Zwischen sonnigen Wiesen und schneebedeckten Bergen
In einem weit entfernten Königreich lebte einst eine Königsfamilie, die einander sehr liebte. Der Königstochter fehlte es an nichts, bis zu jenem schicksalshaften Tag: Auf der Jagd verunglücken die Eltern und die junge Königstochter Eira ist untröstlich.
Der Waldhüter und der Butler geben ihr Bestes, um die Prinzessin mit kostbaren Geschenken zu trösten, doch sie ertrinkt in ihrer Trauer und wird gierig nach Besitz und mehr.
„Eira war ganz besessen von Valemon. Ihn wollte sie haben! Es gab nur ein Problem. Sein Herz schlug nicht für sie. Da ihre Gefühle nicht erwidert wurden, versuchte Eira seine Liebe mit anderen Mitteln zu gewinnen.”
Als alle einfachen Zauber keine Liebe erzeugen können, greift Eira zum Äußersten: Sie verflucht Prinz Valemon zu einem Leben zwischen Eisbär- und Menschsein, sodass ihm nichts weiter übrigbleibt, als sich allein in die Berge zu begeben.
Dort wohnt Liv, die durch ihre Träumereien und den Blick für das scheinbar Nebensächliche nicht viel zum spärlichen Unterhalt der Familie beitragen kann. Sie entschließt sich, ihrer Familie nicht weiter zur Last zu fallen und auf Abenteuersuche zu gehen. Dabei trifft sie auf den verzauberten Valemon und eine fantastische Freundschaft beginnt. Bis der Fluch vollendet wird und Eira Wind von der Verbindung bekommt.
Ein bezauberndes Märchen
Maja Lunde, eine der bekanntesten Autorinnen Norwegens, hat mit Der Eisbärprinz ein norwegisches Märchen ganz neu für Kinder erzählt.
Die Grundelemente, wie der verzauberte Prinz, der besondere Fluch und das Mädchen, welches den Fluch auslöst und letztendlich, ganz märchenhaft, eine Lösung herbeiführt, stimmen mit der ursprünglichen Geschichte überein. Aber Maja Lunde hat aus dieser traditionellen Erzählung etwas Eigenes gemacht, das vor allem durch die hochwertige und ausschweifende Bebilderung ein sehr atmosphärisches und heimatverbundenes Element in den Vordergrund stellt.
Die Prinzessin ist schon ihr ganzes Leben lang verwöhnt und verhätschelt worden. Durch den plötzlichen Tod ihrer Eltern weiß sie gar nicht, wie sie mit diesem neuen Schmerz umgehen soll. Die verbliebenen Bediensteten überhäufen sie zwar mit Kostbarkeiten, eine tröstliche Aufarbeitung des Geschehens gibt es für sie aber nicht. Liv hingegen wird von ihrer Familie, trotz ihrer vermeintlichen Unzulänglichkeiten, geliebt und unterstützt. Die Familie hat nicht viel und jeder muss seinen Teil beitragen. Da Liv aber eher unberechenbar ist, ist auf sie, trotz aller Mühen ihrerseits, einfach kein Verlass. Sie verlässt die Familie.
Prinz Valemon gerät an eine ganz schlecht gelaunte und überforderte Prinzessin und hat damit ein schweres Los gezogen.
Diese Version des Märchens ist sehr einfühlsam und freundlich erzählt. Die Entwicklungen der Charaktere sind nachvollziehbar und gehen über ihrem ursprünglichen Kern hinaus bis hin zu einer modernen und facettenreichen Betrachtung der einzelnen Figuren. Es ist offensichtlich, dass die Prinzessin nie gelernt hat, mit negativen Gefühlen umzugehen, und dass Livs Verträumtheit heutzutage einen ganz anderen Stellenwert hat als in traditionellen Märchen.
Die üppigen Bilder im Comic-Format sind wunderschön und fangen sehr hübsch die norwegische Wiesen- und Bergwelt ein. Durchgehend farbenfroh, erinnern die Illustrationen ein wenig an Disney-Bücher, vor allem wenn die Prinzessin ihre schwarze Magie walten lässt. Der Text ist dementsprechend kurz und durchgängig in Großbuchstaben gesetzt. Damit kann das angedachte Zielpublikum diese märchenhafte Geschichte ganz gut schon für sich selbst entdecken.
Fazit
Der Eisbärprinz ist eine unterhaltsame und reich bebilderte Neuerzählung eines nordischen Volksmärchens, die ganz zeitgemäß und mit einem wohlwollenden Blick gelungen ist. Die Figuren sind vielschichtiger als in traditionellen Märchen und bieten somit ganz neue Identifikationsmöglichkeiten.
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