Wieke und Ken
- Peter Hammer Verlag
- Erschienen: Juli 2021
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Hardcover, 136 Seiten
ISBN: 9783779506669
Italienreise mit Schwierigkeiten
Wieke ist sauer! So richtig sauer! Gemeinsam mit ihrem Papa, seiner neuen Freundin Xandra und deren Kleinkind muss sie in den Italienurlaub fahren. Und weil ihr eigener kleiner Bruder krank wurde, hat Xandra kurzerhand noch Ken eingeladen. Ken wohnt eigentlich, seit er in Deutschland angekommen ist, im Kinderheim und Xandra hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihn ein wenig zu umsorgen. Nachdem sie mit Papas Riesenlimousine fast in einen Abgrund gestürzt wären, wird der Urlaub in der italienischen Einöde nicht wirklich viel besser.
“Sei anständig. Beleidige niemanden. Warte ab und schau genau. Und dann mach, was die Leute dort machen. Damit du nicht auffällst.”
Diese Worte von Kens Großmutter, die sie ihm kurz vor seiner Flucht aus Nigeria mit auf dem Weg gegeben hat, wiegen schwer. Er ist ständig auf der Hut, niemanden vor den Kopf zu stoßen oder Dinge zu tun, die als komisch angesehen werden könnten. Dabei ist alles in Europa, vor allem in Deutschland, wo er schlussendlich gelandet ist, anders als zuhause. Und er vermisst seine Familie. So oft es geht, versucht er seine Mutter anzurufen. Deswegen sind Strom für sein Handy und kostenloses W-Lan auch sehr wichtig für ihn. Doch beides ist Mangelware in diesem kleinen Dorf in den Bergen. So zieht er des nachts durch das kleine Dorf und freundet sich mit einem alten Mann an. Diese Spaziergänge jedoch stellen Wieke vor ein Rätsel, wobei sie mit ihren voreiligen Schlüssen eine gefährliche Flucht auslöst.
Mitreißende Reise des Kennenlernens
Die Geschichte rund um Wieke und Ken wird aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Kinder erzählt. Wieke ist in ihrer Welt gefangen, in der sie erst noch ihre Familiensituation verarbeiten und einen Zugang zu Xandra finden muss. Sie ist zuerst sehr unglücklich, dass sich ihre Eltern getrennt haben, erkennt mit der Zeit aber auch, dass ihnen der Schritt gutgetan hat. Mit Ken kann sie erst gar nichts anfangen. Er ist verschwiegen und eigenbrötlerisch. Auch hat sie ihre Vorurteile, die durch ihre kaum vorhandene und vorsichtige Kommunikation nur bestätigt werden.
Ken erzählt den Lesenden von seiner Flucht, von den Gründen und auch von dem Grauen und der Beschwerlichkeit des Weges. Er mag sein neues Leben im Kinderheim in Deutschland, weil er einen guten Freund gefunden hat, der alles einfacher macht und weil er in die Schule gehen kann. Etwas, das ihm in Nigeria verwehrt wurde.
Besonders eindrücklich ist hier die Fremdheit, die er fühlt, geschildert, in Bezug auf seine Hautfarbe und auch auf das allgemeine Leben in Europa. Wobei Reaktionen und Situationen oft für alle Beteiligten unverständlich wirken und eben auch vorurteilsbeladen sind, was zu vielen Missverständnissen führt, die für ein schwarzes Kind wie Ken auch schnell gefährlich werden können.
Durch die beiden Erzählperspektiven kann der Lesende sehr gut die unterschiedlichen Gefühlswelten der Kinder erleben und ihre Handlungen werden verständlich. Besonders Kens Geschichte öffnet Augen und lässt durch das Hintergründige sehr gut eigenes Handeln überdenken.
Die Geschichte ist dabei auch teilweise sehr witzig und fesselnd erzählt und verbindet eine verrückte mit einer sehr eindrücklichen Urlaubsgeschichte über Vorurteile und aufkeimende Freundschaften.
Fazit
Wieke und Ken ist ein Buch, das verbindet. Es schildert sehr einfühlsam das Kennenlernen zweier Kinder und wie wichtig dies ist, um Verständnis zu schaffen und somit ein aufeinander zugehen manchmal erst ermöglicht. Kens Blickwinkel ist sehr empathisch und verständlich vermittelt und erzählt eine Geschichte, die wichtig ist und von denen es noch viel zu wenige gibt.
Karin Koch, Peter Hammer Verlag
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