Mit einer anderen Welt konfrontiert
Der elfjährige Rabé hat es nicht leicht: Als Straßenjunge in Madagaskar kämpft er täglich ums Überleben. Doch dann „erbt“ Rabé einen geheimnisvollen Koffer. Darin findet sich eine Schatzkarte, die Rabé in den Dschungel führen soll. Zusammen mit seinem wohlhabenden Freund Benja, der dadurch seinem „goldenen Käfig“ entkommen möchte, macht sich der Straßenjunge auf den Weg, um den geheimnisvollen Schatz zu bergen. Dabei müssen sich die beiden einer ganzen Reihe von Herausforderungen stellen. Auch tauchen immer wieder mysteriöse Figuren auf – so etwa eine alte Frau oder aber ein Mann mit schwarzem Auto. Die Freunde entdecken jeder für sich eine ganz spezielle Welt und müssen sich mit Themen auseinandersetzen, mit denen sie bis dahin wenig vertraut waren.
Eher keine phantastische Geschichte
Der Roman von Antonia Michaelis wird gemeinhin als eine wunderbar magische Geschichte angepriesen. Entsprechend hoch sind die Erwartungen der jungen Leserinnen und Leser, wenn sie zu diesem Buch greifen. Erwartungen, die so nicht erfüllt werden. Wohl gibt es den einen oder anderen magischen Aspekt in diesem Roman, doch wer aufgrund von Klappentext und Buchcover auf eine phantastische Geschichte gesetzt hat, sieht sich schnell getäuscht. Viel mehr landen die Leserinnen und Leser zunächst mal in einer bedrückenden Szenerie und werden mit der Welt der Straßenkinder in Madagaskar konfrontiert.
Um den Unterschied zur bekannten Welt noch mehr zu verdeutlichen, spielt bald auch ein privilegierter, weißer Junge mit, der der Villa und dem überbehüteten Leben im Reichtum überdrüssig geworden ist: Also ein klassisches Klischee, das man so in Madagaskar anzutreffen erwartet. Die Schluss-Sequenzen des Buches legen aber nahe, dass die Autorin hier auf eigene Erfahrungen zurückgreifen kann. Elemente, die in den meisten phantastischen Geschichten eine Rolle spielen, tauchen auch hier auf – allerdings kommt ihnen verhältnismäßig wenig Gewicht zu.
Es braucht Geduld
Das Heranführen des jugendlichen Publikums an die Problematik der Straßenkinder in Madagaskar ist wohl das eigentliche Ziel dieses Romans. Ein Ziel, das durchaus erreicht wird. Allerdings arbeitet die Autorin Antonia Michaelis auf einem anspruchsvollen Niveau – in manchen Szenen zu anspruchsvoll für die kindliche Leserschaft. Denn diese sieht sich mit ausschweifenden und tiefgründigen, mitunter aber ausufernden Betrachtungen der Charaktere konfrontiert. So braucht es immer wieder Geduld, an der Geschichte dranzubleiben und das Buch nicht zuzuklappen. Hier scheint es, als habe die Autorin ein eher etwas älteres Publikum im Auge gehabt. Generell ist es nicht immer ganz einfach, den Figuren und ihren Überlegungen zu folgen. Das mag jedoch auch an der exotischen Welt liegen, in der die Geschichte spielt. Gerade aber Benja erfordert einiges an Empathie, um ihn zu verstehen. Dennoch ist der Mix der handelnden Figuren im Grossen und Ganzen gelungen.
Fazit
Wer sich mit dem Thema Straßenkinder vertraut machen möchte, ist mit diesem Buch auf einem guten Weg. Auch einige Portionen Geheimnis, Freundschaft, Mut und Intelligenz sind beigefügt und machen die Mischung zu einem echten Leseabenteuer.
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