösen Krähe schützen konnte. Ihnen bleibt keine Zeit mehr, sich zu vertragen. Riwka und ihre Familie müssen das Ghetto durch das Tor verlassen.

Und später auch Alon.

Herzergreifend

Als die gelben Blätter fielen erzählt auf eindrücklichste Art vom Schicksal vieler Juden aus Vilnius, Litauen. Wie aus dem Nachwort zu entnehmen ist, wurden die Juden der Stadt zuerst in Ghettos eingesperrt und die meisten von ihnen später in einem Wald in der Nähe getötet.

Die Kinder dieser Geschichte scheinen nicht wirklich zu wissen, was mit ihnen geschieht. Sie sind jedoch gute Beobachter und sehen die Gefahr, die Trauer und die Unmenschlichkeit um sie herum in den Gesichtern der Menschen und an der Sprachlosigkeit, die herrscht.

Die berührenden Bilder vermitteln eine ungeheuer vielschichtige Bildsprache, die so vieles zeigt und noch viel mehr erahnen lässt. Gleichermaßen verhält es sich mit dem Text, der ganz viel Gefühl für die Menschen erzeugt und bis ganz zum Schluss voller Hoffnung und Wärme ist. Nur ganz vorsichtig kann – und will – man das Schicksal von Alon und seiner Familie erahnen, und das ist so einfühlsam durch den Text und die Bilder möglich, dass es wirklich wie eine Meisterleistung erscheint.

So, wie Riwka und Alon ihre Welt auf kindliche Weise wahrnehmen, werden auch die jungen Leser*innen dieses Buch betrachten. Sie werden das verstehen, wozu sie bereit sind, und die ergreifenden Bilder so interpretieren, wie sie in ihre eigene Welt und zu einer Erklärung passen.

Denn was hier gezeigt und erzählt wird, ist so grausam und so herzzerreißend, dass dieses kleine Büchlein unbedingt mit einer liebevollen Unterstützung gelesen werden sollte. Und das sollte es! Die Geschichte und die Illustrationen sind voller Bilder von Menschlichkeit, von Liebe, vom Leben, das auf unmenschlichste und massenhafte Weise genommen wurde.

Gerade in Zeiten wie diesen, zeigt es, was Hass zerstört.

Fazit

Als die gelben Blätter fielen rührt zu Tränen. Immer wieder. Es rüttelt auf, es zeigt die Verluste, die durch Hass entstehen und es zeigt, was uns Menschen vereint: Die Sehnsucht nach Leben, nach Freiheit, nach Menschlichkeit.