Bo im Wilden Land

Bo im Wilden Land
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Kinderbuch Couch
77%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonNov 2006

Idee

Originell und mit eigenwilligen Drachen- und Heldencharakteren ist es eine kurzweilige und spannende Geschichte über die Verantwortung füreinander.

Bilder

Üppig ausgestattete s/w Acrylmalereien. Mit einer beeindruckenden Tiefe der Darstellungen und aufwändig ausgestalteten Vignetten zeigt der Illustrator in der Ausgestaltung der Drachenarten und den Details seinen Fantasiereichtum

Text

sprachlich für Kinder des empfohlenen Alters (8 J.) eindeutig zu anspruchsvoll. Teilweise auch zu gestelzt, obwohl gut erzählt und sehr bildhaft, treffend in Szene gesetzt.

Bo´s Familienglück scheint arg bedroht, denn gerade jetzt, da ihr Vater sein Helden-Diplom bekommen hat, gibt es in ganz Katanien keine Drachen mehr – und wo es keine Drachen mehr gibt, da braucht es auch keine tapferen Helden, um sie zu bekämpfen.

Bo und ihre Mutter haben ihre letzten Ersparnisse aufgebraucht, um Bo´s Vater eine Freude zum bestandenen Diplom zu machen: Eine echte Rüstung. Nicht mehr neu, aber für einen Helden angemessen. Doch angesichts der Lage in Katanien, das nunmehr drachenfrei ist, stellt sich diese Investition jetzt als vollkommen nutzlos heraus. Vor allen Dingen Bo leidet, als sie ihren Vater so voller Kummer und Verzweiflung erleben muss.

Eines Nachts wird Bo von einem lauten Scheppern geweckt. Und sie muss zu ihrem Schrecken erkennen, dass sich die alte Ritterrüstung an ihrem Bett aufgebaut hat und sie, nachdem sie über das achtlos liegen gelassene Skateboard gefallen ist und nun laut wettert, um Hilfe bittet. Die Rüstung nennt sich ";Sir Robert vom Mitleidigen Blech";. Sir Robert fordert das Mädchen auf, mit ihm gemeinsam die Drachen zu suchen. Bo ist unsicher, doch möchte sie unbedingt ihrem verzweifelten Vater helfen, damit er endlich ein echter Held sein kann. So machen die beiden sich schließlich auf den Weg. Und der führt sie geradewegs in das wilde Land. Auf ihrem Weg nehmen sie sich noch eines vorwitzigen Dracheneis an, um es zu seiner Drachenmutter zurückzubringen. Doch diese Mission birgt so manche Gefahr in sich: Nicht nur Wölfe greifen sie an, sondern auch Torwa, ein niederträchtiger, abgerissener Held des ";Ordens vom zerbrochenen Ei";. Er und seine Männer sind dafür verantwortlich, dass es in Katanien keine Drachen mehr gibt, denn sie zerschlagen feige und hinterhältig die Eier der Drachen. Bo erfährt von Sir Robert, dass die Helden ohnehin keine Chance haben, einen Drachen zu besiegen. Ein einvernehmlicher sportlicher Wettkampf wurde aus den heldenhaften Drachenkämpfen, bei denen stets die Drachen Sieger sind. Es seien Männer wie Torwa gewesen, so Sir Robert, die die Drachen vertreiben hätten, die sich nun im wilden Land, bei den Riesen, eine neue Bleibe gesucht haben. Kein Katanier wagt sich dort hin, denn alle wissen, welche grausamen Dinge die Riesen mit den kleinen Menschen anstellen. Auf ihrem beschwerlichen Weg erfährt Bo, wer Sir Robert ist und was es mit seiner beseelten Rüstung auf sich hat. Bei den Drachen ist Sir Robert eine echte Berühmtheit und wird von allen hoch geschätzt.

Bo und Sir Robert gelingt es schließlich, das Ei mit dem Drachenkind ";Faff"; zurückzubringen und die Männder des ";Orden vom zerbrochenen Ei"; endgültig unschädlich zu machen. Dabei ist Bo selbst in größter Not erfinderisch und klug, so dass alle Beteiligten die Drachen, die Riesen und die Menschen mit Bo´s Lösung zufrieden sein können. Und so kommt es, dass die Drachen nach Katanien zurückkehren und da jeder die Rüstung vom berühmten Sir Robert kennt, die Bo´s Vater trägt, sind die Drachen sehr höflich zu ihm und geben sich gerne freiwillig geschlagen, vor allen Dingen wenn sie erfahren, dass dieser Held eine ganz besondereTochter hat…

