Bei ";Benjamin - Meine Mama ist besonders"; von Stefanie Lazai handelt es sich tatsächlich um ein besonderes Buch. Ein Buch, das sich einer Problematik zuwendet, von der viele Familien und Kinder keine Ahnung haben, da sie nicht damit konfrontiert werden. Für diejenigen aber - Eltern, Kinder, Betreuer, Angehörige Erkrankter - in deren Leben die Krankheit Multiple Sklerose einen Platz einnimmt, kann dieses Buch eine große Hilfe sein.
Der achtjährige Benjamin erzählt aus seinem Leben. Er stellt seine Familie und seine Freunde vor und dabei erfahren wir ganz nebenbei so brisante Dinge wie die Tatsache, dass sein Vater öfter mal Löcher in den Socken hat. Es klingt gut, was Benjamin zu erzählen hat. Allerdings gibt es in Benjamins Welt auch noch eine andere Seite, mit der er erst lernen musste klar zu kommen. Benjamins Mutter leidet an der Krankheit Multiple Sklerose. Zwar weiss er, dass seine Mutter diese Krankheit hat, was das aber bedeuten kann, erfährt er erst, als er einen Schub miterlebt.
Eigentlich sollte Benjamins Mutter für eine Woche in einer anderen Stadt arbeiten. Als Kati, halb Kindermädchen, halb Freundin für Benjamin, ihn jedoch eines Morgens früher aus der Schule holt und ihm traurig sagt, seine Mama habe einen ";Schub"; und komme deshalb vorzeitig nach Hause, fühlt er sofort, dass etwas nicht stimmt. Die Freude über das Wiedersehen mit seiner Mutter ist getrübt und verängstigt lässt er sich von Kati über die merkwürdige Krankheit, unter der seine Mutter leidet, berichten. Seine Mutter hat während dieses Ausbruchs der Krankheit Schwierigkeit mit dem Laufen, auch kann sie sich nicht alleine anziehen und sieht alles doppelt. Ihre Müdigkeit kommt ebenfalls von der Krankheit. Benjamin ist völlig durcheinander, als er seine Mutter so hilflos sieht. Erst als Kati ihm erklärt, dass es seiner Mutter nach diesem Schub wieder viel viel besser gehen wird, kann er sich beruhigen. Die kommenden Wochen werden sehr schwer für Benjamin. Es tut ihm weh, zu sehen, wie seine Mutter schwach und wackelig nur noch mit Krücken gehen kann. Seine Traurigkeit möchte Benjamin nicht zeigen, denn dann würde alles nur noch schwerer für seine Mutter. Ganz langsam macht er sich mit den ungewohnten Gegebenheiten vertraut.
Es dauert eine ganze Weile, bis Benjamin sich gestattet, mit anderen über die Krankheit seiner Mutter zu sprechen. Beim Schwimmen mit seinem besten Freund Lukas kann er seine Tränen nicht länger verbergen und schließlich erzählt er ihm alles. Glücklicher Weise kann er auf seinen Freund zählen. Er steht zu ihm und Benjamin fühlt sich sehr erleichtert. Als sein Lehrer ihn aber in der Schule fragt, ob er vielleicht vor der Klasse ein Referat über die Krankheit seiner Mutter halten wolle, ist er zunächst sehr skeptisch - will er wirklich der ganzen Klasse von seinen Sorgen und Mamas Problemen erzählen? Letztendlich entschließt er sich, das Referat zu halten. Mit Katis Hilfe bereitet er sich sorgfältig vor. Es wird eine sehr anstrengende und aufregende Stunde aber Benjamin hält einen tollen Vortrag. Seiner Mutter verkündet er zu Hause, das er auf sie und auch auf sich selber sehr sehr stolz sei.
