Tausche Theo!
- Jungbrunnen
- Erschienen: Dezember 2006
- 0
Jede Familie mit mehr als einem Kind kennt die Situation: Lauthals werden Beschimpfungen ausgetauscht wie"; Dampfwalze";, ";Zicke"; oder ";Blödmann"; – so geht es auch manchmal bei Anna und Theo zu . Bis Anna eines Tages die Nase endgültig voll hat und Zettel verteilt auf denen zu Lesen Ist: ";Tausche Theo";. Wie gut, dass die ";Fluchtstation Oma"; genug Zeit hat, um Anna etwas zu zeigen, das sie glücklicherweise umstimmt.
Anna hat keine Lust mehr auf ihren Bruder Theo. Immer beschimpft er sie. Sie ist ein Schreimonster, wenn sie etwas haben möchte oder etwa ein Stinktier, wenn sie mit Mama`s Parfum spielt. Anna aber hält bei der Vielzahl an Schimpfwörtern durchaus mit. Eines Tages fordert sie bei ihren Eltern den Tausch ihres Bruders ein. Da diese jedoch nicht damit einverstanden sind, läuft Anna zu ihrer Oma, um sich auch dort zu beschweren und ihren Wunsch nach einem Tausch zu bekräftigen. Oma hingegen verteidigt Theo nicht direkt, sondern zeigt Anna viele Fotos auf denen sie und Theo zu sehen sind. Auf ihnen ist dokumentiert, dass Theo sich immer liebevoll um seine kleine Schwester gekümmert hat. Er hat ein Willkommensbild zur Geburt gemalt, sie geschaukelt, Geschichten für sie erfunden und vieles mehr. Anna erinnert sich und freut sich riesig, als sie sich an gemeinsame Kirschkernspuckspiele erinnert. Als Theo Anna abholen möchte, schauen sie sich jetzt zu dritt weitere alte Fotos an. Sie erinnern sich an viele gemeinsame Streiche, wie der mit Tante Judith, oder an die Spiele in der Badewanne. Doch als Theo von Oma erfährt, dass Anna ihn tauschen wollte, ist er natürlich ein wenig beleidigt. Nach Omas Zaubertrank mit vielen Wieder-gut-mach-Tropfen, gehen die Geschwister gemeinsam nach Hause und lachen über die vielen Schimpfwörter, die sie schon füreinander gefunden haben.
Schon der erste Blick auf das Cover des Buches bringt uns zum Schmunzeln: Anna mit einer Rolle Papier unter dem Arm. Zettel mit einem selbstgemalten Bild ihres Bruders mit der Überschrift ";Wer will ihn haben";, hängen bereits am Baum, an der Ampel, auf dem Boden und an der Mauer. Annas Zeichnungen zeigen allesamt ein Portrait des Bruders, wie Kindergartenkinder es zeichnen. Franziska Biermann illustriert auf ganz eigene Art, mit viel Phantasie, und sehr ausdrucksstark. Die verwendeten Aquarellfarben mit den feinen Umrissen stimmen fröhlich und lassen uns leicht in die kindliche Welt einsteigen.
Gleich zu Anfang geht es graphisch wie sprachlich hoch her. Nach zwei verbalen ";Entgleisungen"; seitens des Bruders Theo, schmeisst Anna dessen Legoturm um. Schimpfwörter wie ";Dampfwalze";, ";Dussel";, ";Zicke"; ";Schnullerwindelbaby";, etc. fliegen buchstäblich wild durch den Raum.
Um den massiven Ärger der beiden Kinder graphisch starken Ausdruck zu verleihen, wählt die Illustratorin die großen Buchstaben so, als hätte ein Kind dieses geschrieben, welches gerade erst Schreiben lernt. Die Lautstärke ist herrlich demonstriert durch kleine Striche, das Durcheinander klar zu erkennen an den sich verwirbelnden drei Strichen, die gleichermassen aus Theos wie aus Annas Mund fliegen. Ein kleines Ritterduell auf Pferden am unteren Bildrand (ein rosa Ritter, ein hellblauer Ritter) unterstützen den heftigen Gefühlsausbruch der beiden Geschwister auf humorvolle Weise.
Natürlich weigern sich die Eltern, ihren Sohn umzutauschen. Witzig setzt Maria Theresia Rössler hier den ";Klassiker"; ein, nämlich den trotzigen Entschluss des Mädchens, das sich nun auf verlorenem Posten fühlt, von jetzt an bei Oma zu wohnen. Darauf reagiert die Oma idealerweise sehr einfühlsam und besonnen, indem sie dem Mädchen eben keinen Vortrag darüber hält ";dass man so etwas doch nicht tut";. Vielmehr lässt sie das Mädchen die Liebe zu ihrem Bruder – die natürlich noch immer unter der großen Wut steckt – selbst wiederentdecken.
Die dargestellten Fotos im Familienalbum sind Collagen, in denen Franziska Biermann die Zeichnungen vom Kleinkind Theo und dem Baby Anna vor realem Hintergrund gesetzt hat. Es sind Hintergründe, die an echte Familiensituationen erinnern und erreichen so eine für Kinder hochinteressante Authentizität. Damit ist der Inhalt der Geschichte umso leichter für Kinder nachzuvollziehen, denn es finden sich hier keine gestellen oder künstliche Situationen, sondern Momentaufnahmen, wie sie auch in ihren eigenen Familie entstehen.
Fazit:
Eine humorvolle und dennoch einfühlsame Geschichte über eine Alltagssituation, die unweigerlich in jeder Familie mit mehreren Kindern einmal vorkommt. Der Wunsch, seine Geschwister beispielsweise lieber gegen einen Hund einzutauschen, ist vielen Eltern nur zu bekannt. Das unwillkürliche Zusammenzucken der Eltern ist verständlich, doch ";Tausche Theo!"; zeigt mit einem Augenzwinkern die Normalität hinter diesem Wunsch und bietet eine gute Anleitung für Eltern und Kinder, wie sich die ";Zankhähne"; einen Weg aus der Wut zu bahnen können.
Maria-Theresia Rössler, Jungbrunnen
Deine Meinung zu »Tausche Theo!«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!