Achat, der Engel aus dem Abflussrohr
- Gerstenberg
- Erschienen: Januar 2006
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Das ist die Chance seines Lebens für den kleinen Engel Achat: Wegen Personalmangel im Himmel darf er auf die Erde und der kleinen Kira helfen. Eigentlich ist dies ein Privileg der Erzengel und Achat ist bereits mehrfach durch die Erzengelprüfung gefallen. Aber...
...der ";große Boss"; hat die Engelsregeln im Himmel geändert und nun gilt laut Engelsgrundsatz Nummer eins, dass jeder Mensch, der einen Engel zu Hilfe ruft, auch Hilfe bekommt. Um diesem Grundsatz gerecht werden zu können, müssen alle Erzengel Überstunden schieben. Und trotzdem reicht das Personal nicht aus. Daher bekommen jetzt auch Engel zweiter Klasse ihre Chance. Weil der kleine Achat nun mal nicht der Hellste und darüber hinaus etwas tollpatschig ist, war er die vergangenen fünfhundert Jahre dazu verdammt, in der Eifel als Heilstein rumzuliegen. Da konnte er keinen Schaden anrichten.
Oberengel Maikel verspricht ihm bei erfolgreicher Ausführung seines Auftrags endlich die Beförderung zum Erzengel und die damit verbundenen, lang ersehnten Engelsflügel. Bei Versagen droht ihm dagegen die Rücker zum Heilsteinleben für weitere tausend Jahre.
Der Auftrag muss ihm einfach gelingen. Doch schon die Ankunft auf der Erde ist alles andere als erfolgreich. Weil Achat sich nicht wie die Erzengel, nämlich allein mit Hilfe ihrer Gedanken, auf die Erde befördern kann, muss er sich durch eine enge, alte Standuhr, die in einem Antiquitätenladen laden steht, quetschen, um in die Menschenwelt zu gelangen. Nachdem Achat erst einmal alles im Laden kräftig durcheinander gebracht hat, macht er sich auf den Weg, Kira zu finden. Doch auch dies stellt sich als schwieriger heraus als gedacht, denn er entscheidet sich für die Kanalisation, um zu Kira zu gelangen. Wie sich später herausstellt, war dies nicht die weiseste Entscheidung seines Engelslebens. Das Abflussrohr in Kiras Badezimmer ist so eng, dass er darin stecken bleibt. Und dann ist da noch der miesepetrige und überarbeitete Obererzengel Maikel, der sich nicht nur weigert, Achat aus dem Abflussrohr zu befreien, sondern auch noch den Wasserhahn aufdreht bevor er verschwindet. Die Folgen sind fatal: Nicht nur das Badezimmer, sondern das ganze Haus steht bald unter Wasser.
Als Kira von der Schule nach Hause kommt, schwappt ihr das Wasser schon auf der Treppe entgegen. Der fluchende Achat im Abflussrohr erschreckt sie so sehr, dass sie fluchtartig das Haus verlässt. Ein Glück für Achat, dass Kira sich Sorgen um ihr Meerschweinchen macht, denn sonst wäre sie nicht umgekehrt. Nach dem ersten Schreck dreht Kira das Wasser ab und befreit Achat aus dem Abflussrohr. Damit beginnt eine Freundschaft zwischen der traurigen Kira und dem chaotischen kleinen Möchte-Gern-Erzengel Achat. Kiras Vater hat ihre Mutter wegen einer anderen Frau verlassen. Und diese Frau hat auch noch eine Tochter in Kiras Alter. Diese Tochter, Hanna, soll heute in Kiras Klasse kommen. Aus lauter Verzweifelung darüber hat Kira ein Stoßgebet gesprochen, dass ihr doch jemand zu Hilfe kommen möge. Und dieser Helfer in der Not ist der kleine Engel Achat. Doch es scheint, als hätte Achat eher Kiras Hilfe nötig als umgekehrt. Abgesehen vom Steckenbleiben im Abflussrohr, verschläft der chaotische Engel seinen ersten Einsatz beinahe, holt sich eine Erkältung im Eisschrank und verliert auch noch die Standuhr aus den Augen, dem einzigen Weg zurück in den Himmel. Kira ist so damit beschäftigt, dem Tollpatsch Achat zu helfen, dass sie ihre eigenen Probleme beinahe vergisst und diese sich am Ende wie von selbst auflösen. Denn ihr größtes Problem ist, dem tollsten Schutzengel aller Zeiten zu helfen, rechtzeitig nach Hause zurückzukommen. Die neue Klassenkameradin Hanna stellt sich dabei als Helferin in der Not heraus und mit vereinten Kräften schaffen sie es, Achat mit dem letzten Gongschlag in der Uhr verschwinden zu lassen.
