Tim und das Geheimnis von Captain Crow

Tim und das Geheimnis von Captain Crow
Tim und das Geheimnis von Captain Crow
Wertung wird geladen
Kinderbuch Couch
85%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonOkt 2006

Idee

Tim und seine Welt mit ihren eigenwilligen Charakteren sind auch im zweiten Buch wieder humorvoll und überzeugend dargestellt.

Bilder

Die frechen Tuschezeichnungen von Tony Ross unterstreichen den Schwung der Geschichte und die bisweilen dramatischen Vorstellungen in den Köpfen der Jungen wieder einmal ideal.

Text

wunderbar leicht und lebendig erzählt, mit viel Selbstironie und Humor.

Als hätte Tim mit seinen vier Brüdern nicht schon genug am Hals – allen voran sein älterer Bruder Marty, der der Geschwisterschar mit seinen schaurigen Gruselgeschichten ordentlich einheizt, macht dem ";Gewinn für jede Gruppe"; das Leben so manches mal schwer. Doch nun muß sich Tim auch noch vor einem Geister-Piratenkapitän names Crow fürchten, der fatalerweise genau so einen Jungen sucht, wie er selbst einer ist. Am hellichten Tag versucht Tim noch darüber zu lachen, doch im Dunkeln und mutterseelenallein zwischen den gespenstischen Klippen, sieht es mit dem Glauben an das Übernatürliche schon anders aus…

In seinem zweiten Buch über die fünf Brüder und mit der Hauptfigur Tim, als Zweitältester , schildert Eoin Colfer nach seinem Erfolgsroman ";Tim und das Geheimnis von Knolle Murphy"; (Kinderuch des Monats bei der Kinderbuch-Couch 10.2005) wieder einmal eine abenteuerliche und humorvolle Variante aus dem Leben des beinahe bemitleidenswerten Tim. Denn der müht sich wacker als ";Sensibelchen"; unter den Rabauken, irgendwie die Fassung zu behalten. Doch eines nachts ist Tim einigermaßen überfordert, denn beim Campingurlaub an der Küste, tischt sein Bruder Marty eine seiner haarsträubendsten Geschichten auf. Die fünf Jungs, eng eingepfercht in einer abgetrennten Ecke des Wohnwagens, lauschen im Dunkeln gespannt der Geschichte von dem berüchtigten Piratenkapitän namens Crow. Der führte die braven Seeleute in die Irre, indem er ein falsches Feuersignal setzte und das Schiff so auf die berüchtigten Klippen lockte. Der Rest ist allen Jungs klar: Crow stahl die Fracht und machte keine Gefangenen. Eines Tages aber stiess der böse Crow beim Ausrauben einer Kapitänskajüte auf jenen Schiffsjungen, der sich zu wehren wusste: Mit einem heftigen Hieb schlug der Junge Crow ein Beil in den Kopf. Crow jedoch verstarb nicht – stattdessen war er dazu verdammt, Zeit seines Lebens mit dem Beil in seinem Kopf umherzulaufen (das man so gut es ging abschliff) und die schlimmsten Kopfschmerzen zu ertragen. Crow suchte den Jungen, der ihm das angetan hatte – doch vergebens. Der Junge war nicht mehr zu finden. Seither, so Marty, der es versteht, die Spannung auf die Spitze zu treiben, sucht Crow noch heute den neunjährigen Schiffsjungen , um an ihm endlich Rache zu nehmen.

Tim weiß genau, dass er nun im Mittelpunkt der nächtlichen Gruselstunde steht: Er ist neun Jahre alt und ein Junge. Er ist mit seiner Familie genau an dem Ort, wo Crow damals seine peinliche Niederlage hinnehmen musste. Tapfer versucht Tim, der Geschichte keinen Glauben zu schenken. Doch auch die wissenschaftlichen Erklärungen seines Vaters in Bezug auf das seltene Leuchten der Felsen im Meer, die die Leute in Anhlehnung an die Goldzähne des bösartigen Kapitäns ";Captain Crows Zähne"; nennen, machen dem Jungen nicht wirklich Mut. Es sei Posphereszenz, so sein Vater, aber so selten, dass es ebenso unglaublich sei, wie die Geschichte vom Piratenkapitän. Dann steht zum ersten Mal für Tim die ";Sprottenfete"; an, zu der alle älteren Kinder des Badeortes eingeladen sind. Die Erwartungen sind hoch und werden nur allzu bald enttäuscht. Am Ende findet sich Tim tief gedemütigt in einem albernen Piratenkostüm wieder, das er bei einem Spiel gewonnen hat, bei dem er gar nicht mitmachen wollte. Als es endlich an den Nachhauseweg geht, erfüllt Marty nicht sein Versprechen – sie beide haben ihren Eltern schriftlich geben müssen, rechtzeitig nach Hause zu kommen und keine Umwege zu machen. Nun aber braucht Marty das einzige Fahrrad, um ein Mädchen nach Hause zu bringen. Es ist unmöglich, dass Tim rechtzeitig zu Hause sein kann, wenn er zu Fuß geht. Ja, es sei denn er geht über die dunklen Klippen – da, wo gerade in dieser Nacht Captain Crows Zähne in der dunklen See ihr gespenstisches Leuchten verbreiten…

