Die Geisterbibliothek

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonOkt 2005

Idee

Eine phantasievolle Begegnung mit sympathischen Geistern, die Geschichten über alles lieben nur leider keine eigenen besitzen. Wie gut, dass Bo ihnen helfen kann die eigene Phantasie zu entdecken.

Bilder

Sehr abwechslungsreich und mit passenden Stilwechseln gestaltet. Durch skurille und humorvolle Geisterwesen bleibt das Gruselniveau verständlicherweise niedrig.

Text

Auf wesentliche Ereignisse und Dialoge konzentrierend, dabei kindgerecht und motivierend.

Lulatsch, Plopp und Toffiefee sind keine Süßwarenartikel, sondern drei Geister, die unbeabsichtigt ein Mädchen namens Bo hinüber in ihre Geisterwelt nehmen, in der es ein Problem gibt. Die große Geisterbibliothek hat keine Bücher und so macht sich Bo auf, den Geistern eine ganz eigene Welt zu offenbaren...die Phantasie.

Bo, ein kleines dunkelhaariges Mädchen, liest in Ihrem Lieblingsbuch die Geschichte von einer Hexe mit derben Stinkfüßen. Plötzlich geht das Licht aus und drei nur schemenhaft erkennbare Gestalten streifen wispernd durch das Zimmer, um sich kurzerhand das Buch von Bo zu schnappen. Die aber ist so von diesem ";Zugriff"; so überrascht, dass sie gar nicht daran denkt, ihr Buch loszulassen und sich plötzlich emporgehoben auf einen Turm zuschweben sieht, der aus dem Nichts erschienen ist.

Und so dürfen wir schon kurz nach Beginn der Geschichte ein klares Highlight des Buches erleben. Denn kurz vor dem ";Übertritt"; in die Geisterwelt, präsentiert eine Aufklappseite den imposanten Turm, den drei Geister mit Bo im Schlepptau ansteuern. Da dürfen die Kinder mit ihren Augen schon ein ganzes Stück die Seite empor wandern, um dann auf der folgenden Seite nicht minder beeindruckt zu werden. Denn beim Umblättern befinden wir uns bereits in der Geisterbibliothek, die sich prächtig auf einer Doppelseite präsentiert, aber schon auf den ersten Blick zu erkennen gibt, dass etwas nicht stimmt: Beim Blick über Bo´s Schulter schauen wir auf durchweg leere Bücherregale.

Bo erfährt schließlich, was es mit ihrer ungewollten Reise auf sich hat. Die drei Geister, die sich als Lulatsch, Plopp und Toffiefee vorstellen, eröffnen Bo ihr ebenso einfaches wie bedeutungsvolles Anliegen. Die Geister hören so gerne Geschichten, haben aber keine eigenen Bücher und müssen sich diese daher von Kindern ";leihen";. Als Plopp laut eine ";Geschichtenzeit"; ausruft und Bo aufgefordert ist eine Geschichte vorzulesen, füllt sich die Geisterbibliothek schnell mit zahlreichen skurrilen Gespensterwesen, die erwartungsvoll Bo lauschen, die - na sie ahnen es schon - aus dem Buch von der Hexe mit den Stinkfüßen vorliest.

Alle sind von der Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes begeistert und möchten eine weitere Geschichte hören. Doch Bo wehrt ab und motiviert die Geister selber aktiv zu werden. Doch da benötigen die Geister eben noch Nachhilfe und so erleben wir den ersten Mal-, Schreib-, Erzähl-, und Bastel-Workshop für Geister. Der verläuft mehr als erfolgreich. Schließlich sitzen alle zufrieden und vergnügt in der nun mit Büchern prall gefüllten Geisterbibliothek beisammen.

