Alles ist möglich
Sie schlüpfen in allerlei Rollen, die kleinen Heldinnen und Helden dieses Bilderbuchs. Sie werden zu Entdeckern, Piratinnen oder Ärztinnen, erleben die spannendsten Abenteuer und finden sich dann doch in der Geborgenheit des Elternhauses wieder. Die Kinder, die im Buch Ich kann einfach alles sein! über sich hinauswachsen und für einige Stunden ihre unterschiedlichsten Träume leben, von Figur zu Figur schlüpfen und in jeder Rolle wieder ihre Erfüllung finden, sind kleine Mutmacherinnen und Mutmacher. Die Autorin Frances Stickley bewegt sich mit ihrer Geschichte nämlich – teilweise – abseits vom noch immer weit verbreiteten Rollenbild der Gesellschaft. Teilweise deshalb, weil sie den einen Weg geht, der für alle stimmig ist: Sie kehrt nicht einfach die Rollenbilder ins Gegenteil, sondern lässt absolut offen, wer sich in welcher Figur wohl fühlt und wie das Kind den betreffenden Charakter erlebt.
Richtig ist, was sich gut anfühlt
Der weitgehende Verzicht darauf, eine Wertung ins Geschehen zu bringen, lässt das Bilderbuch zu einer nahezu gendergerechten Lektüre werden. Doch ein Stolperstein findet sich dann doch. Letztlich ist es vom Text her Mama, die für die Geborgenheit der Kinder zuständig ist. Der Papa findet nur am Rande statt, ist mehr Statist denn starker Elternteil, der dafür sorgt, dass die Kinder nach all den Rollenspielen wieder in ihre wichtigste Funktion zurückkehren – in diejenige, ein wohlbehütetes Kind zu sein. Dies ist angesichts der konsequenten gendergerechten Umsetzung der anderen Bereiche nicht nachvollziehbar. Auch wirkt das Buch teilweise turbulent, teilweise schon fast etwas getrieben: Die Kinder schlüpfen innerhalb eines Tages in so viele Rollen, dass es den kleinen Betrachter, die kleine Betrachterin ziemlich fordert. Erst recht, wenn es sich um ein ernsthafteres Kind handelt, das Zeit braucht, sich in eine Situation hineinzufinden.
Liebevoll gezeichnet
Ein großer Pluspunkt dieses Bilderbuchs sind die liebevollen und bunten Illustrationen von Lucy Fleming. Die Mädchen und Buben sind nicht nur mit allen möglichen Hautfarben versehen, sie wirken auch ausnahmslos zufrieden und glücklich in ihren Rollen. Eine üppige Umgebungsgestaltung mit vielen kleinen Details verwöhnt die Kinder, die sich vertieft mit den Bildern auseinandersetzen möchten. Aber auch aus den Zeichnungen spricht das rasante Tempo, das die Geschichte im ganzen Buch anschlägt.
Fazit
Die Idee, den Kindern klar zu machen, dass alles möglich ist, wenn sie es nur fest wollen, ist bestechend. Die Umsetzung der Idee durch Frances Stickley und Lucy Fleming wirkt allerdings etwas getrieben. Das Tempo, das aus allen Seiten und Texten spricht, droht sensible Kinder zu überfahren. Dennoch ist Ich kann einfach alles sein! eine ideale Grundlage, um mit einem Kind über dessen Träume und Wünsche zu sprechen.
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