Mit dem Buch ";Benjamin - Meine Mama ist besonders"; fällt uns als Vorlesern die wichtige und unerlässliche Aufgabe zu, unseren Kinder klar zu machen, das das Leben oftmals nicht schön ist, sondern das Schwierigkeiten auftreten können. Dinge können geschehen, die uns verletzen, verwirren und sehr traurig machen. Manchmal gerät alles aus den Fugen. Um unsere Kinder in einer solchen Situation nicht allein zu lassen, sondern den Blick für ihre Welt zu schärfen und ihnen die nötige Hilfe und Kraft geben zu können, brauchen wir Bücher wie dieses. Der achtjährige Junge Benjamin erzählt in diesem Buch, das wie ein Tagebuch geschrieben ist, vom schwierigen Weg, den er zu gehen hatte, um die Krankheit seiner Mutter zu begreifen und wie er schließlich lernte, damit umzugehen.
Der Autorin Stefanie Lazai ist es gelungen, ein Buch über ein ernstes und trauriges Thema zu schreiben, das bewegt, ohne zu erschüttern, das aufklärt ohne belehrend zu wirken, das Hilfestellungen gibt und trotzdem ein für Kinder interssantes und spannendes Buch ist. Die kleine Einführung in Benjamins Leben gaukelt für einen Moment eine heile Welt vor, konfrontiert den Leser dann aber schnell und offen mit der Tatsache, dass seine Mutter an der Krankheit Multiple Sklerose leidet. Die eigentliche Geschichte beginnt und Seite für Seite taucht der Leser tiefer in Benjamins Leben ein, nimmt teil an den vielen Facetten seiner Gefühlswelt, und erfährt eine Menge über MS. Benjam erzählt seine Geschichte selber. Das macht es leichter, für Vorleser und Zuhörer, denn der kindlichen Sprache wohnt immer ein großer Teil an Humor bei. Oft gelingt es ihm, mit kindlicher Leichtigkeit, Situationen zu entkräften. So versucht er beispielsweise wie es ist, mit Mamas Krücken zu laufen, und er findet sie eigentlich ";ganz praktisch";.
Innerhalb der Familie finden viele Gespräche statt, die die Krankheit seiner Mutter detailliert erklären. Hier wird dem zuhörenden Kind eine gewisse Ausdauer abverlangt. Allerdings trägt die kindgerechte Sprache und die für Kinder fühlbare, vertraute Umgebung sehr dazu bei, Interesse zu wecken und aufrecht zu erhalten. Immer wieder kehrende Gespräche mit verschiedenen Beteiligten machen deutlich, wie ungeheuer wichtig es besonders für Kinder ist, Wissen zu erlangen. Das Referat vor der Klasse bildet den Höhepunkt und gleichzeit einen Abschluß, denn für Benjamin ist nun klar, er hat viele Ängste hinter sich gelassen. Er ist stolz auf seine Mutter und und auf sich selber, denn gemeinsam schaffen sie es, mit dem großen Problem zu leben.
Die freundlich gestalteten Bilder vermitteln eine - trotz des schwierigen und aufreibenden Themas - positive und warme Atmosphäre, die den Leser die ganze Zeit begleitet. Die Darsteller wirken symphatisch und zeitgerecht. Sehr bewusst wurden hier warme Farben eingesetzt. Verspielte Details sind Balsam für die Seele und machen es leicht, sich in Benjamins Familie und seinem Umfeld wohl zu fühlen.
Das von der Kinderpsychiaterin und Psychotherapeutin PD Dr. med. Barbara Steck verfasste Vorwort ist einerseits sehr informativ, gleichzeitig macht es Mut, sich mit diesem Buch zu beschäftigen und bietet einen guten Einstieg.
Fazit:
Ein Buch, das vieles vollbringen kann: Es kann eine Hilfestellung und Anregung sein für schwierige Situationen des Lebens, Multiple Sklerose sei hier nur ein Beispiel, es macht klar - Kindern und auch Erwachsenen - das es wichtig ist, sich intensiv auseinanderzusetzen, sich den Dingen des Lebens anzunehmen, es macht deutlich, wie wichtig jede Hilfe ist, die geleistet werden kann, um andere mit ihren Ängsten nicht allein zu lassen. Ein Buch für alle, aber ganz besonders für Betroffene.
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