Sieben Tage Mo
- Thienemann
- Erschienen: August 2023
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Illustrationen von Philip Waechter; Hardcover, 176 Seiten
ISBN: 9783522186483
Eine Woche in die viele Gefühle passen
Mit dem Umzug aufs Dorf sollte alles besser werden. Für Mo. Für alle. Doch für Karl sieht die Sache ganz anders aus. Er muss sich nämlich kümmern. Um Mo. Denn auf dem Dorf gibt es keine andere Betreuung für ihn und Mama und Papa sind arbeiten. Papa ist sogar wochenlang im Ausland.
Mo ist Karls Zwillingsbruder, der während der Geburt mit zu wenig Sauerstoff versorgt wurde und deswegen nicht so ist wie Karl, sondern lustiger, unberechenbarer und verletzlicher.
Während nun die Eltern arbeiten, kümmert sich Karl nach der Schule um Mo. Es ist kein gemeinsames Spielen oder Abhängen, sondern ein Job, der alles von Karl fordert: Er kocht, er antizipiert, er lenkt ab, er verhindert und er liebt.
„Mamas Enttäuschung wirkte in mir wie das Gift nach einem Schlangenbiss. Sie würde nie verstehen, dass ich mich lautstark beklage, obwohl es Mo so viel schwerer hatte als ich. Oder warum ich ihn hatte sitzen lassen. Warum ich nicht alles im Griff hatte wie sie als Oberschwester in ihrem sauberen Krankenhaus.”
Karl ist hin- und hergerissen zwischen seinen eigenen Bedürfnissen und denen von Mo. Dazu kommt das abwertende und unwissende Verhalten seiner Schulkameraden und mancher Erwachsener und die erste Liebe, die etwas unbestimmte Geheimniskrämerei fordert, für die es in Karls Leben keinen Platz gibt.
Das alles kann einem manchmal über den Kopf wachsen.
Sensibel und mitreißend erzählt
Oliver Scherz erzählt mit Sieben Tage Mo eine äußerst berührende Geschichte über ein Geschwisterpaar, das unterschiedliche Vorrausetzungen im Leben hat.
Mo ist stark beeinträchtigt und braucht im Alltag jede Menge Unterstützung und Überwachung. Da die Eltern das neue Haus auf dem Dorf abbezahlen müssen, arbeiten beide und das Aufpassen auf Mo bleibt an Karl hängen. Das bedeutet Verantwortung zu übernehmen und Zeit, die er nicht wie andere Kinder verbringen kann. Karl kann nicht abspannen, nicht spontan sein, nicht mit den Kumpels Fußball spielen oder sich zu einem Date treffen. Aber er liebt auch seinen Bruder und hat eigentlich kein Problem damit, sich um ihn zu kümmern oder für ihn einzustehen.
Nur diese eine Woche, diese Sieben Tage Mo, werden allmählich zu viel. Er gerät in Konflikt mit seinem Freund Hannes, möchte eine wichtige Verabredung einhalten und er möchte auch mal von seinen Eltern gesehen werden. Denn die sind entweder abwesend wie sein Vater oder überlastet wie die Mutter.
Dennoch ist diese Geschichte weder traurig noch deprimierend, sondern eher liebevoll, manchmal komisch und in seiner Schilderung von Karls Gefühlswelt sehr facettenreich: Was an einem Tag völlig ok und machbar erscheint, kann am nächsten Tag total überfordernd sein und auch ganz vernünftige Brüder können mal unüberlegt und egoistisch handeln. Diese vermeintlichen Gegensätze werden wunderbar empathisch und ohne Wertung erzählt und machen deutlich wie schwierig, unvorhersehbar und doch auch erfüllend solch ein Leben sein kann.
Begleitet wird der Text von lebhaften und einfühlsamen schwarz-weiß Illustrationen von Philip Waechter.
Fazit
Ganz nah am Menschen und am Alltag mit Menschen mit Beeinträchtigungen erzählt Oliver Scherz eine kindgerechte Geschichte, die gut unterhält und einen Blick auf Lebensrealitäten wirft, die häufig verborgen sind. Karl und Mo sind ein wundervolles Team und Sieben Tage Mo ein Buch, das man wärmstens empfehlen muss.
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