Wie ein Fisch, der fliegt

  • Dachs
  • Erschienen: April 2006
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonApr 2006

Idee

Ein überzeugendes Buch zum Thema Glück mit viel Tiefgang und Anregungen zum Nachdenken. Beispiele haben hohen Erinnerungswert.

Bilder

Cover verspricht mehr, als Innenseiten bieten: einfache, teilweise schemenhafte s/w-Illustrationen, die die Geschichten zwar unterstützen, aber keine wichtige Funktion übernehmen.

Text

Text geht Hand in Hand mit der hervorragenden inhaltlichen Umsetzung des Themas „Glück“.

Was ist eigentlich Glück? Emilys Vater entscheidet sich, ein Buch darüber zu schreiben. Emily findet allerdings, dass das ziemlich kitschig klingt. Doch nicht nur Emily wird überrascht...

Glück ist so vielfarbig wie ein Regenbogen, es stellt sich in vielen Variationen dar. Glück findet sich in den alltäglichen Dingen des Lebens. Glücklich machen nicht die wertvollen Geschenke, sondern die kleinen, unscheinbaren. Glücksgefühle empfindet man, wenn man Freunde findet oder wenn man plötzlich bemerkt, dass man keine Angst mehr vor etwas hat. Aber man empfindet nicht nur Glück, man kann auch Glück haben. Dann z. B., wenn etwas gelingt, was beinahe schief gegangen wäre.

Die Rahmenhandlung ist kurz erzählt: Durch den knappen Dialog des Dichters mit seiner Tochter Emily erfährt man, dass er ein Buch über das Glück schreiben möchte. Ihr wiederum scheint das doch ein bisschen langweilig zu sein, eben zu wenig ";Action". Der kurze Dialog zwischen Vater und Tochter nach bzw. vor jeder Geschichte ist auch gleichzeitig der Stichwortgeber für alle weiteren. Aus diesem ";Rahmendialog" entstehen Geschichten wie z.B. über Herrn Gump, der niemals lächelt und sich über alles und jeden ärgert - egal ob es einen Grund dafür gibt oder nicht. Durch einen Kommentar inspiriert, beginnt er über sich nachzudenken und sich über die kleinen Dinge des Lebens zu freuen: über das Lächeln und den Gruß eines Menschen, über den Wind und das Wasser. Und er empfindet Glück.
In einer anderen Geschichte irrt das scharfe Messer herum und bittet den Brotlaib, den Holzscheit, die Erde und die Steine ihn stumpf zu machen, weil es Angst vor seiner eigenen scharfen Klinge hat. Doch es gelingt ihnen nicht. Als die Mutter verzweifelt nach dem einzigen scharfen Messer sucht, verfliegt seine Angst. Dem Messer wird bewusst, dass es - so wie es ist - dringend gebraucht wird. Und das macht es glücklich.

In wieder einer anderen Geschichte geht Niko mit seinen Großeltern zum Kinderfest. Bei der Tombola gewinnen alle Kinder großartige Dinge, nur Niko geht enttäuscht mit einem kleinen Steck-Schach-Spiel nach Hause. Doch dieses kleine Spiel entpuppt sich als größeres Glück als alle wertvollen Geschenke der Welt: der Freund seiner Mutter, zu dem er bisher keine besondere Beziehung hatte, zeigt ihm, wie man Schach spielt. Damit entwickelt sich etwas Gemeinsames zwischen ihnen.

In der Geschichte ";Luftikus und der Bademeister" gibt es eine Fisch namens Luftikus, der lieber fliegt als schwimmt. Die anderen Fische stört es, dass er anders ist als sie. Darum beschweren sie sich überall über Luftikus, bis sie auf den Bademeister stoßen. Da dieser als Kind selber gerne geflogen wäre und den Fisch Luftikus daher sehr gut verstehen kann, rät er den anderen Fischen, ihn gewähren zu lassen. Er erforsche damit neue Wege und es mache ihn offensichtlich glücklich.

Aber es gibt auch das trügerische Glück. In der folgenden Geschichte ist Karl-Heinz erfolgreicher Chef von zwei Betrieben. Er besitzt einen Sportwagen und hat eine gebildete und schöne Freundin. Als letztere ihn auf dem Höhepunkt seines Erfolgs verlässt, weil ihr Geld und Erfolg nichts bedeuten, scheint ihn sein Glück zu verlassen. Doch Karl-Heinz lässt sich nicht so schnell unterkriegen. Mit einem gequälten Lächeln schaut er sein Spiegelbild an und versucht sich damit zu trösten, dass er ja immerhin Jungunternehmer des Jahres sei und damit glücklich sein könne. Aber eines wird deutlich: Erfolg allein macht nicht wirklich glücklich.

Mit seinen Geschichten über ";Glück haben" und ";glücklich sein" ist Georg Bydlinski ein sehr schönes Buch gelungen. Jede einzelne Geschichte stellt eine andere Variante des Glücks dar. Und jede einzelne Geschichte regt zum Nach- und Weiterdenken an. Obwohl die Geschichten kurz sind, gelingt es dem Autor, das Wesentliche in anschaulicher und nachdenklicher Weise darzustellen. Trotz fliegender Fische, Kobolde oder denkender Messer wirkt keine einzige Geschichte absurd oder ";kitschig", um Emilys Wort zu benutzen. Die beeindruckende Mannigfaltigkeit des Glücks wird dem Leser in liebevoller, tiefsinniger und geistreicher Weise vor Augen geführt. Das gelungene farbige Cover macht das Buch auf den ersten Blick unwiderstehlich. Die einfachen s/w-Illustrationen von Jens Rassmus im Innenteil führen aber leider nicht das fort, was das Cover verspricht. Das Gefälle vom hervorragenden Cover zur einfachen s/w-Illustration im Innenteil ist zu groß. Nur für sich betrachtet sind die Illustrationen allerdings gut auf den Text abgestimmt und unterstützen ihn, auch wenn sie sehr einfach und schemenhaft sind.

Fazit:

";Wie ein Fisch, der fliegt" mit dem Untertitel ";Geschichten vom Glück" von Georg Bydlinski erfüllt alle Erwartungen, denn das Buch handelt nicht nur vom Glück, sondern es macht auch glücklich. Das Glück wird in zahlreichen Varianten dargestellt, vom glücklich sein über Glück haben bis hin zum äußeren Schein vom Glück. Jede einzelne der zwölf Geschichten bietet so viel Stoff zum Nachdenken, dass man sie sich in Etappen zu Gemüte führen sollte. Die Geschichten bewegen und berühren einen beim Lesen, weil man sich in jeder einzelnen Geschichte wiederfindet. Garantiert wird der Leser - ob groß oder klein - nach der Lektüre davon überzeugt sein, dass jeder Mensch irgendwie glücklich sein kann. Gelegentlich muss man nur daran erinnert werden. Und das gelingt dem Autor hervorragend und dazu noch auf poetische Weise.

Marijke Lass 


Wie ein Fisch, der fliegt

Georg Bydlinski, Dachs

Wie ein Fisch, der fliegt

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