Ein wilder Sommer am Fluss
- Beltz & Gelberg
- Erschienen: Juli 2006
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Kinderbuch des Monats (07.2006) ";Henni schreibt eine Fortätzung!";, behauptet der kleine Frank. Immerhin hat Henni Octon alle elf Exemplare ihres ersten, erfolgreichen Buches ";Stellastr. 45+47"; verkauft. Um bei der Wahrheit zu bleiben, verschenkt. Kein Hinderungsgrund sich nicht erneut an den Computer zu setzen. Der neue Roman ist eine wilde, sommerlich warme, australische Weihnachtsferien – Abenteuergeschichte über die Freunde aus der Stellastraße, die Speck-Senke, den alten Jim und den geheimnisvollen Wimmerwuchs.
Die elfjährige Henni, Ich-Erzählerin und das ";menschliche Lesezeichen";, wie sie ihr Freund Zev nennt, will Schriftstellerin werden. Nach interessanten Stoffen für ihre Bücher muss sie gar nicht weit suchen. Henni beobachtet ihre Familie, die Freunde, Nachbarn und beschreibt einfach nur, wie sie leben. Ein ganzes Buch könnten allein schon die Konflikte mit ihrer gemeinen, jüngeren Schwester Danielle füllen. Die Freunde aus der Stellastraße, sieben Erwachsene, fünf Kinder und Brikett, der verfressene Hund beschließen jedenfalls die sommerlichen Weihnachtsferien gemeinsam zu verbringen. Donna ist hochschwanger und darf den Ort auswählen. ";Ich will in die Wildnis. Ich möchte an einen wunderschönen, friedlichen Ort, an den ich zurückdenken kann, wenn ich nachts aufstehe, um mein schreiendes Baby zu füttern."; Der alte Jim, ein wortkarger Wildhüter und Dingojäger, sucht für die erholungsbedürftigen Stadtmenschen aus Melbourne einen stillen, unberührten Platz zum Campen. ";Durch die alten Gummibäume erblickten wir eine breite Flussbiegung. Das Wasser plätscherte über sonnengewärmte Steine. Flussabwärts bildete ein Ring aus größeren Steinen eine Art Schwimmbecken und am anderen Ufer ragte ein wunderbar dichter Wald empor…"; ";,Großartig!´ sagte Rob. Dann probierte er sein Handy aus. Nichts. Die Außenwelt war verschwunden.";
Es scheint so als seien sie in ein "; Wildnis-Poster "; gefahren, meint Zev. Die Zivilisation ist vergessen. Auch wenn Hennis Vater seine Zeitung vermisst und immer alles durchorganisieren will, Kinder, wie Erwachsene kommen gut miteinander aus und genießen den idealen Flecken Natur. Als Henni, Danielle, Zev, Frank und Cass ihre Wildnis-Lektion erhalten haben: ordentlich Krach machen, damit sich keine Schlangen in ihre Nähe wagen, viel Wasser trinken, eincremen usw. beginnen für die Kinder die unbeschwerten Ferientage, die hoffentlich nie enden. Henni beschreibt die Idylle und der Leser ahnt, so friedlich wird es nicht bleiben. Alle baden nackt im Fluss, entdecken eine Ruine, gehen auf Schatzsuche und erkunden die Speck-Senke mit uraltem Baumbestand und seltenen Tieren. Doch dann ist Silvester und die Urlauber bemerken, dass ihre Vorräte allzu schnell aufgebraucht sind. Die Kinder legen sich auf die Lauer und erwischen Kippe, der eigentlich Clay heißt, auf frischer Tat. Sie können den verwahrlosten Jungen, der weder bei seiner Mutter noch bei seinem Vater leben will, nicht ausstehen. Kippe will unbedingt seine Sozialarbeiterin Donna sprechen. Um der ruhebedürftigen Schwangeren den Urlaub nicht zu vermiesen, versorgen die Kinder Kippe auf der anderen Flussseite mit Nahrung und vertrösten ihn auf die nächsten Tage.
