Alle Sinne nutzen
Lisa tobt gerne draußen, auch mit anderen Kindern. Sie findet es schön, dass der neue Junge aus der Nachbarschaft, Lenny, zu ihnen stößt. Aber Lenny leidet darunter, dass die anderen Kinder ihn ausgrenzen, weil er anders ist. Seine großen Ohren sorgen immer wieder dafür, dass Lenny ausgegrenzt wird. Und auch jetzt, im Spiel mit Lisa und ihren Freunden, erlebt Lenny, wie er wegen seiner Ohren hochgenommen wird. Als er sich gekränkt zurückziehen will, nimmt ihn Lisa an der Hand und entführt ihn in einen Tag voller Überraschungen. Die größte Überraschung aber ist, dass man die Welt mit allen Sinnen erleben kann – und dass das Rot der Erdbeeren plötzlich auch zu schmecken ist.
Viele gute Aspekte
Das Zwillingspaar Christian und Fabian Jeremies legt ein Bilderbuch vor, das Opfern von Ausgrenzung Selbstvertrauen geben soll. Um das zu erreichen, haben die Autoren die beiden Protagonisten Lisa und Lenny in den Mittelpunkt gestellt. Lisa eröffnet dem verunsicherten und durch ständige Spötteleien in der Seele verletzten Lenny eine völlig neue Welt. Sie lehrt Lenny, die Welt mit allen Sinnen wahrzunehmen und damit deren ganze Schönheit neu zu erfahren.
Doch trotz all der guten Aspekte will die Geschichte nicht ganz so harmonisch zusammenpassen, wie man es sich von einem Bilderbuch wünschen würde. Der wegen seiner großen Ohren ausgegrenzte Lenny hat nämlich keine Beeinträchtigung, die ihm einen Teil der Welt verbergen würde. Er könnte trotz seiner äußerlichen Merkmale durchaus alle Facetten wahrnehmen. Lisa hingegen, die schlecht sieht, ist bei ihrer Erkundung auf die anderen Sinne angewiesen und gibt ihrem neuen Freund den Input, diese Sinne ebenfalls einzusetzen. Zurück bleibt die Leserin, der Leser, mit der Frage, was genau denn das Bilderbuch nun erzählen möchte.
Sehr schön gezeichnet
Die etwas schräge Story des Bilderbuchs wird durch die schönen Illustrationen teilweise wettgemacht. Die Kinder und ihre Umgebung werden mit vielen kleinen Details versehen, so dass das Betrachten des Buches mit kleineren Kindern zu einer echten Entdeckungsreise werden kann. Hübsch dargestellt ist die ohne Brille fast blinde Lisa, die ihre Augen stark zusammenkneifen muss, um überhaupt etwas wahrzunehmen und dennoch ihre Lebensfreude nicht verloren hat. Die Phantasie von Lisa kommt in den Bildern wunderbar zum Ausdruck und die betrachtenden Kinder sind in der Lage, nachzuvollziehen, was die Geschichte ihnen mit den jeweiligen Szenen tatsächlich erzählen möchte.
Fazit
Erdbeeren schmecken rot ist ein schönes Bilderbuch, das dazu anregt, die verschiedenen Sinne zu nutzen, um die Welt nochmals ganz anders wahrzunehmen. Auch wenn die Story selber nur mäßig überzeugt, so vermag die Aussagekraft der Bilder doch vieles wettzumachen.
Christian Jeremies, Fabian Jeremies, Herder
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