Das Spiegel-Zebra

Illustrationen von Marta Bartolj; übersetzt von Alexandra Zaleznik; Hardcover, 44 Seiten

ISBN: 9783948877378

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Kathrin Walther
90%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonAug 2023

Idee

Eine tolle und innovative Idee, eine Geschichte von zwei Seiten aus lesbar zu machen und dabei völlig unterschiedliche cHandlungen zu erzeugen.

Bilder

Gut verständlich, besonders toll durch den „Spiegel-Effekt“.

Text

Schlicht und einfach, sodass das Zebra mit seinen Emotionen im Vordergrund steht.

Eine Geschichte, die durch ihre zwei gegensätzlichen Handlungen nachdenklich stimmt und zeigt, welche Bedeutung ein gutes Selbstwertgefühl auf unser Erleben hat.

Tief in der afrikanischen Steppe lebt ein Zebra, dem es gar nicht gut geht. Nachdem es beim Blick in den See sein Spiegelbild sieht, kommen ihm die Tränen, denn nicht nur seine Ohren sind viel zu haarig, auch sein Schwanz ist ihm viel zu buschig und erinnert ihn an einen borstigen Besen. Auch das Muster seines Fells gefällt ihm mit den vielen Streifen überhaupt nicht. Als ihm dann auch noch einfällt, wie ihm das Erdmännchen vor kurzem erzählt hat, dass es über das Stachelschwein von der Giraffe gehört hat, dass das Krokodil dem Löwen gesagt hat, dass sein Fell wie ein Schlafanzug aussieht und alle laut gelacht haben, hält es kurz inne und betrachtet sich erneut. Eigentlich, findet es, sind die Streifen etwas ganz Besonderes. Auch seinen Schwanz, seine Ohren und seine Hufe sieht es nun in einem ganz anderen Licht. Wie es ihm nun wohl beim Blick in den See gehen wird?

Ziemlich gut! Denn was es im See sieht, ist ein fröhliches und zufriedenes Zebra. Aus dem See blicken ihm funkelnde Augen entgegen, auch die weichen und flauschigen Ohren gefallen ihm gut. Besonders toll ist auch sein Schwanz, wenn er schnell durch die Luft peitscht und ein lauter Knall erschallt. Stolz trabt es durch die Savanne und präsentiert sein schönes Streifenmuster. Doch dann fällt ihm plötzlich ein, wie ihm das Erdmännchen vor kurzem erzählt hat, dass es über das Stachelschwein von der Giraffe gehört hat, dass das Krokodil dem Löwen gesagt hat, dass sein Fell wie ein Schlafanzug aussieht und alle laut gelacht haben. Bei der Erinnerung geht es ihm immer schlechter. Sein Fell gefällt ihm nicht mehr, auch sein Schwanz und seine Ohren machen es traurig. Wie es ihm nun wohl beim Blick in den See gehen wird?

Ausgrenzung, Selbstbewusstsein und Identität

Tina A. Pupis Geschichte stimmt nachdenklich. Unter gleichen Voraussetzungen geht es dem Zebra im Buch einmal ziemlich gut, wohingegen es im anderen Fall komplett niedergeschlagen und verzweifelt ist. Dabei sind die Rahmenbedingungen völlig gleich, nur die Sicht auf die Dingen verändert sich. Wächst es in der „ersten“ Geschichte nach dem Gerede der anderen Tiere regelrecht über sich hinaus, distanziert sich vom Getratsche und ist stolz auf sich und sein Aussehen, läuft es in der „zweiten“ Geschichte genau umgekehrt. Trabt es anfangs noch fröhlich durch die Steppe, treffen es die Kommentare ins Innerste und ziehen es so sehr herunter, dass es sich nicht länger liebenswert fühlt und ihm jeglicher Mut fehlt.

Besonders toll ist, dass der Titel „Das Spiegel-Zebra“ nicht nur auf den Inhalt sondern auch auf den Aufbau des Buches anspielt. Anders als in „normalen“ Büchern, die in der Regel nur von vorne nach hinten gelesen werden können, lässt sich das Buch nämlich auch andersherum lesen, sodass die Geschichte „gespiegelt“ wird und sich eine zweite, komplett gegensätzliche Erzählung ergibt, deren Wendepunkt das Gerede der anderen Tiere ist. Durch den starken inhaltlichen Kontrast, den das Lesen beider Geschichten ergibt, lässt sich auch für jüngere Kinder ab 4 Jahren, an die sich das Buch richtet, gut erkennen, welche Auswirkungen Gerede und Lästerei haben kann. Gleichzeitig wird deutlich, dass sich am Zebra selbst nichts ändert, es in beiden Fällen dasselbe Zebra ist, nur der Umgang mit dem Spott der anderen sich vollkommen unterscheidet. Macht das Zebra seinen Selbstwert im einen Fall vollkommen von den anderen abhängig, weiß es im anderen Fall genau um seinen Wert und kann so über den gemeinen Kommentaren stehen, die ihm nichts mehr anhaben können.

Gestaltung

Neben dem tollen Erzählkonzept können auch die Illustrationen von Marta Bartolj überzeugen. Sowie es textlich zu jedem positiven Abschnitt einen negativen gibt, gibt es auch ein quasi gespiegeltes Bild, in welchem das Zebra in gegensätzlicher Stimmung gezeigt wird, was besonders im direkten Vergleich auffällt. Durch die schlichten und zarten Farben steht das Zebra im Mittelpunkt der Bilder, sodass seine Mimik und Körperhaltung besonders gut zur Geltung kommen und seine Stimmung auch für Kinder gut erkennbar ist.

Da die zweite Geschichte kein schönes Ende hat, kann es je nach Empfindsamkeit des Kindes von Vorteil sein, die positiv endende Geschichte als letztes zu lesen, um das Vorlesen nicht in bedrückter Stimmung enden zu lassen.

Fazit

Insgesamt ein empfehlenswertes Kinderbuch, das mit seiner toll konzipierten Spiegel-Geschichte und seinen anschaulichen Bildern auf einfache Art und Weise zeigt, welchen Einfluss Selbstwert und Identität auf unseren Umgang mit uns selbst und unser Erleben haben.

Das Spiegel-Zebra

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