Von kleineren Streitereien mit Schwester Danielle abgesehen, könnte alles ganz wunderbar sein, wäre da nicht Mattock, der Chef vom Sägewerk, der plötzlich auftaucht und sich über die Anwesenheit der Urlauber aufregt. Er fordert ihre Abreise, denn er will die alten Schwarzholzakazien in der Speck-Senke illegal fällen. Inzwischen haben die Kinder durch den alten Jim herausgefunden, dass Mattock wahrscheinlich am Wimmerwuchs interessiert ist, einem seltenen Muster im Holz. ";…,Wellen in der Maserung. Schön genug für die Rückseite einer Geige."; Doch da ist Mattock an die Falschen geraten. Natürlich dulden Donna und die Freunde diesen Raubbau an der Natur nicht und sie lassen sich nicht einschüchtern. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Donna bekommt ihr Baby mitten in der Wildnis, die Bulldozer fahren auf die Senke zu und die Kinder retten gemeinsam mit Kippe in einer abenteuerlichen Aktion die alten Bäume. Zum guten Ende der Ferien teilt der alte Jim den Urlaubern mit, dass er diesen wundervollen Landstrich gekauft hat und wenn er mal nicht mehr ist, erbt Donna dieses Naturparadies.
Elisabeth Honey wurde 1947 im australischen Bundesstaat Victoria geboren. Die Honeys lebten auf einer Farm mitten in der Natur in der Nähe von Wonthaggi. Sie hat drei Geschwister und besonders mit ihrer jüngeren Schwester Mary verlebte sie eine wilde Kindheit – sie kletterten auf Bäume, spielten mit Hunden und Pferden und stellten eine Menge Unsinn an. Lesen war immer sehr wichtig für Elizabeth und so spart die Autorin auch nicht mit Leseanregungen. Immerhin wird den Kindern aus der Melbourner Strasse jeden Abend aus Roald Dahls ";Mathilda"; vorgelesen. Darth Vader mischt mit und beim Schätze suchen finden die Jungen und Mädchen den Fuß von ";Alice im Wunderland";.
Elisabeth Honey, für den Roman ";Salamander im Netz"; 2003 schon einmal für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert, hat mit ";Ein wilder Sommer am Fluss"; eine unverwechselbar witzige Sommergeschichte geschrieben. Ihre Heldin Henni hat recht, niemand würde ihr in der neuen Schule diese verrückten Erlebnisse mit dem versöhnlichen Happy End glauben. Da aber so spannend und lebendig frisch erzählt wird, freut man sich als Leser mit den Protagonisten über diese rundum gelungenen Ferien. Etwas pathetisch klingen manchmal Hennis bedeutungsschwere Sätze, denn: "; Wer gut schreiben will, muss ehrlich sein."; Und das ist Elisabeth Honey, denn sie beobachtet genau, schreibt schwungvolle Dialoge und kann es sich nicht verkneifen, einen umweltkritischen Aspekt in die Handlung einfließen zu lassen. Immerhin macht die Zivilisation mit all ihren Problemen auch vor der Wildnis nicht halt. Da braucht es engagierte Menschen, die die Augen offen halten, sich mutig für Flora und Fauna einsetzen und nicht einfach nur gleichgültig ihren Müll in der Natur liegen lassen. Wichtig in dieser Geschichte ist das Gemeinschaftserlebnis, denn es gibt kein ";Ich";, sondern immer nur ein ";Wir";. Und wenn ";Baby Wassermelone"; dann auf der Welt ist, verbindet alle ein einmaliges Erlebnis. Die altersgemischte Kindergruppe unternimmt gemeinsam ihre Erkundungen, sie streiten sich und halten bei Gefahr zusammen. Auch wenn das alles nach – zu schön um wahr zu sein – klingt, wünscht sich doch jedes Kind solch eine gut funktionierende Clique – gerade in den Ferien oder solch ein Buch, um teilzuhaben an den Abenteuern der anderen, die ja so wirklich hätten stattfinden können. Elisabeth Honeys schwarz-weiß Zeichnungen begleiten ihren Text.
Fazit:
Auf der Suche nach einem unterhaltsamen, heiteren Ferienbuch ist "; Ein wilder Sommer am Fluss "; genau das Richtige. Eine Geschichte, in der alles vorkommt: Abenteuer, Spannung, Freundschaft, Fröhlichkeit und vor allem eine Kindergruppe, die zusammen durch dick und dünn geht.
Elisabeth Honey, Beltz & Gelberg
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