Warum muss man ständig Dinge machen, zu denen man eigentlich keine Lust hat? Zähneputzen, Meerschweinchen füttern, pünktlich nach Hause kommen, Zimmer aufräumen und viele andere lästige Aufgaben nerven doch gewaltig.
Aber ohne geht es auch nicht. Wenn Tina sich nicht um das Meerschwein kümmert, zieht es kurzerhand aus. Wenn Julia vor der Abfahrt in den Urlaub nicht aufs Klo geht, müssen ihre Eltern das Klo mitnehmen. Und wenn Paul ständig fernsieht, wächst er auf dem Sofa fest. Anne muss sich jeden Tag die Haare kämmen, sonst legt der Osterhase die Eier auf ihren Kopf. Und Leo geht es gar nicht gut, wenn er zu viel Eis ist. Er friert dann ein. Das sind jedenfalls die lustigen Erklärungen der Kinder, warum sie etwas machen müssen, das sie eigentlich gar nicht wollen. Aber dann folgen noch die anderen, die ";richtigen"; Erklärungen. Wenn Tina den Meerschweinchen-Käfig nicht sauber macht, dann stinkt er. Und wenn das Meerschweinchen nicht regelmäßig zu fressen bekommt, wird es krank. Wenn Julia nicht vor der Autofahrt aufs Klo geht, muss sie warten, bis Papa eine Stelle zum Anhalten findet – und das kann dauern! Oder sie muss am Straßenrand Pipi machen. Und wenn Opa zu schnell fährt, weil Julia so dringend aufs Klo muss, wird er vielleicht geblitzt und muss das teuer bezahlen. Paul wächst natürlich nicht wirklich auf dem Sofa fest, wenn er zu viel fernsieht. Aber lustig sähe das schon aus. Er hätte ganz andere Probleme: er würde vielleicht schlechte Augen bekommen oder wäre nicht trainiert genug für die Fußballmannschaft. Was aber noch schlimmer wäre, seine Freunde würden ohne ihn spielen, weil er ja weniger Zeit für sie hätte. Auch Anne würde es besser gehen, wenn sie sich regelmäßig die Haare kämmen würde. Sie würden dann nicht verfilzen und täten beim Kämmen weh. Außerdem müssten sie dann nicht irgendwann ganz abgeschnitten werden, weil sie so verfilzt wären, dass man mit dem Kamm gar nicht mehr durchkommt. Tja, und dann ist da noch der eingefrorene Leo, der zu viel Eis gegessen hat. Natürlich friert er nicht wirklich ein vom vielen Eis essen, aber Bauchschmerzen bekommt er bestimmt davon und außerdem hat er dann kein Geld mehr übrig, um Karussell zu fahren. Das wäre doch schade.
Warum man vom Aufräumen bis zum Zähneputzen viele unbeliebte Dinge machen muss, zeigen die Autorin Brigitte Raab und die Illustratorin Manuela Olten ganz plastisch in ihrem wundervollen Buch. Unverkennbar trägt es die Handschrift der Designerin, deren Bücher auf den ersten Blick zu erkennen sind. Ihre halslosen Figuren mit den großen Köpfen und dünnen Spargelbeinen sind so ausdrucksstark und liebenswert, dass man sie einfach mögen muss. Ohne Text geht es hier aber nicht ganz, denn die Erklärungen der Kinder für Dinge, die sie ungewollt machen müssen, sind so einfallsreich, dass man durch die Illustrationen allein nicht darauf kommen würde. Wer kommt schon auf die Idee, dass Meerschweinchen mit dem Meerschweinchen-Umzugswagen ausziehen, dass die kleinen Putzmänner kommen, wenn man sich nicht die Zähne putzt oder dass Paul gar nicht auf dem Sofa festwachsen kann, weil bei ihm zu Hause gar kein Sofa vor dem Fernseher steht? Der Text ist knapp und griffig und unmissverständlich. Egal ob die Bilder den Text oder der Text die Bilder stützt, beides ist fabelhaft aufeinander abgestimmt und damit rundherum zielgruppengerecht.
Fazit:
Ein gelungenes Buch mit frech-witzigen Erklärungen über die wichtigsten Regeln, die das Kinderleben bestimmen und Kinder in ihrer Freiheit beeinträchtigen.( Nach einfallsreichen und originellen Erklärungen folgen die ";korrekten"; Erläuterungen, warum man etwas tun muss, zu dem man gar keine Lust hat.) Die Kombination drollig-lustiger und tatsächlicher (weniger lustiger) Gründe für die Einhaltung bestimmter Regeln, gepaart mit den frechen, warmen Illustrationen überzeugen den Leser – jedenfalls theoretisch. Ob er beim nächsten Eis wirklich weniger isst oder sich danach abends die Zähne gründlicher putzt, muss die Praxis erst noch beweisen. In jedem Fall gehört ";Warum muss ich das?"; zu der Sorte Bücher, die man gerne und oft in die Hand nimmt und immer und immer wieder ";durcharbeitet";.
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