Wie ein Klumpen Blei
Thors Hammer auf dem Cover, eine mystische Umgebung in Dunkelblau mit Nebel und Blitzen und keltische Symbole: Nichts könnte einladender wirken, wenn es darum geht, sich mit den Nordischen Götter- und Heldensagen zu befassen. Versprochen wird, dass dieses Buch unter anderem mit dem hammerschwingenden Thor, dem tückischen Ränkeschmied Loki oder auch Heldentaten von Beowulf oder Untaten von Frodi vertraut macht. Dieses Versprechen wird auch tatsächlich eingehalten, der Sagenkenner und Autor des Buches Edmund Mudrak lässt keine dieser Sagengestalten aus. Auf rund 300 Seiten werden die Sagen rund um die nordischen Götter präsentiert.
Mehr Nachschlagewerk als Kinderbuch
Es könnte also alles gut sein – könnte, wenn dieses Buch nicht Kindern ab 11 Jahren empfohlen würde. Denn hier erwartet man eine lustvolle und kindgerechte Aufarbeitung der Sagen, eine Einbettung in eine spannende Erzählweise und anschauliche Schilderung, eine flotte Sprache, die auch den noch nicht ganz so geübten Leserinnen und Lesern entgegenkommt. Doch von all dem ist nichts zu entdecken.
Serviert wird eine trockene Abhandlung in schwerfälliger Sprache, die selbst Erwachsenen mit einer Affinität zur nordischen Götterwelt vorkommt, wie ein Waten durch zähflüssigen Schlamm. Bis man überhaupt mit den versprochenen Figuren warm werden könnte, hat man sich durch so viel altertümliche Sprache gekämpft, dass man sich kaum noch auf die Geschichte selber einlassen mag. Das vorliegende Buch kann durchaus als Sachbuch dienen und dank einem gut aufgebauten Glossar auch als Nachschlagewerk, keineswegs ist es aber geeignet, die kindliche Neugier zu wecken oder gar den Sagengestalten irgendwie Leben einzuhauchen.
Verpasste Chance
Geht man vom Potenzial aus, das die nordische Götterwelt als Kulturgut und Geschichtenfundus zu bieten hat, ist mit diesem Werk die große Chance verpasst worden, den Kindern von heute die Sagenwelt von gestern näher zu bringen. Selbst wenn man bei den jeweiligen Figuren und ihrer Geschichte angekommen ist, heißt es beim Lesen stets gegen Langeweile und Frust ankämpfen. Kapitel um Kapitel bleibt mehr oder weniger verstaubt und erinnert an die belehrenden und ausufernden Schulbücher der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dass der Verfasser ein profunder Kenner seiner Materie ist, ändert daran nichts. Das Feuer, das in ihm wohl für die nordische Sagenwelt lodert, spiegelt sich in den Texten nicht wider.
Fazit
Kindern altes Volksgut näherzubringen, ist kein leichtes Unterfangen, aber durchaus möglich. Doch braucht es dazu mehr, als das was in diesem Buch geboten wird. Weder der haptische Eindruck noch das Schriftbild und schon gar nicht der Text selber wirken einladend. Nur, wer Nordische Götter- und Heldensagen als Nachschlagewerk oder als Vertiefung für eine wissenschaftlich orientierte Auseinandersetzung mit dem Thema nutzen will, wird bekommen, was er sich erhofft.
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