Fellige Freunde
Wenn es knackt und raschelt im Wald, dann können das natürlich umherhuschende Mäuse sein. Vielleicht sind es aber auch die Wilden Waldhelden auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer. Mikkel, Rufus, Flora und Poppy sind richtig enge Freunde. Wenn es die Zeit und ihre Eltern zulassen, verbringen sie jede freie Minute miteinander. Sie könnten zwar unterschiedlicher kaum sein, doch ergänzen sie sich dadurch auch hervorragend. Ist Rufus eher ungestüm, gleicht Flora das durch ihr wohlüberlegtes und abwägendes Wesen aus. Poppy ist permanent um ihre Freunde und andere besorgt und Mikkel unglaublich neugierig. Beste Voraussetzungen also, um ihre Freundschaft mit der offiziellen Gründung einer waschechten Bande zu manifestieren. So weit nichts Neues, mag mancher denken, doch die vier Abenteurer sind keine Menschen, sondern Tierkinder, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, mit ihrer Bande spannende Dinge zu erleben und anderen zu helfen. Mikkel ist ein aufgewecktes Fuchsjunges, Flora ein emotional sensibles Hirschmädchen, Rufus ein draufgängerischer Frischling und Poppy ein sehr auf Sauberkeit bedachtes Waschbärmädchen.
Kurz nach Bandengründung gehen ungewöhnliche Dinge im Wald vor, die unbedingt beobachtet werden wollen. Denn plötzlich streift der Förster mit einer jungen Frau durch den Wald. Kurz darauf erstrahlt der alte und verlassene Bauwagen in neuem Farbglanz. Und eines Tages schließlich singen und spielen viele fröhliche Kinder vor und um den Bauwagen – der Waldkindergarten hat eröffnet.
Wenn alle sich freuen und einer traurig ist
Nur der kleine Diego sondert sich von den anderen Kindern ab und hat scheinbar so gar keinen Spaß an dem gemeinsamen Spiel. Ein klarer Fall für die Wilden Waldhelden. Doch bekanntermaßen ist eine Kontaktaufnahme zwischen Mensch und Tier nicht unbedingt einfach und nicht immer ungefährlich. Schließlich gefährden die Tierkinder mit diesem Einsatz auch ihre Deckung. Doch Flora spürt die Traurigkeit des Kindes und schließlich fasst sich Poppy ein Herz. Überraschend schnell gelingt es ihr, Kontakt zum trübseligen Diego aufzunehmen. Ihn plagt schreckliches Heimweh und er möchte lieber jetzt als gleich den Waldkindergarten verlassen, um wieder nach Hause zu kommen. Da ist guter Rat teuer, doch die Wilden Waldhelden würden ihrem Namen nicht gerecht werden, wenn sie nicht schnell eine Lösung finden würden.
Weiches Fell und große Augen lassen Sorgen kleiner werden
Tiere gibt es als Trostspender wohl in fast jedem Kinderzimmer in Hülle und Fülle. Häufig begleiten die kuscheligen Wesen Kinder bei ihren ersten Tagen in Kinderkrippe, Kindergarten oder Grundschule, da sie ein wohliges Gefühl von zu Hause vermitteln, vertraut riechen und sich anfühlen und positive Erinnerungen wach rufen. Andrea Schütze greift dieses Motiv mit den süßen und knuffigen Waldhelden auf, entwickelt es aber insofern weiter, als dass die vier dem traurigen Diego dabei helfen, seine Traurigkeit selber zu überwinden, indem sie ihm kleine Anreize und Etappenziele schaffen. Denn manchmal ist es besser, eine Situation aktiv anzugehen, als sich ihr nur hinzugeben. Und dazu zählt eben auch, dass man sich anderen öffnet und Hilfe zulässt.
Diese unterschwellige Botschaft vermittelt Andrea Schütze mittels einer kurzweiligen und amüsanten Erzählung, die eingebettet ist in eine erfrischende Freundschaftsgeschichte. Alle Charaktere sind absolute Sympathieträger, so dass jedes Kind einen eigenen Favoriten findet. Etwas schade ist allerdings, dass nicht richtig aufgelöst wird, ob die Idee der Waldhelden Diego tatsächlich langfristig bei der Bewältigung seines Heimwehs hilft, diesbezüglich bleibt das Buch vage, so dass ein unbefriedigendes Gefühl zurück bleibt.
Ein Pluspunkt dieser kurzweiligen Geschichte ist zweifelsohne der Perspektivwechsel, der die Lesenden an interessanten Beobachtungen der Tierkinder teilhaben lässt. Ihr Erstaunen und ihre Aufregung, als sie zum ersten Mal Menschenkinder sehen, ist mindestens genauso groß, wie bei Kindern, die zum ersten Mal unbekannte Tiere sehen. Flora hat sogar einen Zettel von ihrer Mutter mit Verhaltensregeln mitbekommen: Nicht zu nah heran gehen, nicht füttern,... Und so müssen die wilden Waldhelden feststellen, dass es manche Kinder doppelt und ‚andere „in verschieden“ gibt, in unterschiedlichen Farben oder in „sonnig und schattig“. Und vor allem, dass sie sehr, sehr laut sind. Diese Beobachtungen lassen große und kleine Leser beim Lesen zwangsläufig schmunzeln – kennt man sie doch eigentlich eher anders herum.
Das Abenteuer der Waldhelden ist in acht kurze Kapitel unterteilt, die der Aufmerksamkeitsspanne der Altersgruppe entsprechen. Begleitend dazu hat Carola Sieverding einen passenden Illustrationsstil gefunden, um den Waldhelden ein Aussehen zu geben, das ihrer Beschreibung entspricht. Die Zeichnungen sind gleichzeitig fröhlich, frech und amüsant und in warmen, ansprechenden Farben gehalten.
Fazit
Freunde zu haben ist immer gut, doch die vier Waldhelden sind eine ganz besondere Freundesgruppe, die sich nicht nur gegenseitig prima ergänzen sondern auch immer ein offenes Auge und Ohr für andere haben.
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