David Melling´s sympathisches Kinderbuch spielt auf amüsante Weise mit vielen grundlegenden Aspekten im kindlichen und kindgerechten Umgang mit Literatur und Büchern. Vorlesen bereitet ohne Zweifel den meisten Kindern Vergnügen, aber es braucht dazu eben das ";Material";. Sei es ein gutes Buch - ob Besitz oder Leihgabe - oder allen voran, die eigene Phantasie. Phantasie, die in jedem schlummert und darauf wartet, geweckt zu werden, die so sprühend und wirkungsvoll sein kann, dass sie mehr Geschichten zu erzählen vermag, als man je besitzen kann.

Die Illustrationen sind gefällig bunt und nicht nur durch die Aufklappseite mehr als abwechslungsreich aufgebaut. Auf einer Doppelseite bekommen wir die Geschichte von der Hexe nicht als niedergeschriebene, sondern als rein illustrierte Variante nacherzählt. Sie zeigt eine freundliche Hexe, die mit etlichen Mitteln versucht, ihren Stinkfüßen Herr bzw. Frau zu werden. Doch der wahre ";Eyecatcher"; ist dabei ihre Katze, die sich nur noch mit einer Wäscheklammer auf der Nase zu wehren weiß. Auch der ";Workshop";, der in seinem etwas kindlich anmutenden Wasserfarb-Comicstil ganz ohne Worte den Weg zu neuen Geschichten präsentiert, lockert die Geschichte erfrischend auf, ohne den Lesefluss zu beeinträchtigen. Vielmehr nähern wir uns so dem Thema Phantasie auf eigene Weise, regen die Phantasie der Kinder an, selber eine Geschichte zu erzählen bzw. nachzuerzählen.

Viel Freude bereitet es Kindern, die verschiedenen Geister zu beobachten, wenn Sie durch die Regalwände der Geisterbibliothek in Erscheinung treten und trotz aller Skurrilität eher Sympathie- als Gruselpunkte einheimsen. Lulatsch, Plopp und Toffiefee sind gänzlich verschieden in ihrem äußeren Wesen und erinnern in ihrer Zusammenstellung ein wenig an die drei Geister aus dem bekannten Kinderfilm ";Casper";.

Der Text konzentriert sich auf die wesentlichen Ereignisse, ist dabei stets motivierend und legt sich dabei auch schon mal schwungsvoll um die bewegenden Geister. Die deutsche Übersetzung liefert übrigens Mirjam Pressler, selbst renommierte Kinderbuchautorin.

Die humor- und phantasievolle Ausstattung des Buches ist gelungen, wenngleich die fast neongrün strahlenden Innenseiten zwar nicht tragisch aber irgendwie unglücklich gewählt wirken. Doch dafür gibt es noch einen ganz tollen Effekt: Im Dunkeln leuchten Ornamente der Titelseite. Ob als Ankündigung oder Ausklang zur Geschichte können wir so bei unseren Kinder nachhaltig für Eindruck sorgen.

Die Copyright-Vermerke sind auf einer Buchseite zu finden, die wie ein Verleihticket einer Bücherei aufgemacht ist. Dort lesen wir auch den Satz ";Wenn Du dieses Buch der Geisterbibliothek nicht zurückbringst, werden wir es holen";. Tja, diese Warnung könnte nach dem Lesen des Buches klar ihre Wirkung verfehlen. Zu gern würden wir selber einmal mit Plopp, Toffifee und Lulatsch zusammentreffen, um mit Ihnen in der Geisterbibliothek vorbeizuschauen...

Fazit:

";Die Geisterbibliothek"; ist eine sehr phantasievolle Begegnung mit netten und sympathischen Geistern. David Melling verbindet die Motivation zum Lesen und Vorlesen mit der unabdingbaren Begegnung der eigenen oder gemeinsamen schöpferischen Vorstellungskraft. Ein schönes Buch, das natürlich auch aufruft, die eigene ";Kinder-Bibliothek"; stets gut gefüllt zu halten.

Stefanie Eckmann-Schmechta

Die Geisterbibliothek

David Melling, Oetinger

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