Christa-Maria Zimmermann führt uns die frühe Neuzeit von Kaiserswerth, wo Armut und Krankheiten herrschen und die Weber um ihre Existenz kämpfen müssen. Mit den Freunden Richard und Georg erleben junge Leser nicht nur ein spannendes Abenteuer, sie erhalten auch einen Einblick in die damaligen Lebensumstände, die
gerade für die Kinder sehr hart waren.
Richard lebt in einer armen Familie, sein Vater ist Weber, aber es mangelt an Aufträgen und das wenige Geld, das er verdient, lässt er meist in seiner Stammkneipe. Als auch noch Richards Mutter stirbt, weil sein Vater das Geld für die lebensnotwendigen Medikamente vertrunken hat, ist es an dem Jungen, gemeinsam mit seiner Schwester, die Familie nicht vollends vor die Hunde gehen zu lassen. Auf ihren, meist alkoholisierten, Vater können die Kinder dabei nicht zählen und nur durch einen Zufall erfahren Richard und sein Freund Georg von einem sagenumwobenen Schatz in der alten Burgruine. Laut einer jahrhundertealten Sage wird der Schatz von einem Gespenst bewacht, welches jeden, der den Schatz an sich nehmen will, bekämpft. Entschlossen und unerschrocken begeben sich die Jungen trotzdem auf die gefährliche Expedition in die alte Burgruine und finden tatsächlich die Schatztruhe. Doch natürlich wäre dies keine echte Abenteuergeschichte, wenn es nicht einen Widersacher gäbe. Der gemeine Stallknecht Friedrich, der die Kinder schon seit langer Zeit immer wieder drangsaliert, hat ebenfalls von dem Schatz erfahren und versucht natürlich, den beiden Freunden die Truhe abzunehmen. Mit viel Mut und Teamgeist gelingt es Richard und Georg aber, Friedrich zu überlisten und ihn auszuschalten.
Christa-Maria Zimmermann ist mit diesem Kinderbuch ein spannender Roman gelungen, der durch seine Dramaturgie und durch seine gut ausgestatteten Charaktere zu überzeugen weiss. Zu Beginn werden junge Leser langsam an die Thematik herangeführt; wir lernen die Lebensumstände der beiden Hauptcharaktere kennen, durchleiden mit Richard Trauer und Schuldgefühle, als seine Mutter stirbt. Wir erfahren, was es für Georg bedeutet, hart zu arbeiten. Auf sehr berührende Weise gelingt es der Autorin, dass sich die Leser sich mit den Jungen eng verbunden fühlen. Langsam aber stetig steigert sich die Spannung, als die Freunde von dem Schatz erfahren und sich nachts auf die gefährliche Suche begeben. Nachdem den Jungen die Bergung der Truhe gelungen ist, sinkt die Spannung der Erzählung jedoch merklich und endet damit, dass wir erfahren, wie die Kinder den plötzlichen Reichtum investieren wollen: Richard möchte dafür sorgen, dass es seiner Familie an nichts mangelt und er selbst eine Ausbildung machen kann, Georg hingegen möchte seinen Anteil solange zur Seite legen, bis er genau weiß, was er machen möchte. Gemeinsam beschliessen die Freunde, einen Teil des Schatzes an die Diakonie abzugeben, damit nicht mehr soviele Menschen aus Armut sterben müssen.
Die Autorin schreibt nicht einfach nur eine spannende Geschichte, sie lässt uns auch einen Eindruck gewinnen von einer vergangenen Zeit, in der jede Erkrankung lebensbedrohlich sein konnte, wenn die Mittel für einen Arzt und Medikamente fehlten. Um die Familie zu ernähren, mussten auch die Kinder hart arbeiten und wurden schneller als ihnen lieb war erwachsen. Es wird nicht viel beschönigt, aber Christa-Maria Zimmermann verliert sich auch nicht in erdrückenden Details. Dennoch wird gerade zu Anfang des Buches die Notlage Richards auf beklemmende Weise spürbar. Seine Hilflosigkeit und gleichzeitig sein unbändiger Wille an der desolaten Situation seiner Familie etwas zu ändern, beschreibt sie intensiv und authentisch. Stets der kindlichen Sichtweise verpflichtet, gewinnt man das Gefühl, in die Lebensumstände Richards hineinzuschlüpfen und begreift, wie ausgeliefert er gegenüber den ignoranten Erwachsenen ist. Es wird klar, dass von dieser Seite keine Hilfe zu erwarten ist und so ist der Schatz genau das ";Wunder", das Richard braucht, um sich alleine helfen zu können.
Die Geschichte wird von der Warte eines allwissenden Erzählers erzählt, so dass das Geschehen von verschiedenen Seiten beleuchtet wird. Wir lernen nicht nur die Lebensweise der Kinder kennen, sondern erfahren auch viel über andere Personen.
Die Sprache dieses Buches ist nicht nur leicht verständlich; sie bringt auch auf sehr einfühlsame und geradlinige Art die Gefühle und Motive der Darsteller nahe, so dass gerade Kinder sich hier verstanden und angesprochen fühlen können. Die Gliederung in mehrere kurze Kapitel sorgt dafür, dass es sich auch für ";etappenweises" Lesen eignet.
Dieses Kinderbuch richtet sich an Leser ab 10 Jahren und wird wohl, alleine durch die Thematik, eher eine männliche Leserschaft an sich binden. Aber auch Mädchen, die dieses Buch zur Hand nehmen, werden sicherlich nicht enttäuscht sein. Als Schullektüre für eine dritte oder vierte Klasse eignet sich ";Das Gespenst in der Burgruine" sehr gut, da es neben Spannung auch eine historische Kulisse bietet.
Fazit:
";Das Gespenst in der Burgruine" stellt eine spannende und zugleich auch berührende Erzählung vor historischem Hintergrund dar. Die traurige Tatsache, dass die Hauptfigur Richard auf sich allein gestellt ist, bietet zugleich einen fesselnden Ausgangspunkt für die weitere Handlung, in der zwei Freunde ihr Schicksal mit viel Glück selbst in die Hand nehmen.
Christa-Maria Zimmermann, Arena
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