";Achat, der Engel aus dem Abflussrohr"; ist eine turbulente Geschichte, in der man den kleinen Engel Achat von einer Katastrophe zur nächsten begleitet. Und der kleine Achat ist nicht ganz unschuldig daran. Klaus-Peter Wolf und Bettina Göschl ist mit dem frechen und ungeschickten kleinen Engel Achat eine Figur gelungen, die das Zeug zum Serienstar hat. Den süßen kleinen Kerl, der es faustdick hinter den Ohren hat, muss man einfach lieb gewinnen. Die wenigen einfachen Farbillustrationen von Amelie Glienke wären gar nicht nötig gewesen, um sich Achat vorzustellen. Die Beschreibungen des Autorenduos sind vollkommen ausreichend. In jedem Fall ist das Buch nichts für empfindliche Ohren, denn Achat ist Meister im Fluchen. Und nicht nur Achat, auch Oberengel Maikel ist nicht zimperlich mit Schimpfwörtern. Wer sein Kind ";political correct"; erziehen möchte, muss leider auf diese lustige Geschichte verzichten. Humor und Zynismus, Fluchen und Gezeter lassen diese Geschichte aber durch und durch ";menschlich"; erscheinen. Der Unterhaltungswert beim Lesen bleibt trotzdem - oder gerade deshalb - erhalten. Und seien wir mal ehrlich, welches Kind, das selber lesen kann, hat noch niemals im Leben ein Schimpfwort in den Mund genommen?
Der Text ist altersgerecht geschrieben und flüssig zu lesen. Etwas störend sind Achats Wortkreationen, sprich, seine ";Wortdreher";. Eine seiner zahlreichen Schwächen ist, dass er mehrsilbrige Worte verdreht. Das führt zu so seltsamen Worten wie Krikidol statt Krokodil, Kistenblech anstelle von Blechkiste, Affenlacke statt Lackaffe u. v. m. Spätestens bei Schogelveuche und Pupperzucke wirkt es dann doch etwas aufgesetzt. Darüber hinaus überspannt Achat an manchen Stellen den Bogen ein wenig, wenn er z. B. über den Köpfen der Menschen herumtobt und ihnen Fratzen zieht, weil sie ihn sowieso nicht sehen können. Das wirkt dann doch etwas albern und übertrieben. Aber offensichtlich muss das so sein, denn immerhin ist Achat ein Engel in Ausbildung, d. h. noch nicht erwachsen und hat somit einen Freifahrtschein für den ein oder anderen Fehltritt. Dazu kommt, dass er immerhin 500 Jahre als Heilstein dazu genötigt wurde, still und reglos herumzuliegen. Da ist es doch nur verständlich, dass er jetzt einen unbändigen Bewegungsdrang hat und sich ein bisschen austoben muss. Bis auf dieses gelegentlich leicht überzogene Verhalten und die etwas zu vielen Versprecher liest sich das Buch aber von der ersten bis zur letzten Seite sehr gut.
Fazit:
Achat, der Engel aus dem Abflussrohr hält, was der Titel schon verspricht: ein amüsantes Buch, das Lesegenuss und den ein oder anderen Lacher verspricht. Der kleine freche Engel ist mit all seinen Macken menschlicher als erwartet und bringt ihn dem Leser deshalb so nah. Die Darstellung des Himmellebens ist ";geistreich"; und witzig. Wir sind gespannt, ob das Autorenduo dem angehende Erzengel Achat auch in Zukunft noch Erdenaufträge erteilen wird. Wir wollen es hoffen!
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