Der letzte Gigant
Scout kann es kaum erwarten, endlich nach Lachsen zu fischen und groß und stark zu werden wie ihre Mama. Doch die Realität holt sie schnell ein, und sie wird von ihrer Familie getrennt. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als sich ausgerechnet einem gigantischen Männchen anzuschließen. Dies ist sehr gewagt – denn der Riese könnte sie mit nur einem Tatzenhieb töten …
„Der letzte Gigant, der König der Bären, war erwacht.“
Scout und ihr Bruder Way können es kaum erwarten, bis ihre Mama endlich wach wird. Sie befindet sich noch mitten im Winterschlaf, wie es Grizzly-Bären eben so tun, während die Kleinen selbstständig an ihren Zitzen nuckeln und die Höhle erkunden. Doch dann ist es so weit: Die Sonne ist endlich stark genug, um den hartnäckigen Schnee zu vertreiben, und die ersten Frühblüher kämpfen sich an die Oberfläche. Scouts Mama muss nun schnell Nahrung finden, denn sie hat über die Wintermonate viel Gewicht verloren. Vor allem aber muss sie ihren Kindern alles beibringen, was ein Grizzly so wissen muss.
Scout ist aufgeweckt und will viel Neues lernen. Vor allem ist sie aber gespannt auf die Lachse, die alljährlich viele Grizzlys anlocken, sich die Bäuche vor dem Winter vollzuschlagen. Doch ihre Mama macht klar, dass es in diesem Jahr noch zu gefährlich ist, weil sie und Way zu klein sind. Die größte Gefahr für die Kleinen sind nämlich Grizzly-Männchen, die Jungtiere töten, um sich mit den Weibchen zu paaren.
Doch Scouts Mama ist vorsichtig und führt sie behutsam durch die Wildnis. An der Küste angekommen, lehrt sie etwa, wie man Muscheln aus dem Boden siebt und an das schmackhafte Innere kommt. Dabei passiert es, dass Way sich zu weit ins Wasser wagt, woraufhin die Bärenmama hinterherschwimmt, um ihn zu retten. Leider werden sie ans andere Ufer gespült. Scout ist von einem Moment auf den anderen alleine. Wie soll sie nur überleben?
Ein naturnaher Einblick in das Leben der Bären
Nachdem Die weiße Wölfin schon überzeugen konnte, hat sich Vanessa Walder für den Grizzlybären als zweites Waldtier entschieden. Dabei greift sie auf die sogenannten Grizzly-Giganten zurück, die einst die nordamerikanischen Wälder durchstreiften. Aufgrund zunehmender Jagd durch den Menschen gerieten vor allem diese Giganten in den Fokus, weshalb sie auch nicht mehr für Nachwuchs sorgen konnten. Ob es noch Giganten gibt, ist unklar, aber Vanessa Walder hat ein Exemplar in ihrer Geschichte aufleben lassen. Vielmehr noch heftet sich Scout an seine Fersen, um von ihm zu lernen. Der Riese ist anfangs gar nicht begeistert – doch schließlich werden sie Gefährten und unterstützen sich gegenseitig.
Vanessa Walder macht am Ende zwar klar, dass diese Zusammenkunft in der Natur so nicht passieren wird, aber trotzdem schreibt sie es so natürlich, dass man es glauben möchte. Denn alles andere fängt die Essenz der Grizzly-Bären ein: wie sie überwintern, was sie fressen, wie sie jagen und sogar Medizin zu sich nehmen. Es ist erstaunlich, wie die Autorin die Tiere agieren lässt, ohne ihnen das Tiersein abzusprechen. Dazu kommen noch die brillanten Illustrationen von Simona M. Ceccarelli, die lebensnah, aber mit einer gehörigen Portion Dynamik gezeichnet sind.
Ein kleiner Fehler hat sich jedoch in die Geschichte eingeschlichen: Wie Vanessa Walder passend am Ende des Buches erklärt, sind Grizzlybären eine Unterart des Braunbären. In der Geschichte begegnet Scout jedoch einem Braunbären, der eben vom Grizzlybär abgegrenzt wird. Das heißt, ein Grizzlybär könnte hier nur anderen Grizzlybären begegnen (von Schwarzbären abgesehen).
Fazit
Eine wieder einmal bewegende Geschichte über ein Bärenmädchen, das von seiner Mutter getrennt wird und einen gewagten Weg finden muss, um zu überleben.
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