";Bo im wilden Land"; ist Lena Kuglers erster Kinderroman, der kurzweilig ist und ohne große Umwege auf den Höhepunkt und damit dem gelungenen ";Happy End"; zustrebt. Ihre Ideen sind zum Teil sehr originell – vor allen Dingen die Hintergründe die sie für die Geschichte aufbaut, überzeugen. Lena Kugler konstruiert ein wunderschönes Ende, in dessen Verlauf sich alles ineinanderfügt und sich ihre vorher aufgebauten Andeutungen sinnvoll auflösen. Ihre Idee, dass die alte Ritterrüstung und damit ";Sir Robert";, durch einen Drachenflügel beseelt ist, ist ein Beispiel ihres Fantasiereichtums. Dieser Flügel stammt von einem kleinen, viel zu früh geschlüpften Drachenkind, das wild entschlossen war, mit Sir Robert zu kämpfen. Doch das frischgeschlüpfte Drachenkind ist in sehr schlechter Verfassung und gar nicht in der Lage, mit dem Helden zu kämpfen. Sir Robert berichtet, wie er darüber nachdachte, dieses schwache Wesen zu überwältigen – wäre es doch das einzige Mal, dass es ihm gelänge, einen Drachen zu besiegen. Doch es kam anders.
Um dessen Leben bangend, hält Sir Robert schließlich das schwer verletzte Drachenkind so lange in seinen Armen, bis die Drachenmutter zum Nest zurückkehrt. Statt es feige zu töten, hatte er es gerettet. Danach, so erzählt der alte Sir Robert, war er als Mensch – der er einmal war – für immer verändert.

Dabei würzt Lena Kugler diese gefühlvollen Schilderungen mit humorvollen Begebenheiten aus Katanien: Wie zum Beispiel, dass die Höflichkeit der Katanier vor allem anderen geht – bis hin zum Ausfall des Schulunterrichts, weil man sich nicht einigen kann, wer zuerst durch die Türe gehen soll. Auch die lästige Sache mit den kapputten Hausdächern, die die Drachen stets zerstören, wird erklärt. Denn die Drachen sind farbenblind und glauben daher, dass die roten Dächer grüne Hügel seien. Als der Dachdecker die Dächer blau oder schwarz eindeckt, ist es mit der Tollpatschigkeit der Drachen vorbei.

Leider macht Lena Kugler die sich so schön entwickelnde Atmosphäre ihrer Erzählung an manchen Stellen dadurch zunichte, indem sie allzu triviale Dinge hinzufügt. Es stört einfach, wenn wir erfahren, dass Drachen Kühlschränke haben, in denen sie das Bier für die Helden kalt stellen. Oder wenn das Drachenei mit Inhalt ";Faff"; bedauert, dass es keinen Stift dabei hat, damit Sir Robert ihm ein Autogramm auf seine Schale schreiben kann. Auch die Tatsache, dass Bo´s Mutter Schriftstellerin ist, wirkt auf mich ein wenig konstruiert. Diese Dinge wollen nicht zum Grundtenor der Geschichte passen und scheinen nicht konsequent durchdacht, wirken auf die Dramaturgie der Erzählung bezogen unlogisch. Doch Lena Kugler kriegt dennoch die Kurve und schafft es, den Spannungsbogen, ungeachtet der kleinen Abschweifungen, weiter nach oben zu treiben, so dass die Geschichte grundsätzlich fesselt.

An diesem Punkt kommen wir jedoch zu dem schwierigsten Aspekt dieses Kinderbuch-Debüts: Denn sprachlich merkt man ";Bo im wilden Land"; an, dass ihre Autorin sich bisher an eine erwachsene Leserschaft gerichtet hat. Viele ihrer Sätze sind einfach zu anspruchsvoll für die junge Leserschaft. Lena Kuglers Sprache zeichnet sich oftmals durch komprimierte Schilderungen in verschachtelten, langen Sätzen aus, die zwar die Geschehnisse und Stimmungen wunderschön plastisch beschreiben, aber deren Inhalt sich für Kinder des empfohlenen Alters (vom Verlag ab 8 Jahren empfohlen) nicht erschliessen lässt. Es ist fast so, als würde man ein begehrtes Spielzeug in einen schwer zu knackenden Safe stecken: Die Kinder kommen an den Schatz nicht heran und das ist schade – gerade weil es sich um eine sehr fantasievolle und herzliche Geschichte handelt. Daher empfehle ich dieses Buch eher für Kinder ab einem Alter von mindestens zehn Jahren.

Auffallend sind die aufwändig gestalteten Illustrationen von Ludvik Glazer-Naudé. Sie verleihen dem Buch durch die beeindruckenden und lebendigen s/w-Acrylmalereien eine geheimnisvolle Atmosphäre, deren Darstellungen von einer beeindruckenden Tiefe sind. Die üppig ausgestalteten Vignetten sowie die Rahmungen um die Darstellungen eines jeden Kapitels zeigen in ihrer Ausgestaltung – besonders in die der Drachen – Ludvik Glazer-Naudés Vorstellungskraft.

Fazit:

Viele originelle und berührende Ideen aus der Welt der Helden und Drachen finden sich in ";Bo im wilden Land";. Trotz der ein wenig zu vielen angeknacksten Herzen und einigen, etwas störenden Abschweifungen ist es eine sehr phantasievolle und beeindruckende Geschichte über die Verantwortung füreinander. Von der Tiefe der Handlung her ist es fraglos ein Kinderbuch, das ausgesprochen gut zu unterhalten weiss. Einziges Problem ist jedoch die Sprache, die selbst für manches Kind ab 10 Jahren schwer zu knacken sein wird. So bleibt bei aller sprachlichen Kunstfertigkeit und den vielen guten Einfällen Lena Kuglers das Dilemma eines solchen Buches: Es kann nur schwerlich ein reines Kinderbuch sein aber es wird wohl kaum, aufgrund seiner Thematik, viele der jugendlichen Leser erreichen.

Stefanie Eckmann-Schmechta


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