Hexenfee
- Residenz-Verlag
- Erschienen: Juli 2006
- 0
[ab 5 Jahren]
Gute Feen und böse Hexen? Für Rosmarine stellt sich das ganz anders dar. Sie wünscht sich nichts mehr, als ihr langweiliges ";Feendasein"; gegen ein ";Hexenleben"; eintauschen zu können und beschwört damit einen intensiven Konflikt mit ihrer Mama herauf.
Rosmarine gefällt ihr Leben als Fee ganz und gar nicht, trotz Luftschloss mit goldenen Türmen in dem sie mit ihrer Mutter auf einer großen Wolke lebt. Feen müssen immer lieb und anständig sein. Flecken auf Kleidern sind nicht gestattet, Rollerskates werden als zu gefährlich abgelehnt. Rosmarine möchte aus diesem langweiligen Leben ausbrechen und lieber eine Hexe sein, sich schmutzig machen, schreien und lachen dürfen. Diesen Wünsch äußert sie eines Tages, worauf ihre Mutter fürchterlich erschrickt. Zusammen mit anderen Feen will sie Rosmarine das Leben als Hexe streitig machen. Aus den verschiedenen Vorstellungen entsteht ein handfester Konflikt. Der Streit zwischen Mama und Rosmarine eskaliert. Mama will keine Hexe, sondern eine liebe, hübsche Fee. Rosmarine aber will eine Hexe sein. ";Dann kannst du hier nicht bleiben"; ruft die Mama also böse und Rosemarine begibt sich darauf in den Hexenwald.
Während die Mama noch im Glauben ist, dass Rosmarine schnell zurück kommen wird, da der Hexenwald ein unguter Ort ist, genießt Rosmarine sehr schnell das freie und angenehme Leben bei den Hexen. Entgegen der Meinung der Feen, dass Hexen Scheusale sind, erlebt Rosmarine also genau das erhoffte Gegenteil. Sie lernt sogar, auf einem Besen zu fliegen und begibt sich sogleich zu Ihrer Mama, um es ihr zu zeigen. Die jedoch ist eher erzürnt, als erfreut, Rosmarine wiederzusehen. Eine stinkende, auf einem Besen fliegende Hexe? Nein, die will sie nicht! Rosmarine wird zurück in den Hexenwald geschickt.
Wieder hegt die Mama die Hoffnung, Rosmarine würde zurückkehren, da es schließlich unheimlich und kalt im Hexenwald sein würde. Doch sie irrt erneut. Allein und einsam auf der Wolke wartend wird sie traurig. Sie macht sich Gedanken und begibt sich schließlich auf die Suche nach Rosmarine in den Hexenwald. Dort trifft sie Rosmarine schlafend, stinkend und voller Flecken in ihrem Baumhaus an und legt sich zu ihr.
Am nächsten Tag erlebt die Mama ihre Rosmarine zusammen bei den Hexen und nimmt an diesem Leben teil. Rosmarine bringt ihr das Rollschuhlaufen bei, sie darf auf dem Besen mitfliegen und zusammen mit den anderen Hexen trinken sie Tee. Und die Mama muss erkennen, dass das Leben einer Hexe eigentlich ganz nett ist und so fällt es ihr schließlich nicht schwer, Rosmarine dieses Leben zu gestatten. Rosmarine ist glücklich und verspricht, auch hin und wieder eine Fee zu sein. Darüber freut sich auch die Mama. So geschieht es also, dass Rosmarine mal im Traumschloss auf den Wolken und mal im Hexenwald lebt. Sie ist keine echte Fee und keine echte Hexe, sie ist eine Hexenfee – und eine glückliche noch dazu.
Brigitte Minne ist in Sprache und Dialogführung sehr prägnant. Die gegensätzlichen Ansichten von Rosmarine und ihrer Mama dürfen sich emotional eindringlich entwickeln und machen die Bedeutung der verschiedenen Ansichten beinahe fühlbar. Das klassische gute Bild der Fee und das durchaus doppelsinnige Bild der Hexe funktionieren dabei als inhaltliche Basis durchweg gut und nachvollziehbar. Die Hauptcharaktere agieren mit klar abgegrenztem Profil und stehen sich in ihrer Beharrlichkeit in nichts nach. Hartnäckig verteidigen sie ihre gegensätzlichen Standpunkte und umso nachhaltiger empfinden wir auch die spätere Zusammenführung der beiden.
Die künstlerisch anspruchsvolle Bilderwelt von Carll Cneut spricht eine besondere Sprache. Alle Figuren tragen überdimensionale spitze Hüte und scheinen einer etwas sonderbaren Phantasiewelt zu entspringen. In den Gesichtern sorgen kleine weiße Augen mit schwarzem Punkt als Pupille für einen befremdlichen Ausdruck. Stark gerötete Wangen und Augenparteien betonen den emotionalen Zustand der Figuren und weisen beispielsweise auf Ärger oder Wut hin. Zu sehr aber dominiert der Konflikt mit der inneren Rastlosigkeit der Figuren. Es herrscht eine gewisse Strenge vor, die eine doch zurückweisende, belastende Stimmung erwirkt und damit auch Distanz zur Hauptfigur schafft. Der Farbeinsatz beschränkt sich auf ein reduziertes Spektrum: Rot bis Rosa, Schwarz bis Grau und eher blasses Blau lassen eine gewisse Kälte von den Bildern ausgehen. Auch zum Ende wird hier die zurück gewonnene Harmonie nicht ";spürbar";.
Fazit:
Nicht selten bestimmt der erwachsene Anspruch an die Entwicklung unserer Kinder das Verständnis für bestimmte Verhaltensweisen des Nachwuchses. Schnell wollen wir ein Abweichen vom rechten Weg erahnen und befürchten. Da heißt es ";Kurskorrektur auf Biegen und Brechen"; statt sich intensiv auf Kinder einzulassen, teilzuhaben an ihren Wünschen und Gedanken, Zugang finden zu ihren Gefühlen. Zugegeben, ein manchmal wirklich nicht einfacher und vor allem komplexer Prozess. Den aber sind wir unseren Kindern mindestens schuldig, möchten wir sie zu einer eigenen charakterstarken Persönlichkeit heranwachsen sehen. So sollten wir mehr ";Begleiten"; statt ";Bestimmen"; – und sammeln wir Erwachsenen gerade dabei nicht besonders lehrreiche Lebenserfahrungen?
Brigitte Minne macht diese Notwendigkeit bewusst und führt in der Mischung der Lebensarten von Feen und Hexen den Konflikt zu einem glücklichen Ende. Die emotionale Tiefe der Botschaft, die Spannungen und der Konflikt werden in den Bildern leider nicht wirklich aufgelöst, was vor allem jüngeren Kindern den Zugang deutlich erschweren wird.
Brigitte Minne, Residenz-Verlag
Deine Meinung zu »Hexenfee«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!