Der Urwald hat meinen Vater verschluckt
- Thienemann
- Erschienen: Juli 2021
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übersetzt von Andrea Kluitmann; Hardcover, 432 Seiten
ISBN: 9783522185684
Die Suche nach den Wurzeln
Noch vor kurzem war es für Eva kein Problem, dass sie nichts über ihren Vater wusste – oder kaum etwas. Einzig ihre Hautfarbe gibt ihr einen Anhaltspunkt. Doch seit ein paar Wochen möchte Eva mehr wissen, stößt allerdings bei ihrer Mutter bei diesem Thema auf eisiges Schweigen. Deshalb verrät sie ihr zunächst auch nicht, dass sie für ihre Projektarbeit in der Schule das Thema „biologische Väter“ gewählt hat – trotz Bedenken der Lehrerin. Mehr und mehr macht Eva ihrem Herzen Luft und nimmt das Thema als Grundlage, sich über die eigenen Wurzeln Gedanken zu machen. Ihre Hartnäckigkeit bringt schließlich ein paar wenige Informationen über den geheimnisvollen Vater zutage. Da beschließt Eva, sich mit Hilfe einer Fernsehsendung auf die Suche nach ihm zu machen – und landet dabei im Urwald von Suriname.
Ein Buch auch für Eltern
Der Autor Simon Van der Geest hat mit Der Urwald hat meinen Vater verschluckt einen Roman vorgelegt, der gleich auf zwei Ebenen wirkt. Zum ersten ist das Kinder- bzw. Jugendbuch eine wunderbar witzige und doch sehr berührende Geschichte, die die Suche eines Mädchens nach seinen Wurzeln behandelt und dabei viele jener Fragen anspricht, die sich Teenagern stellen, allen voran die Frage „Wer bin ich wirklich?“. Diese Suche nach der Identität bekommt durch die eine oder andere Entdeckung der Protagonistin immer wieder Spannung und die ganze Geschichte hat einen hohen Unterhaltungswert. Sie bestärkt die jungen Leserinnen und Leser auch darin, sich intensiver mit einem Thema zu befassen, das sie interessiert, auch wenn sie dabei auf Wiederstände stoßen.
Doch wäre es viel zu einfach, das Buch einfach auf der Schiene „Kinder- und Jugendbuch“ zu lassen. Denn es sei als Lektüre durchaus auch Eltern ans Herz gelegt. Bei näherem Hinsehen wird hier nämlich die Frage gestellt: Was darf man seinem Kind verschweigen? Oder noch mehr: Welche Offenheit bin ich meinem Kind schuldig? Das Schweigen der Mutter ist unschwer als ein von Schmerz aber auch Egoismus beherrschtes Verhalten zu interpretieren. Die Mutter entscheidet, dass sie ihrer Tochter nichts über den leiblichen Vater erzählen will und lässt damit das Kind mit seinen Fragen alleine. Gerade Eltern, die sich mit diesem Thema selber konfrontiert sehen, erleben hier die Seite des Kindes und dessen Bedürfnis nach ehrlichen Antworten.
Überzeugende Mischung
Die Geschichte mit ihren vielen Facetten vermag auf ganz verschiedenen Ebenen ansprechen. Zum einen schwingt ein tiefgründiger und erfrischender Humor mit, die Protagonistin ist eine überzeugende Figur, mit der man sich mühelos identifizieren kann. Zum anderen ist für die notwendige Spannung gesorgt, damit Kinder wirklich dabeibleiben und mit Eva mitfiebern, ob sie nun auf ihren Vater trifft und zu erfahren, weshalb er damals aus ihrem Leben verschwunden ist. Und nicht zuletzt ist es ein zwar ungewöhnliches Thema, das dann gerade bei Kindern aus Patchwork-Familien doch nochmal sehr viel Kraft entfalten kann.
Fazit
Dieses Buch hat ein großes Potenzial, das sich definitiv nicht nur beim Zielpublikum – Kindern ab 10 Jahren – entfalten kann. Es ist wohltuend positiv geschrieben, obwohl die Geschichte durchaus kritische Fragen aufwirft.
Simon van der Geest, Thienemann
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