Rund um die Welt

  • Moses
  • Erschienen: August 2006
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonAug 2006

Idee

Zweifelhafte Wissensvermittlung und erzwungen wirkende kindliche Aspekte lassen diesen Atlas eher fragwürdig und wenig kompetent wirken.

Bilder

Große unübersichtliche Wimmelbilder neben kleinen bunten Bildern lassen das Gesamtbild fast schon chaotisch wirken. Einzig die gelungenen topographischen Karten bilden hier den rettenden Strohhalm.

Text

Die Texte sind zwar leicht verständlich, aber bei aller Kürze fehlt der sachliche Gehalt. Kindliche Aspekte wirken „reingepresst“.

Wir werden mit diesem Atlas in einer bunten Bilderwelt empfangen, die uns nicht nur geographisches Wissen vermittelt, sondern auch die einzelnen Länder und Kontinente beleuchtet. So bietet dieses Buch einen etwas eigensinnigen Überblick über Kulturen, Sitten und Gepflogenheiten, sowie natürliche und landschaftliche Besonderheiten.

Schlagen wir diesen Atlas auf, erwartet uns eine bunte Bilderwelt, aufgegliedert nach den verschiedenen Kontinenten.

Zunächst treffen wir auf zwei Weltkarten. Die erste stellt uns die verschiedenen Kontinente namentlich vor und gibt jedem Erdteil ein kurzes charakteristisches Merkmal. So wird Asien als der Erdteil mit der größten Bevölkerung und Europa als der Kontinent der tausend Landschaften dargestellt. Blättern wir weiter, finden wir die zweite Weltkarte, auf der wir die unterschiedlichen Landschaftstypen erkennen können. Hier werden auch kurz Menschen, Tiere und Pflanzen als die Bewohner des blauen Planeten dargestellt. Nach diesen Seiten können wir uns nun auf die Reise über die verschiedenen Erdteile machen.

Die Seiten, auf denen die Kontinente vorgestellt werden, verfolgen immer dasselbe Schema: Erst finden wir eine Doppelseite, bei der die linke Seite ausklappbar ist. Hier finden wir eine detaillierte Karte des jeweiligen Erdteils mit all seinen Ländern und deren wichtigsten Städten, sowie einen kurzen Einblick in die vorherrschende Natur und die Vegetationszonen. Die linke Seite zeigt noch einmal, wo die vorgestellten Vegetationszonen vorkommen.

Die nachfolgenden Seiten stellen weitere wichtige Besonderheiten des jeweiligen Kontinents vor. So soll hier ein Einblick in die Kultur und die Lebensweise der Menschen gegeben werden und die einzelnen Länder werden nochmals hervorgehoben. Hier können wir zum Beispiel erfahren, dass es in Island heiße Geysire gibt, die Legosteine in Dänemark erfunden wurden, dass es an den Küsten des Senegal von Fischen nur so wimmelt oder dass in den chilenischen Bergwerken die tiefsten Löcher der Welt gebohrt werden, um Kupfer zu fördern.

Keine Frage, vom Aufbau her ist dieser bunte Atlas gut durchdacht und vom Aspekt der Kartographie her sinnvoll gestaltet. Was hier aber zu denken gibt, sind allerdings einige Sachverhalte, die zum Teil bedenklich vermittelt werden. Da wird zum Beispiel das Schloss Neuschwanstein als wichtigste Sehenswürdigkeit Deutschlands dargestellt und erwähnt, dass dieses Schloss als Vorbild für das Dornröschenschloss in Disneyland diente. Da fragt man sich doch wohl zu Recht, ob nicht eher das Brandenburger Tor oder der Reichstag viel mehr über die deutsche Geschichte und Kultur aussagen würden. Darüber hinaus wird Brüssel auch noch als die Stadt der Comics bezeichnet, von dem Sitz der EU oder anderen weltpolitisch relevanten Informationen wird leider nichts vermittelt. Doch das ist nicht das einzige, was den sachlichen Gehalt durcheinander wirbelt. Wir erfahren weiterhin, dass die Bewohner Nordeuropas mit Butter kochen und gerne Kartoffeln essen, die Südeuropäer hingegen mit Olivenöl kochen und gerne Gemüse essen…

