Ballett auf Flossenspitzen
Unter einem Balletttänzer oder einer Balletttänzerin stellt man sich spontan eine anmutige und eher schlanke Person vor. Im Tierreich würden sich demnach Schwäne, kleine Mäuse oder auch Flamingos mit ihren langen Hälsen und ihrem pinken Federkleid gut eignen. Dass aus einem Walross ein guter Balletttänzer wird, ist hingegen erstmal eine sehr ungewöhnliche Vorstellung. Doch genau diesen Plan hat der Walrossbulle Franz-Ferdinand, nachdem er mit wachsender Begeisterung die Flamingo-Ballettgruppe bei ihrem regelmäßigen Training beobachtet.
Franz-Ferdinand hat einen Traum
Als Walrossbulle mit 1200 kg Gewicht, Stoßzähnen, die über einen Meter lang sind, und einem Alter von 42 Jahren erfüllt Franz-Ferdinand ganz sicher nicht die Kriterien für eine aussichtsreiche Ballettkarriere. Dennoch wird sein Wunsch, bei Madame Flamängos Balletttanzgruppe mitzutanzen, immer größer. Da er Bewegung bisher rigoros abgelehnt hat, schließlich ist ein gutes Gewicht etwas, worauf man als Walross stolz ist, beschließt er erstmal heimlich ein wenig zu üben, denn er will sich ja nicht direkt vor allen anderen blamieren. Nachdem er die Schritte soweit beherrscht, traut er sich bei Madame Flamängo vorzusprechen. Einerseits durch seine höfliche Art beeindruckt, andererseits durch seine Masse etwas eingeschüchtert, willigt diese schließlich ein und erlaubt ihm, an einer Probestunde teilzunehmen.
Da er nicht nackt kommen darf, muss er sich zuvor noch um ein angemessenes Outfit kümmern, welches er sich schließlich aus dem ganzen Müll, der im Meer herumschwimmt, zusammenbastelt. Zu Madame Flamägos Überraschung kann er beim Probetraining durch Eleganz und Kenntnis der Schritte überzeugen, sodass er zu einem festen Gruppenmitglied wird. Doch leider sind die Eltern der anderen Ballettschülerinnen alles andere als begeistert vom neuen Mitglied der Gruppe, sodass er und sogar Madame Flamängo die Ballettschule verlassen müssen. Ob die beiden eine Lösung finden und weiterhin ihrer Liebe zum Ballett nachgehen können?
Wer etwas wirklich will, kann alles schaffen
Franz-Ferdinand ist die neueste Figur aus der Feder des erfolgreichen Autors Marcus Pfister, der vielen wahrscheinlich vor allem durch seine Geschichten über den Regenbogenfisch bekannt sein wird. Dieses Mal handelt es sich bei seinem Protagonisten um ein schweres Walross, das einen eigentlich unrealistischen Traum hat. Allein schon anatomisch scheint das Tanzen für ihn unmöglich zu sein, schließlich hat ein Walross nicht einmal richtige Beine oder Arme, die zum Tanzen normalerweise unverzichtbar sind. Doch Franz-Ferdinand zeigt, dass er mit seiner Leidenschaft und Überzeugung alle Steine aus dem Weg räumen kann, auch wenn außer ihm erst einmal keiner an ihn glaubt und er von den Eltern der anderen Tänzerinnen so sehr abgelehnt wird, dass sein Traum zu platzen droht.
Pfister erzählt die Geschichte lebendig und mit viel Witz. Immer wieder tauchen Kommentare auf, die er in den Text einstreut, wie beispielsweise als es darum geht, dass es an der Ostküste Grönlands eine Flamingo-Tanzgruppe gibt: „Aber das ist gar nicht so merkwürdig, wenn man bedenkt, dass der Klimawandel Gletscher abschmelzen lässt. Also, die Flamingos waren dort und Punkt.“ Auch an weiteren Stellen finden sich diese Einschübe, die die Geschichte auflockern und an eine mündliche Erzählung erinnern lassen. Sprachlich passt die Geschichte gut zum Alter der Zielgruppe, die mit Kindern ab vier Jahren angegeben ist, wobei in diesem Alter die teils ironischen Stellen noch nicht ganz verstanden werden. Auch sind die Textpassagen teilweise schon etwas länger, sodass etwas Ausdauer beim Zuhören erforderlich ist.
Nur lustig ist die Geschichte jedoch nicht. Die Themen Umweltschutz und Klimawandel werden kindgerecht eingebracht und laden zum Austausch ein und wecken ein erstes Bewusstsein für die Auswirkungen von Müll in den Meeren und den Veränderungen des Klimas unserer Erde. In einem Nachwort richtet er sich diesbezüglich noch einmal direkt an seine Leserinnen und Leser.
Gestaltung
Marcus Pfister ist nicht nur der Autor der Geschichte, gleichzeitig ist er auch ihr Illustrator. In leuchtenden und harmonischen Farben veranschaulicht er Franz-Ferdinands Ballettkünste im Eis. Die Bilder, die sich immer über die komplette Doppelseite erstrecken, passen gut zum Text und ergänzen die Geschichte gut. Die Figuren wirken sympathisch und sprechen Kinder an. Die Gesichtsausdrücke der Tiere spiegeln ihre Emotionen gut wider, sodass es nicht schwerfällt, sich in sie hineinzuversetzen.
Fazit
Insgesamt ein gelungenes Buch in dem deutlich wird, dass es sich lohnt an seine Träume zu glauben, auch wenn ihre Erfüllung noch so unmöglich erscheint. Die Charaktere sind sympathisch und der witzige Erzählstil macht sowohl Kindern als auch Erwachsenen Spaß. Auch dass die ernsten Themen Müll im Ozean und Klimawandel angesprochen werden und Kinder für diesen Bereich sensibilisiert werden, spricht für die Geschichte. Ein empfehlenswertes Bilderbuch!
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