Wie auch schon in Eoin Colfers Geschichte ";Tim und das Geheimnis von Knolle Murphy"; kann einem der liebe Tim leid tun. Doch auch in dieser Geschichte trägt er sein Schicksal mit einer gesunden Portion Humor. Ständig zwischen dem Bedürfnis, bei seinen Eltern etwas Anlehnung und Nestwärme zu finden, um seine drängenden Fragen stellen zu können, und dem Wunsch, ein cooler Draufgänger wie seine Brüder zu sein, hin und her gerissen, wurschtelt sich Tim um die ganz persönlichen Klippen seines Lebens. Dabei kann er einfach nicht so gemein oder so hinterlistig sein und ärgert sich schließlich jedes Mal, wenn er doch wieder ";zu nett"; war. Seine Sicht auf die Dinge – und seien es nur kleine Ausschnitte aus seinem Familienleben mit vier weiteren Brüdern – ist so unterhaltsam und ehrlich, dass bei allem eine gewisse Leichtigkeit mitschwingt, die dazu reizt, sich das eigene Leben auch mal aus dieser, Tims Perspektive anzusehen. Dabei versteht es Eoin Colfer wie kaum ein anderer, Kinder zu ermutigen auch den kleinen Geschichten des Lebens Beachtung zu schenken. Er zeigt auf seine unbeschwert jungenhafte Weise, die vielen Nebenschauplätzte auf, die, mit seinen einfühlsamen Beschreibungen ausgestattet, ebenso spannend sein können, wie ein Abenteuerroman. Bei ihm braucht es keine wilden Kämpfe, keine Drachen und keine echten Bösewichter. Seine Spannung erwächst allein aus Tims Fantasie – und davon hat der Junge so reichlich, dass alles möglich sein kann – auch wenn es selbst ihm unwahrscheinlich scheint. Eoin Colfer schafft es ganz aus der kindlichen Erzählperspektive eine lebendige, gefühlvolle Welt zu schaffen, die durch ihre besondere Sicht auf die Dinge kleine Schätze – Momentaufnahmen einer heilen Kindheit – freilegen.

Sicherlich bin ich vom Eoin Colfers erstem Buch über Tim und ";Knolle Murphy"; ein wenig verwöhnt und ich gebe zu, die Erwartungen an sein zweites Buch waren nicht gering. Aber dennoch muss sich das zweite Buch über ";Tim und das Geheimnis von Catain Crow"; ein wenig Kritik gefallen lassen, denn im Vergleich zu seinem erfolgreichen Vorgänger wirkt es doch ein wenig schwerfälliger. Zwar ist es ohne Frage von der ersten bis zur letzten Seite originell und humorvoll erzählt, doch es wirkt nicht so sicher auf den Punkt gebracht, wie wir es von Eoin Colfer aus dem ersten Buch kennen. Das liegt wohl vor allem daran, dass der Plot der Geschichte nicht so überraschend ist und das Ende die Geschichte eher ruhig und in für Tim gewohntem Fahrwasser ausklingen lässt. Ohne zu viel verraten zu wollen, liegt das Geheimnis und der eigentliche Witz der Sache bekanntermaßen darin, dass derjenige, der eine Grube gräbt, selbst hineinfällt – und Tim, gutgläubig und aufrecht wie er nun einmal ist, verzeiht wieder einmal . Aber Brüder halten nun einmal zusammen – und wenn nicht sie, wer sonst?

Fazit:

Eoin Colfer versteht es Kinder zu ermutigen, auch den kleinen Geschichten des Lebens Beachtung zu schenken. Bei ihm braucht es keine ";echten Bedrohungen";, denn das Abenteuer spielt sich allein in der scheinbar grenzenlosen Vorstellungskraft eines neunjährigen Jungen ab. Durch Tims Sicht auf die Dinge gelingt es Eoin Colfer, auch den peinlichsten Dingen des Lebens eine ganz besondere Art von Humor zu entlocken. Er spickt selbst alltägliche Begebenheiten – für Tim sind es natürlich bedeutende Meilensteine seines bisherigen Lebens – mit absolut treffenden Kommentaren und Beobachtungen des Jungen. Und auch wenn sein zweites Buch über Tim und seine wilde Brüderschar nicht ganz so mitreissend ist wie sein Vorgänger, machen diese gelungenen Zutaten ein Wiedersehen mit Tim einfach unwiderstehlich!

Stefanie Eckmann-Schmechta


Tim und das Geheimnis von Captain Crow

Eoin Colfer, Beltz & Gelberg

Tim und das Geheimnis von Captain Crow

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Tim und das Geheimnis von Captain Crow«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Lesen und Hören
mit System

Lesestifte und Audiosysteme für Kinder.
Der große Test.

mehr erfahren