In einem anderen Kontext berichten Kinder verschiedener Länder über Besonderheiten ihres Heimatlandes. Das wirkt zwar zunächst ganz nett, trägt aber überhaupt nicht zur Wissensvermittlung bei, sondern sorgt eher dafür, dass man sich als Erwachsener fragt, ob diese Aspekte wirklich alles sind, was die Länder ausmacht. (Deutschland als Ursprungland des Dornröschenschlosses?!) Dieses Buch reicht nicht einmal aus, unseren Kindern ein Basiswissen zu vermitteln (Als wichtigste Stadt Österreichs ist Salzburg verzeichnet, Wien wird nicht einmal erwähnt…). Meiner Meinung nach ist es sogar gefährlich, Kindern ohne Hintergrundwissen ein solches Buch vorzulegen, denn die ";fachlichen"; Aspekte, die hier schulbuchähnlich vermittelt werden, behandeln Kinder, als seien sie ";dümmer"; als sie in Wahrheit sind. Es scheint fast so, als glaubten die Macher, als seien Kinder an den echten Tatsachen über ihre Welt nicht interessiert. Viele sehr gute und erfolgreiche Neuerscheinungen in diesem Bereich sprechen da eine ganz andere und überzeugende Sprache: Kinder wollen die Dinge genauso begreifen wie wir. Nur auf ihre Art.

Schade, aus der Idee, einen solchen bunten Atlas zu gestalten, hätte man mehr machen können. Es wird zwanghaft versucht, den Inhalten eine für Kinder relevante Note zu geben. Abgesehen von den erwähnten ";Schnitzern";, sind noch eine ganze Reihe sachlich richtiger Informationen enthalten, sie können aber kaum die zweifelhaften Beschreibungen wettmachen.

Was diesem Buch fehlt, ist eine strukturierte Informationsarchitektur. Ein sinnvoller Aufbau fehlt diesem Atlas ebenso, wie eine überzeugende und fachlich einwandfreie Wissensvermittlung.

Leider finden wir aber nicht nur inhaltliche Mängel. Die Bilder in diesem Buch sind eher verwirrend. Da sind zum einen die topographischen Karten der Kontinente, die wirklich gut gelungen und anschaulich sind, zum anderen finden wir aber auf jeder Seite sehr viele kleine Bilder, die auf den Betrachter sehr unruhig wirken. Ihre Gestaltung lässt den Eindruck entstehen, als treffen hier mehrere Zeichenstile aufeinander. Wir finden einige Wimmelbilder zu Städten oder typischen Orten eines Landes und direkt daneben eine Seite voller kleiner Bilder. Hier hätte der Gestalter sich vielleicht an das Motto ";Weniger ist mehr"; halten sollen.

Es gibt aber auch einige positive Aspekte. So finden wir am Ende des Buches eine Weltkarte im Posterformat zum Herausnehmen, die die verschiedenen Vegetationstypen aufzeigt und Auskunft gibt über Eckdaten der Erde. Auch das Format des Atlanten ist sehr gelungen. Er ist als Ringbuch erschienen, was das Blättern sehr angenehm macht und ist in der Handhabung sehr stabil.

Insgesamt bekommt man leider trotz des guten Materials den Eindruck, dass dieser Atlas sich nicht entscheiden kann, was er nun will: Pure Unterhaltung oder Wissensvermittlung. Durch diese Unentschlossenheit gelingt leider beides nicht. Die Unterhaltung wirkt viel zu aufgesetzt und von kompetenter Wissensvermittlung kaum eine Spur.

Fazit:

";Schulatlanten ade";?! Auf keinen Fall! ";Rund um die Welt- mein erster bunter Atlas"; versucht sich zwar in der Unterhaltung, doch korrekte und vollständige Wissensvermittlung sind hier die Ausnahme. In dem Bemühen, Wissen und Unterhaltung zu verknüpfen, gelingt leider keines von beiden.

Auf gar keinen Fall sollte man Kindern dieses Buch an die Hand geben, wenn noch kein Hintergrundwissen vorhanden ist. Hier besteht die Gefahr, dass sich die fragwürdigen fachlichen Aspekte einprägen. Und Kinder einen falschen Eindruck gewinnen.

Simone Brinkschulte


Rund um die Welt

Benoît Delalandre, Moses

Rund um die Welt

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