Thora Meermädchen

Thora Meermädchen
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonMai 2006

Idee

Die kluge und selbstbewusste Thora -eine gelungene Identifikationsfigur für Mädchen. Eine Geschichte, angefüllt mit sympathischen Charakteren und guten Ideen, erzählt von Thoras´ ganz eigener Welt.

Bilder

Gillian Johnsons Illustrationen sind sehr sympathisch und eigenständig – schön, wenn eine Autorin ihre Bilder auch auf diese Weise weitergeben kann.

Text

Eine leichte, schöne Sprache, die voller Humor und Fantasie durch die Geschichte trägt.

Ein alter Mann, ein Boot und 1 ½ Meerjungfrauen. In Gillian Johnsons kurzweiligem und frechem Kinderroman ist es aber nicht etwa der alte Mann, der hier im Mittelpunkt steht, sondern es ist das ";halbe" Meerjungfräulein Thora. Von ";zwischen den Welten" kommend und an Land gestrandet, muß sie so manche Herausforderung meistern. Aber bei Thoras´ Horizont ist das gar kein Problem...

Die Meerjungfrau Halla hätte es wissen müssen. Ja, sie wußte es auch, denn alle hatten es ihr vorher gesagt: Ein Mensch und eine Meerjungfrau haben keine gemeinsame Zukunft. Doch die Liebe zu dem Mann, der sie eines Tages buchstäblich am Haken hatte, war größer als jede Vernunft. Jetzt steht Halla das Wasser bis zum Halse und das ist, auch im übertragenen Fall, für eine Meerjungfrau gar nicht gut. Von ihrem Angetrauten fehlt jede Spur, ihre Familie hat sie verstoßen und gerade ist ihr Baby zur Welt gekommen und schreit seit Tagen und Nächten den verträumten Badeort zusammen, denn das Kind will von der üblichen Meerjungfrauenkost nichts wissen. Halla erhält vom Seeweib, tief unter dem Meer, nur den Rat, es mit Menschenfutter zu versuchen. Außerdem prophezeit sie eine schwierige Zukunft für ihre Tochter Thora: Ihr Tocher soll zehn Jahre zwischen den Welten leben - also weder im Wasser noch an Land - sonst werden Mutter und Tochter denselbsten Weg des Ehemannes gehen. Und welchen der wohl gegangen sein mag, weiß niemand so genau.

Doch dann hört Halla, daß Thora plötzlich aufgehört hat zu schreien. Beunruhigt macht sich Halla auf den Weg zum Hausboot in dessen Rumpf für sie ein Loch geschnitten wurde. Da steht ein älterer Herr, eingehüllt in Zigarrenrauch, und blickt sie sichtlich zufrieden an. Es handelt sich hierbei um keinen anderen als Mr. Walters: ein ehemaliger und sehr erfolgreicher Sportjournalist, der nun, auf seine alten Tage auf Weltenbummler-Tour ist. Er hat das Kind schreien gehört und hat bei den Grünberg-Schwestern vom ";Schiefen Kino" die notwendige Erst-Ausstattung erhalten. Mr. Walters bleibt schließlich bei den verstoßenen Meerjungfrauen und versteht, daß mit ";zwischen den Welten", das Hausboot ";Loki" gemeint ist und so macht sie die kleine, ungewöhnliche Familie auf die lange Reise. Da man aber auch auf dem Meer zum Leben ein wenig Geld braucht, hat Mr. Walters eine Idee: Hallas Schwimmtalent ist unübertroffen. Kein menschlicher Schwimmer würde gegen sie gewinnen können. Mr. Walters lässt seine alten Beziehungen spielen und meldet Halla zu allen wichtigen Schwimmwettbewerben und -rekorden an. Es funktioniert: Halla wird in einen Schwimmanzug gesteckt, der später als der ";Halla-Anzug" berühmt wird, und die drei bleiben auf See. Schließlich aber sind die zehn Jahre vorüber und Thora soll nun lernen, an Land zu leben. Halla zieht sich auf einen unansehnlichen Felsen vor dem Küstenort ";Grimli", ihren damaligen Ausgangsort, zurück und Thora und Mr. Walters legen mit der ";Loki" im Hafen an. Doch dann muß Mr. Walters überraschend fort. Thora hat zwar einiges über die merkwürdigen Verhaltensweisen der Menschen von ihrer Mutter gehört, aber es fällt ihr dennoch schwer, sich mit diesen eigenartigen Individuen zu arrangieren.Einzig die Kinder sind ein wahrer Lichtblick für Thoras einsame Zeit - doch dann weiß selbst die ziemlich abgeklärte Thora nicht mehr weiter, denn jemand hat ihre Mutter vom Felsen entführt...

Gillan Johnson beginnt mit diesem Buch die Trilogie über ein Mädchen, das halb Mensch, halb Meerjungfrau so einige Abenteuer erleben und sicherlich jede Menge Freunde finden wird. In diesem ersten Teil bereitet Gillian Johnson den Boden für ihre nachfolgenden Romane. Denn hier erfahren wir etwas über Thoras Herkunft, ihre viefältigen Schwierigkeiten und werden ganz und gar leichtfüßig in ihre ganz eigene Welt eingeladen. Mit ";Thora Meermädchen" legt sie für ihre Zielgruppe ganz gelungen den Grundstein - und das nicht zuletzt mit ihren charmanten Zeichnungen.

