Kinder des Windes

Illustrationen von Maximilian Meinzold; Hardcover, 300 Seiten

ISBN: 9783522185325

Kinder des Windes
Kinder des Windes
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Claudia Goldammer
91%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonJan 2021

Idee

Lola wird wider Erwarten zur Heldin und erfährt, dass sie als Kind des Windes etwas ganz Besonderes ist, aber dafür auch ein Abenteuer auf sie wartet.

Text

Dem Tempo der Handlung angemessen ist die Sprache schnell, zudem zeitgemäß und flüssig geschrieben und daher sehr gut zu lesen.

Achtung, es wird stürmisch!

Lola ist zwölf und definitiv anders als andere Kinder. Befreundet ist sie eigentlich nur mit den Katzen der Hafenstadt Tarifa und dem alten Fischer Santiago, in der Klasse gilt sie als merkwürdige Außenseiterin. Am wohlsten fühlt sie sich draußen oder in Räumen, in denen die Fenster mindestens ein bisschen geöffnet sind. Dann spürt sie den Wind, der leise zu ihr spricht, und fühlt sich geborgen. Und ist eine Situation besonders unangenehm, schafft Lola es, äußerst unauffällig zu verschwinden, fast so, als könnte sie unsichtbar werden.

So weit, so gut. Es ist vielleicht kein besonders glückliches Leben, aber Lola hat sich mit ihrer Rolle abgefunden – sogar mit dem nächtlichen Erscheinen eines Jungen, der durch ihr Zimmer schleicht, oder den furchterregenden Schatten, die sie mit rot-glühenden Augen durch die Hafenstadt verfolgen. Doch eines Tages kommt sie wie gewohnt nach der Schule zur Fischerhütte von Santiago, ihrem einzigen Freund, nur, um sie verwaist vorzufinden. Bis zum späten Abend wartet sie, zunehmend besorgt, doch Santiago taucht nicht auf. Als dann noch mitten in der Nacht wieder dieser Junge in ihrem Fenster steht, ist auch Lola klar, dass das nicht alltäglich ist.

Der Wind, der Wind, das himmlische Kind?

Nur mit Mühe und Not gelingt es dem nächtlichen Besucher Pablo Lola davon zu überzeugen, ihr zuzuhören. Was ihr zu Ohren kommt, scheint zunächst unglaublich. Zunehmend fügen sich jedoch scheinbar losgelöste Puzzleteile zu einem Bild zusammen, das mit den neuen Informationen stimmig wird. Pablo und Lola sind beide „Kinder des Windes“, also Kinder, die durch die Kraft der großen globalen Winde zu kinderlosen Paaren gekommen sind. Daher spüren diese Kinder nicht nur eine besonderes enge Verbundenheit mit Wind und Luft, sie verfügen auch über besondere Eigenschaften und Fähigkeiten.

Neben Lola und Pablo gibt es noch zahlreiche weitere Kinder des Windes, von denen Pablo bereits vier (Teresa, Esteban sowie die Zwillinge Mario und Maria) ausfindig gemacht und zusammengetrommelt hat. Denn die Kinder des Windes sind in großer Gefahr. Nicht alle Winde sind mit der Einmischung der Winde in das Leben der Menschen einverstanden. Und das ist harmlos ausgedrückt, denn Mistral verleiht seinem Missfallen nicht nur vehement Ausdruck, im Gegenteil, er möchte die Kinder des Windes geradezu vernichten. Daher begeben sich die sechs Windkinder auf eine gefahrvolle Reise in die Wüste, auf der Suche nach der Kathedrale des Windes, um dort auf den Kampf gegen Mistral vorbereitet zu werden. Doch was sie nicht wissen: eines der Kinder spielt kein ehrliches Spiel…

Stürmisch zwischen Afrika und Europa unterwegs

Eines sei vorweg genommen: nach dem Lesen dieses Buches werden vor dem Fenster tobende Stürme lange Zeit nicht mehr nur als reine Wetterausprägungen erscheinen. Nein, vielmehr liegt die Frage auf der Hand, ob das nicht doch der lange Atem des Mistrals ist, wenn sich Bäume unter Windböen gefährlich verbiegen. Denn Kinder des Windes ist zweifelsohne ein packendes und spannendes Buch, das einen ungeheuren Lesesog erzeugt und zeitgemäß erzählt ist. Das liegt an der geschickten Kombination des orientalischen Settings, märchenhaften und magischen Elementen (wie z.B. einem Schloss, das durch die Wüste schwebt und sich nur würdigen Personen zeigt) und zwei äußerst sympathischen Hauptfiguren.

Lola, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird, entspricht nicht unbedingt dem Bild einer klassischen Heldin. Sie begegnet aber ihrem Schicksal mit einer Mischung aus Pragmatismus und Ironie, und wächst nach und nach überzeugend in ihre Rolle hinein. Dabei bleibt sie stets authentisch und durchaus kritisch mit sich selbst und den Entwicklungen um sie herum und wenn sie wieder einmal eine phantastische Wendung mit ironischer Sachlichkeit kommentiert, bleibt das Schmunzeln nicht aus. Im Gegenzug ist Pablo der Kopf der Unternehmung, der schon viel länger mit dem „Windkinder-Business“ vertraut ist. Er kennt zahlreiche Tricks und Geheimnisse und versucht, den ganzen Trupp irgendwie zusammen zu halten und halbwegs sicher durch das Abenteuer zu lotsen. Doch auch ihn umgibt ein Geheimnis.

Die Handlung beinhaltet sehr viele Ideen, die allerdings nicht alle bis ins letzte Detail ausgearbeitet wurden und mitunter auch nicht ganz schlüssig sind. So gibt es z.B. Hintergrundinformationen zu den Winden, allerdings bleiben sie eher oberflächlich und hinterlassen manches Fragezeichen. Das mag daran liegen, dass sich die Story sehr schnell entwickelt und mitunter ein enormes Tempo vorlegt, das sich auch in den Dialogen widerspiegelt. Da darf sich ab und zu schon gefragt werden, wie die Kinder ihm Stand halten können. Allerdings ist die Geschichte trotzdem so packend und gewaltig, dass diese Ungereimtheiten zwar auffallen, aber das Verständnis oder den Lesefluss nicht tiefgründig stören.

Fazit

Wer auf der Suche nach einem packenden Buch ist, das sowohl Humor als auch Spannung in sich vereint, dem sei Kinder des Windes empfohlen. Björn Springorum ist eine phantastische Mischung gelungen, die eine Abenteuergeschichte mit Anklängen aus 1001 Nacht verbindet und die humorvoll und absolut fesselnd auch eine schöne Geschichte über Mut, Freundschaft, Vertrauen und Zusammenhalt erzählt.

Kinder des Windes

Björn Springorum, Thienemann

Kinder des Windes

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