Zwei, die sich helfen, zu überleben
Für Reenie scheint die Welt unterzugehen. Einmal mehr ist ihre Mutter in der Klinik und bei Gram kann das Mädchen auch nicht mehr bleiben, seit Grams Freund einen Teller nach ihr geworfen hat. Das Sozialamt bringt Reenie zu der ihr unbekannten Großtante Beatrice. Fest entschlossen, sich auf nichts einzulassen, gerät Reenie in eine Welt, die sie mehr und mehr erfüllt. Denn ihre Beatrice ist eine Falknerin. Und sie ist bereit, Reenie in die Nähe der faszinierenden Raubvögel zu lassen. Zaghaft freundet sich Reenie mit der neuen Situation an – erst recht, als der Virginia-Uhu Rufus verletzt in die Falknerei kommt. Mit viel Geduld erringt Reenie die Freundschaft von Rufus und hilft dem verwirrten und unglücklichen Uhu, seine Verletzungen zu überstehen. Rufus wiederum hilft Reenie, sich zu öffnen und das Leben wieder positiver zu sehen. Doch der Virgina-Uhu soll die Falknerei wieder verlassen.
Auf verschiedene Weise verletzt
Der ungewöhnliche Schauplatz – die Falknerei – ist bereits Garant dafür, dass man den Roman von Dayana Lorentz mit Interesse aufschlägt. Und schon von den ersten Zeilen weg übt die Geschichte einen besonderen Zauber aus. Die Autorin beginnt mit einem Blick ins Nest, in dem der junge Virginia-Uhu „Zweiter“ aufgezogen wird. Schnell wird klar, dass der junge Uhu weit weniger selbstbewusst ist, als seine Schwester „Erste“. Geschickt leitet die Autorin weiter zum Schicksal von Reenie, Tochter einer psychisch kranken Mutter. Das Thema „Unsicherheit“ und „Verlorenheit“ zieht sich nun wie ein roter Faden durch die Geschichte, wenn auch die beiden Protagonisten naturgegeben etwas unterschiedliche Erfahrungen sammeln. Sowohl Mädchen als auch Uhu sind jedoch auf der seelischen Ebene verletzt – Rufus, wie „Zweiter“ von Reenie genannt wird auch noch körperlich. Nach und nach können sich die beiden gegenseitig helfen, ihre Verletzungen zu überwinden und Selbstbewusstsein aufzubauen. Sehr schön ist dabei, dass das Ende sich mit dem Anspruch deckt, das Beste für Wildtiere zu tun, auch wenn es unter Umständen bedeutet, etwas loslassen zu müssen.
Zwei Erzählperspektiven
So ungewöhnlich das Umfeld ist, so ungewöhnlich ist auch der Aufbau des Romans. Dayana Lorentz hat sich für zwei Erzählperspektiven entschieden: Zum einen kommt Reenie zu Wort, zum anderen Rufus. Vor allem letzteres gibt der Autorin die Möglichkeit, sehr viel Wissenswertes über die Virginia-Uhus einfließen zu lassen, ohne dass es zu stark belehrend wirkt. Dennoch geht sie da und dort etwas an Grenzen mit den Erläuterungen, sie machen den Lesefluss manchmal etwas schwerfällig und ziehen sich auch mal ganz schön in die Länge. Dennoch braucht es nicht viel Überwindung, ganz bei der Geschichte zu bleiben und sich auf Rufus und Reenie einzulassen. Mehrere sachbezogene Anhänge geben einen noch etwas vertiefteren Einblick ins Thema „Falknerei“.
Fazit
Rufus und Reenie entführt in die faszinierende Welt der Falknerei. Mehr noch vermag aber die tiefe Freundschaft zwischen dem Uhu und dem Mädchen überzeugen. Eine Freundschaft, die bei beiden die tiefen Verletzungen heilen lässt.
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