Einmal klischeefrei, bitte!
Anton und Ella sind schon ganz aufgeregt, denn morgen dürfen sie verkleidet in den Kindergarten kommen. Gemeinsam holen sie die Kostümkiste und verkrümeln sich in das Kinderzimmer. Anton möchte gerne als Prinzessin gehen, mit Glitzerkleid, Krone und allem Zipp und Zapp. Als Prinzessin? Aber nein, das geht doch nicht, denkt Ella. Jungs gehen als Feuerwehrmann, Astronaut oder Pirat. Eifrig holt sie immer mehr Kostüme hervor, doch Anton weiß, was er sein will: eine Prinzessin!
Geht man in ein Bekleidungsgeschäft für Kinder, springen einem die Klischees schon fast entgegen. In der Ecke für Mädchen verzieren Blumen und Herzchen die Kleider und Blusen, auf die T-Shirts und Pullover der Jungen sind Dinosaurier und Traktoren gedruckt. Auch die Farbgebung spricht für sich. Obwohl der Ruf nach mehr Diversität und Vielfalt in den letzten Jahren immer lauter geworden ist, zeigt sich doch gerade im Umfeld von Kindern immer wieder, wie festgefahren die Geschlechterrollen und -bilder eigentlich sind.
Gefangen in Geschlechterrollen
So ist es auch in dieser Bilderbuchgeschichte, die in einer klischeefreien Gesellschaft nach einer Seite zu Ende wäre: „Ich will Prinzessin sein“ - „Alles klar“. Doch die Vorstellung eines Jungen im rosa-glitzernden Prinzessinnenkleid mit Krönchen sagt Ella gar nicht zu. Sie selbst schlüpft kurzerhand in die Rolle eines Feuerwehrmanns, Ritters und Superhelden, um Anton eindrucksvoll zu überzeugen. Die Ironie an der Überzeugungstaktik wird einem vielleicht erst auf den zweiten Blick klar: Ella fühlt sich in den Kostümen der starken Piraten und mutigen Astronauten nämlich selbst sehr wohl.
Und was ist mit Anton? Der wird mit jedem neuen Vorschlag immer wütender, bis er seinen Wunsch, Prinzessin zu sein, irgendwann lautstark verteidigen muss. Da macht es auch bei Ella Klick („Achso“) und einem fröhlichen Kostümfest im Kindergarten steht nichts mehr im Wege. Dennoch hallt eine zentrale Erkenntnis dieser Geschichte auch auf der letzten Seite nach: Wie sehr musste Anton für seinen so simplen Wunsch kämpfen. Zu bedenken ist, dass nicht jedes Kind in der Kita oder Schule so mutig und selbstbewusst ist wie er. Vielmehr werden Interessen und Vorlieben „abseits der Norm“ von den Eltern, Lehrerinnen und Lehrern oder Mitschülerinnen und Mitschülerin gar nicht ernst genommen, übergangen oder ins Lächerliche gezogen.
Dabei sollte unser Miteinander doch bunt sein. Egal ob rosa oder blau, Blümchen, Glitzer oder Drache - es sind keine Grenzen gesetzt. Besser hätten die Illustrationen von Katja Schmiedeskamp diese Message nicht rüberbringen können. Auf jeder Doppelseite gibt es so viel zu entdecken. Die einzelnen Kostüme werden fantasievoll mit Leben gefüllt und zeigen: Du kannst alles sein, was du willst.
Fazit
Dieses Bilderbuch offenbart einmal mehr, wie sehr Geschlechterrollen die Entwicklung von Kindern beeinflussen und wie schwer es für diese ist, sich von diesen zu befreien. Wärmstens empfohlen!
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