Mit dem Fischerkahn über den Rhein bis Rotterdam und dann noch nach Amerika? Jacobs abenteuerliche Reise im Jahre 1790.
Amerika! Im Jahr 1790 liegt für viele Europäer das Glück in der fremden, weit entfernten neuen Welt. Doch der Weg dorthin ist gefährlich, teuer und beschwerlich, sodass nur für wenige der große Traum in Erfüllung geht. Für den etwa 14jährigen Jacob steht jedoch fest, dass seine Zukunft in Amerika liegt, denn auch seinen Stiefbruder hat der Weg vor einigen Jahren dorthin geführt und in seinem Brief schreibt er, wie toll das Leben dort ist.
Als Jacob durch ein Missgeschick der wertvolle Schlüssel zur Zunfttruhe der Fischer in den Fluss fällt und er bei seinem Vater in Ungnade fällt, sieht er für sich keinen anderen Ausweg mehr als die Flucht aus seinem Dorf am Oberrhein und sich flussabwärts nach Amerika durchzuschlagen. Da er als Findelkind keine Chance hat, selbst Fischer zu werden, bietet ihm Amerika Möglichkeiten, die er in seiner Heimat niemals haben würde. In einem alten Fischerkahn macht er sich auf den Weg. Immer an seiner Seite ist sein treues Schwein, das ihm auf der abenteuerlichen Reise als Weggefährte zur Seite steht. Als er auf seinem Weg auf das Streunermädchen Amie trifft, ist er zunächst alles andere als begeistert, schließlich war sie es, die den Verlust des Schlüssels indirekt verursacht hatte. Auch wenn er Amies „Tricks“ und Gaunereien nicht gutheißen kann, hilft sie ihm das ein oder andere Mal aus der Patsche und weiß, wie sie an Unterkunft oder Nahrung kommen kann, was je nach Wetter und bei großem Hunger ziemlich hilfreich sein kann.
Doch bis nach Rotterdam, von wo aus die großen Auswanderschiffe in die Weite des Ozeans aufbrechen, ist es eine ganz schöne Strecke, die sie mit ihrem kleinen Fischerkahn auf dem immer breiter werdenden Fluss nicht bestreiten können. Als sie auf ihrer Reise auf Georg Forster und seinen Freund Alexander von Humboldt treffen, lädt dieser die beiden Kinder ein, sie auf seiner Reise bis Rotterdam auf einem großen Personenschiff zu begleiten. Ob sie es anschließend bis nach Amerika schaffen werden?
Über 200 Jahre in die Vergangenheit
Heute ist Amerika mit dem Flugzeug gut zu erreichen. Dass dort nicht alles besser ist und das Glück nicht auf der Straße liegt, ist allen klar. Doch vor über 200 Jahren lockten Versprechungen viele Glücksuchende, Außenseiter oder unter Hunger und Armut leidende Menschen in die neue Welt. Auch Jacob und Amie haben die Hoffnung, dass es ihnen dort endlich besser geht, kämpfen sie hierzulande doch täglich ums Überleben. Anhand der beiden Kinder lässt sich leicht miterleben, gegen welche Widrigkeiten der arme Teil der Gesellschaft in der damaligen Zeit anzukämpfen hatte. Ohne Schulen, Möglichkeiten sich von außerhalb Hilfe zu holen oder Unterstützung für Arme und Bedürftige waren oft schon Kinder auf sich allein gestellt, wenn ihre Eltern nicht mehr lebten oder sich nicht um sie kümmern konnten oder wollten.
Anhand der Reise von Jacob und Amie zeigt Petra Postert viele Probleme, die sich in der früheren Zeit stellten. Neben Räuberbanden müssen die beiden sich immer wieder in der Welt der Erwachsenen behaupten, schlecht bezahlte Arbeiten annehmen oder erfahren auch Ungerechtigkeiten, da sie körperlich unterlegen sind, was von einigen Erwachsenen ausgenutzt wird.
Wechselnde Perspektiven
Erzählt wird die Geschichte nicht nur aus der Sicht Jacobs, auch die Perspektive des Flusses, auf dem die beiden Kinder mit ihrem Kahn reisen, kommt immer wieder zur Sprache. In der dritten Person wird von seinen langjährigen Erfahrungen erzählt, die weit in die Vergangenheit reichen und ihm einiges an Weisheit verleihen, gleichzeitig gibt er auch auf Jacob acht und begleitet ihn bei seinem Weg ans Meer: „Der Fluss ist unruhig und hellwach. Wo ist der Junge auf einmal hin? Nachdem er das Boot an Land gezogen hatte, saß er doch die ganze Zeit am Ufer, die nassen Kleider zum Trocknen ausgebreitet neben sich. Und dann war er plötzlich verschwunden. Ist er zu Hause?“ Auch für Jacob wird aus der dritten Person erzählt, was die Geschichte etwas distanziert wirken lässt, da man nur wenig über die Gefühle und Gedanken der Figuren erfährt: „Als sie später an Land gehen, hat sich Jacob immer noch nicht beruhigt. Es brodelt in ihm. Deshalb also wollte Amie so schnell weiter, hat Brot- und Fleischreste aus den Schüsseln gegriffen und in ihre Rocktaschen gestopft. Ihr Beutezug war beendet!“
Durch die recht sachliche Beschreibung wirkt das Buch an vielen Stellen relativ nüchtern. Gerade die Stellen aus der Perspektive des Flusses tragen oft wenig zur inhaltlichen Handlung bei und sorgen eher für Langeweile, da ihr Sinn in der Geschichte auch nicht wirklich deutlich wird. Auch an vielen anderen Stellen fehlt es etwas an Spannung, besteht die Handlung in erster Linie aus einer langen Reise entlang des Flusses, die ab und an von besonderen Ereignissen unterbrochen wird. Insgesamt wirkt die Story jedoch sehr linear und wenig abwechslungsreich, wozu vor allem die etwas distanzierte Erzählperspektive beiträgt.
Fazit
Insgesamt ein Roman, der ohne viele Höhen und Tiefen auskommt und beim Lesen etwas zu wenig Abwechslung und Spannung zu bieten hat. Durch die distanzierte Haltung fällt es schwer, in die Geschichte einzutauchen, wozu auch die immer wieder eingestreuten Abschnitte aus der Sicht des Flusses führen.
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