Den Mut haben, die Welt zu entdecken
Zusammen mit seinem großen Bruder lebt der kleine Bruder in einer Blume im Dschungel. Als der große Bruder davon träumt, mal die Sterne zu sehen, wird es dem kleinen Bruder ganz anders – denn das Unbekannte bedeutet Gefahr. Doch der große Bruder lässt sich nicht beirren und macht sich auf den Weg. Als es Nacht wird und er noch immer nicht zurück ist, macht sich der kleine Bruder Sorgen. Obwohl er sich ganz arg fürchtet, macht er sich schließlich auf den Weg, um den großen Bruder zu suchen. Dabei lernt er allerlei unbekannte Geschöpfe kennen. Und schließlich findet er nicht nur den großen Bruder, sondern auch eine ungeahnte Freiheit.
Es braucht eine große Portion Phantasie
Für ihre Geschichte setzt Autorin und Illustratorin Linde Faas darauf, dass die Kinder mit einer großen Phantasie ans Werk gehen und sich sowohl in den kleinen Bruder als auch in die Autorin hineinversetzen können. Denn dass es sich bei den Brüdern um Frösche handelt, ist zunächst mal nicht wirklich klar, zumal sich die Kinder hierzulande Frösche vor allem in Verbindung mit Wasser vorstellen. Auch die Wesen, denen der kleine Bruder auf seiner Reise begegnet, trifft er an einem ungewohnten Ort. Da sind also sowohl die Kinder wie auch die Erwachsenen, die die Geschichte erzählen, tüchtig gefordert. Vor allem, wenn sie auf die Fragen der Kinder, die mit großer Wahrscheinlichkeit auftauchen, antworten wollen, müssen sich die Erwachsenen vorher erst mal mit der Ausgangslage vertraut machen.
Fragwürdig ist auch die Aussage in der Geschichte, dass der große Bruder den kleinen Bruder absichtlich im Ungewissen ließ über seinen Aufenthalt, um ihn aus der Reserve zu locken. Die Kinder wären durchaus in der Lage, die Situation zu adaptieren und je nach Situation ihre Eltern oder Freunde nach diesem Prinzip herauszufordern. Die Erklärung, dass der große Bruder immer in der Nähe des kleinen Bruders war und ihn auf diese Weise behütete, steht hinter dem Gefühl der Verlassenheit zurück.
Stimmungsvoll aber schwer erkennbar
Bei ihren Illustrationen setzt Linde Faas bewusst ein sehr künstlerisches Zeichen. Die Konturen verschwimmen und es entsteht eine diffuse Welt voller Farben. Damit wird ein sehr stimmungsvolles Bild erzeugt, das jedoch von vielen Kindern nur schwer interpretiert werden kann. Da es sich hier um ein Bilderbuch handelt, dessen Zielpublikum bei vier Jahren und älter liegt, dürfte die Bildsprache etwas eindeutiger sein, soll die Aufmerksamkeit des Kindes für eine längere Zeit gefesselt werden. So schön die Bilder sind, die Geschichte erzählen sie nur mäßig.
Fazit
Linde Faas präsentiert eine Geschichte, die dazu animieren soll, aus den Grenzen auszubrechen und sich für die Welt zu öffnen. Begleitet wird diese Geschichte von künstlerischen Bildern, die allerdings etwas gar diffus geraten sind.
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