Das große Schimpfen
- Mixtvision
- Erschienen: Februar 2022
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übersetzt von Bettina Bach; Illustrationen von Kris Di Giacomo; Hardcover, 38 Seiten
ISBN: 9783958541870
Die Eleganz des Kraftausdrucks
Auf dem Dorfplatz in Schimpfhausen steigt die Spannung ins Unermessliche. Alle scharren aufgeregt mit den Füßen, Krallen oder Hufen, denn der alljährliche große Schimpfwettbewerb beginnt gleich. Die beiden Gänse sind ein eingespieltes Moderatorenteam und erklären allen Anwesenden noch einmal schnell die Regeln und dann geht es auch schon los.
Den Anfang machen wieder die Kleinsten, diesmal der dreijährige Theo Tapir. Mutig steigt er aufs Podest, sammelt sich ein letztes Mal, unterdrückt seine Aufregung und setzt mit „Puddingpups“ einen beachtlichen Auftakt. Das Publikum ist begeistert, nur die Jury sitzt wie versteinert. Nach nur einer kurzen Werbepause geht es Schlag auf Schlag weiter, bis schließlich Harald Hirsch, Gewinner vom letzten Jahr, die Szenerie betritt. Ob er wieder so einen Brüller raushaut? Stolz und mit erhobenem Geweih schreitet er zur Bühne, alle halten angespannt den Atem an. Was wird er sich wohl für dieses Jahr überlegt haben? Doch plötzlich strauchelt der stolze Harald, er verheddert sich mit seinem ausladenden Geweih in einer Wimpelkette, stolpert über den vor ihm stehenden Theo Tapir und kracht in voller Länge aufs Podest. „Doofkopf“ schleudert er dem verstörten Theo entgegen und das Publikum hält entsetzt den Atem an. Haben Sie gerade richtig gehört? Soll Harald Hirsch tatsächlich so ein ordinäres und beleidigendes Wort verwendet haben? Also wirklich! Währenddessen hat die Jury entschieden, wer der diesjährige Sieger des Wettbewerbs ist. Nur so viel: Harald Hirsch ist es nicht…
Auf die richtigen Worte kommt es an
Auf den Spielplätzen dieser Welt entsteht durchaus manchmal der Eindruck, dass einige Kinder, sollte Schimpfen jemals als sportliche Disziplin anerkannt werden, hervorragende Aussichten auf vordere Platzierungen hätten. Zumindest, würde die Quantität der Kraftausdrücke bewertet werden. Doch es kommt, wie häufig, nicht auf die Menge, sondern auf die Qualität an. Denn auch bei Schimpfworten scheidet sich die Spreu vom Weizen und es gibt unflätige Kraftausdrücke ebenso wie eine Finesse des Schimpfens.
Natürlich zollt dieses Buch mit einem Augenzwinkern Sprachgeschick und Sprachspielereien Tribut und wählt dafür ein dankbares Thema, das Kinder begeistert. Textlich bedarf es keiner langen Erläuterungen und die kurzen Passagen sind lebendig und altersgerecht geschrieben. Sie betten die Schimpfwörter gut in die Handlung ein und geben ihnen den Raum, den sie benötigen.
Der Kunstgriff, die Geschichte durch Tiere erzählen zu lassen, schafft etwas Distanz und abstrahiert. Zudem punkten die Tiere als Sympathieträger mit dem ihnen innewohnenden Bonus. Michael Escoffier vermeidet darüber Stigmatisierungen, die zwangsläufig entstanden wären, hätte er Menschen als Charaktere gewählt. Die verschiedenen Tiere sind (fast alle) fröhlich, sympathisch und liebenswert und in ihrer Mimik sehr ausdrucksstark. Daher fällt es leicht, mit ihnen mitzufiebern und über die verbale Entgleisung entsetzt zu sein. Zusammen mit der spielerischen Gestaltung, die Sprache als gestalterisches Element nutzt, entstand ein fröhliches Buch, das Groß und Klein Freude bereitet.
Fazit
Gekonntes Schimpfen will gelernt sein und ist sprachlich kreativ und nicht beleidigend. Dann klappt es auch mit dem ersten Preis. Nachmachen ausdrücklich erwünscht.
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