Zunächst führen uns nämlich Gillian Johnsons humorvolle Illustrationen in die Welt Thoras ein: Thora hat ihre Welt und die darin wichtigen Personen aufgezeichnet und kurz kommentiert. So erfahren wir gleich, wie Thora aussieht, und was diese eigenwillige Hüftkette über ihrem Schwimmanzug zu bedeuten hat - es sind nämlich die Goldmedaillen ihrer Mutter - aber wir werden auch über die besonderen Eigenschaften ihrer Mutter, ihres Pfaus Cosmo und von Mr. Walters aufgeklärt. Und so geht es zunächst munter weiter, bis wir so richtig neugierig darauf werden, diese Orte und Menschen endlich kennen zu lernen.

So locker wie der Anfang des Buches - so bleibt es auch. Dabei ist es vor allen Dingen Gillian Johnsons leichter und positiver Sprache zu verdanken, daß nichts in diesem Buch wirklich bedrohlich wirkt. Vielmehr scheint es der Autorin in jenen, wohl eher ernsten Momenten schwerzufallen, das Lächeln von dem Gesicht des Lesers verschwinden zu lassen. Doch in einigen, sehr emotionalen Begegnungen gelingt es ihr durchaus: Thoras Schicksal berührt, auch wenn wir erst sehr zum Ende des Buches davon erfahren. Auch Thora selbst begegnen wir in diesem ersten Buch ziemlich spät: Zunächst berichtetet die Autorin über die abenteuerliche Weltreise, die die drei unternehmen müssen - Thora lernen wir erst so richtig kennen, als sie mit Mr. Walters wieder in Grimli anlandet, um länger an Land zu leben. Hier treten dann auch einige nette Begegnungen, die Thora während ihrer ";Weltumseglung" hatte, in ihren Erzählungen zu Tage.

So ist es zwar ein ";Dritter", ein Beobachter, der uns Thoras Geschichte erzählt - und damit auch so manche Begebenheit sehr viel effektvoller schildert - doch im Prinzip erleben wir Thoras´ Abenteuer aus ihrer eigenen Sicht. Wie sie, können wir nur wenig hinter die Kulissen der anderen Mitstreiter blicken; nur die Kenntnis darüber, wie Menschen an Land nun einmal miteinander verkehren, macht uns in manchen Momenten zu den lächelnden Überlegenen. Dabei begleiten wir Thora in ihre abenteuerliche und ganz und gar nicht geregelte Alltagswelt und erfahren von ihren eigenartigen Vorlieben und Ritualen. Auch tun sich uns auch einige unterhaltsame Nebenschauplätze auf: Die schon etwas schrulligen Grünberg-Schwestern, die Kinder und die ";High-Society" von Grimli - allen voran natürlich der besitz- und machthungrige Frutti die Mare, der ganz klar der Bösewicht dieser Geschichte ist.

Ein paar Ungereimtheiten in der Logik dieser, von Gillian Johnson geschaffenen Welt haben mich aber dennoch gestört. Dazu gehört für mich vor allen Dingen die Frage, wie Hallas Fischschwanz in einen (zweibeinigen) Schwimmanzug gepasst hat und wie das die Öffentlichkeit - denn Halla war ja immerhin ein Schwimm-Star - in zehn Jahren nicht bemerken konnte. Mehr noch, wie konnte es ihr in diesem Anzug gelingen, Rekorde zu schwimmen? Wofür Meerjungfrauen ein Blasloch brauchen, wenn sie doch Kiemen haben, habe ich mich auch gefragt. Aber in einem Märchen über Wassernixen sollte man sich so etwas vielleicht nicht fragen.

Dennoch: Die Geschichte machte einfach Spaß und man muß den Einfallsreichtum der Autorin, die in vielen kleinen Details der Geschichte zu finden sind, einfach mögen. Dabei erinnert Thora - ich kann mir nicht helfen - mit ihrer vorwitzigen und ziemlich respektlosen Art und ihrem kecken Pferdeschwanz, ihren eigenwilligen Schwimmanzügen und ihrem ständigen Begleiter, dem Pfau Cosmo, irgendwie an die berühmte Pippi Langstrumpf. In ihrem Mut und ihrer Schlagfertigkeit, die sie mit Unschuldsmiene den einfältigen Erwachsenen angedeihen lassen, sind sie sich auf jeden Fall sehr ähnlich. Dabei ist Thora überaus sympathisch. Sie ist einfühlsam, tapfer, verfügt durch ihre Reisen quer durch die ganze Welt über ein ungeheures Allgemeinwissen - ja, man möchte fast sagen, Weisheit - und ist durch fast nichts aus der Ruhe zu bringen. Eine Identifikationsfigur, die sicherlich auf Dauer erfolgreich sein wird.

In ihrem Debüt, so viel darf ich wohl verraten, findet Thora ihre Wurzeln und mit diesem Wissen macht sie sich zu neuen Abenteuern auf. Mit Halla, Mr. Walters und Cosmo. Wir dürfen sehr gespannt sein, wohin sie ihre Reise das nächste Mal führen wird. Denn ";zwischen den Welten" sind die Möglichkeiten wohl unbegrenzt.

Fazit:

Ein gelungenes Debüt für Thora. In ihrem ersten der insgesamt geplanten drei Bände lernen wir eine sehr sympathische Hauptdarstellerin kennen. Sie ist frech, klug und nimmt nach Möglichkeit nichts zu schwer. Gillian Johnson erzählt angenehm unverkrampft und würzt das alles noch mit einer ordentlichen Prise Humor.

Stefanie Eckmann-Schmechta 


Thora Meermädchen

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