Wanja und die wilden Tiere
- Bohem Press
- Erschienen: Dezember 2006
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Wanja ist ein kleines, weißes Kaninchen und wirkt so gar nicht wild. Umso wilder sind aber alle anderen Tiere, die sich Wanjas Suche nach seinem Zuhause anschließen. Aus gutem Grund, denn dort warten schon all seine Verwandten sehnsüchtig auf ihn, ohne zu wissen, dass Wanja in so großer Gefahr ist.
Wanja unternimmt einen ausgedehnten Ausflug im Herbstwald und als er merkt, dass er sich verlaufen hat, ist der Einzige, den er nach dem Weg fragen kann, ein Fuchs. Obwohl seine Eltern ihn immer vor Füchsen gewarnt haben, nimmt er all seinen Mut zusammen und wendet sich an das finster dreinschauende Tier. Als dieser erfährt, dass Wanja nicht alleine zu hause wohnt, sondern außer seinen Eltern auch noch seine Großeltern und seine 99 Geschwister auf in warten, ist das Interesse plötzlich groß.
Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach Wanjas zu Hause, als ein hungriger Wolf den Weg kreuzt. Der Fuchs verteidigt das Kaninchen, nicht ohne nebenbei zu erwähnen was den hungrigen Wolf erwartet, wenn Wanja sein Zuhause gefunden hat. Der Wolf schließt sich an, weil er nicht will, dass ihm so eine große Beute entgeht. Mit dem Bär und einer Räuberbande, bestehend aus Wiesel, Dachs, Luchs und Iltis trägt sich dasselbe zu. Wanja hat große Angst und längst gemerkt, dass keiner dieser wilden Tiere an seinem Wohlergehen Interesse hat. Er hört die Mägen der anderen knurren und als der Fuchs ungeduldig fragt, ob ihm die Gegend schon bekannt vorkäme, gibt er vor, sich total verlaufen zu haben. ";Ich glaube ihr müsst Euch mit mir begnügen… Fragt sich bloß, wer von Euch mich zu fressen kriegt…";. Frustriert knurren sich die wilden Tiere nun gegenseitig an und gehen aufeinander los. Diese Rauferei nutzt das Kaninchen, um abzuhauen. Fast wäre er doch noch dem Fuchs zum Opfer gefallen, aber jetzt saust Wanja wie der Wind kreuz und quer über das Feld, in den Wald, in das Unterholz. Zu Hause angekommen freuen sich alle, aber er tut so, als sei gar nichts passiert. Denn so eine aufregende Geschichte muss man für sich behalten, die glaubt einem sowieso niemand.
Die Tiergeschichte Wanja und die wilden Tiere beginnt ganz harmlos: das etwas mondgesichtige, niedliche Kaninchen macht einen langen Spaziergang und weil alles so neu und aufregend ist, achtet es nicht auf den Weg. Bereits auf der zweiten Doppelseite wird Wanja vom lauernden Fuchs mit Körper und Schwanz, auch bildlich, umkreist. Eine scheinbar auswegslose Situation für das scheinbar hilflose Kaninchen. Hier könnte die Geschichte schon beendet sein, aber die Spannung steigt, als der Wolf hinzustößt und beinahe klapprig vor Hunger, den Schwanz eingekniffen zurückweicht, als der Fuchs das Kaninchen verteidigt. Selbstverständlich nicht ganz eigennützig, aber schlau. Und natürlich fürchtet sich Wanja sichtbar als der Riesenberg von einem Bär mit zusammengekniffenen Augen bedrohlich vor ihm steht, dann aber plötzlich tapsig erklärt, er wolle auch mitziehen. Als alle wilden Tiere um ihn herumgedrängt, zähnefletschend an Wanja herumschnuppern, hat der Spannungsbogen seinen Höhepunkt erreicht. Beinahe möchte man dieses zarte Wesen selbst retten. Schließlich wollten alle wilden Tiere ihn bereits einmal Fressen.
Doch Wanja wirkt nicht als hätte ihn Panik gepackt. Die Geschichte zeigt an dieser Stelle das Kaninchen leicht abwesend und nachdenklich. Von diesem Punkt an kommt Bewegung ins Spiel. Fast erleichtert erfährt man, dass Wanja sich nur scheinbar aufgibt und mit viel List und Tücke einen Ausweg findet. Wie in jedem guten Krimi, kommt der sympathische Held, der sich bereits schon in Sicherheit wiegt, noch einmal kurz in eine brenzlige Situation, bevor sich auch in diesem Kinderbuch das versöhnliche Ende endlich einstellt. Das Erlebte behält er für sich. Ob das im übertragenen Sinne die richtige Botschaft für Kinder ist? Der Autor hat es so entschieden und auch Wanja wirkt nicht unglücklich damit.
Ohne die ausgezeichneten, künstlerischen Illustrationen von Svjetlan Junakovic wäre die Geschichte viel weniger spannend. Er mischt Buntstifftskizzen, die beinahe wie Kinderzeichnungen wirken, mit flächig aufgetragener Acrylfarbe und entwickelt dabei einen ganz interessanten Stil Kinderbücher zu illustrieren. Eingebettet in kräftige Rot-braun-orange-Töne gibt er eine Herbstwaldstimmung wieder, die auf gewisse Weise lodernd und bedrohlich wirkt. Die eindringliche Mimik der Tiere ist stark. Vielleicht ein wenig zu stark für einige 4 jährige Kinder, die nach der Lektüre sicher ängstlicher in den Wald gehen. Doch bekanntlich sehen Kinder das oft viel weniger ängstlich als man denkt und genießen dieses Buch als spannenden ";Krimi"; mit versöhnlichem Happy End.
Fazit:
Ein spannendes und auch optisch beeindruckendes Buch. In jedem Fall aber eine gute Grundlage, um mit Kindern über das wichtige Thema ";Bedrohung durch Fremde"; und Verhaltensweisen in scheinbar auswegslosen Situationen zu reden.
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